보고서
Streleț ist ehemaliger Fraktionsvorsitzender der PLDM und folgt auf Chiril Gaburici, der im Juni zurückgetreten war und eine Minderheitsregierung der PLDM und PDM geführt hatte. Die Vizepremierministerin und Außenministerin Natalia Gherman war daraufhin zur Interims-Premierministerin ernannt worden.
Zu den ersten Prioritäten seiner Regierung erklärte Streleț die Wiederaufnahme der Beziehungen zu den sog. „Entwicklungspartnern“ (d.h. zu den internationalen Geldgebern, ohne deren Unterstützung das Land vor dem Ruin stehen würde), die Unterzeichnung eines neuen Abkommens mit dem IWF, die Kooperation mit der EU, die Aufklärung der Situation des Bankensektors, der im Frühjahr durch einen Finanzskandal erschüttert worden war und die Umsetzung von sozialen Projekten. Streleț stellte fest, dass sich das Land in einer Krise befinde. Das 55-seitige Regierungsprogramm legt zudem sieben mittelfristige Prioritäten fest: die Erhöhung des Wohlstands der Bürger, die Bekämpfung der Korruption, die Reform der Justiz und rechtsstaatlicher Institutionen, die Wiederherstellung der Integrität des Landes (d.h. die Lösung des Transnistrien-Konfliktes), die Gewährleistung qualitativ hochwertiger Bildung und Gesundheit, die Dezentralisierung und Verwaltungsreform und die Gewährleistung der wirtschaftlichen, finanziellen und energetischen Sicherheit der Republik Moldau.
Obwohl die neue Koalition sich deklarativ weiterhin dem Ziel der europäischen Integration verpflichtet und bis Ende 2017 das Assoziierungsabkommen mit der EU vollständig zu implementieren beabsichtigt, zeugten die Koalitionsverhandlungen im Vorfeld eher davon, dass die wichtigsten politischen Akteure in der Republik Moldau auf die Beibehaltung des Status Quo abzielen – insbesondere im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und bei der Frage nach Umsetzung notwendiger Reformen. Dabei befindet sich das Land in einer wirtschaftlich desolaten Lage. Vor dem Hintergrund der politischen Instabilität haben der Internationale Währungsfonds und die Weltbank bereits im Juni die Zusammenarbeit mit der moldauischen Regierung ausgesetzt – aber allen voran, weil es keinen erkennbaren politischen Willen gab, den größten Bankenskandal in der moldauischen Geschichte aufzuklären, bei dem drei Staatsbanken Verluste von 1 Mrd. US-Dollar eingefahren hatten. Letzteres hatte auch zu Straßenprotesten in Chișinău geführt.
Die PLDM hatte zunächst die ehemalige Bildungsministerin Maia Sandu für das Amt der Premierministerin nominiert. Sandu, die in der Vergangenheit selbst für die Weltbank tätig gewesen war, hatte sich als überzeugte Reformerin erwiesen – u.a. führte sie bei der landesweiten Prüfung eine flächendeckende Video-Überwachung ein, um der bis dato weit verbreiteten Korruption ein Ende zu setzen und schaffte es auch, nach jahrelangem politischen Streit ein neues Bildungsgesetz durchzusetzen, das eine Modernisierung des Bildungswesens nach europäischen Standards vorsieht. Ihrem Ruf als Reformerin entsprechend, hatte Maia Sandu an die Übernahme des Amtes öffentlich Bedingungen geknüpft: die Entlassung des Generalstaatsanwalts und des Gouverneurs der Nationalbank (Institutionen, die u.a. ihre Pflichten bei der Aufklärung bzw. Verhinderung der o.a. Lage der Banken vernachlässigt haben), ein Mitspracherecht bei der Ernennung von Ministern und ein Bekenntnis der Vorsitzenden der Koalitionsparteien zu den notwendigen Reformen – in Anwesenheit der Vertreter internationaler Partnerinstitutionen. Insbesondere diese letzte Auflage soll vor allem die PDM nicht akzeptiert haben. Gleichzeitig scheint es, dass sich auch die PL keine Premierministerin im eigentlichen Sinne des Wortes wünschte. Der Vorsitzende der Liberalen, Mihai Ghimpu, sagte diesbezüglich in einer Fernsehsendung, dass „der Premier vor uns verantwortlich ist, nicht wir vor ihm“.
Die Ablehnung der Kandidatur von Maia Sandu dürfte ein Zeichen sein, dass sich die Regierungsparteien einen fügsamen Regierungschef wünschen, der lediglich im Auftrag der Koalition die Regierungsgeschäfte leitet, ohne aber die verfassungsrechtlichen Befugnisse de facto auszuüben. Diese Deutung wurde zumindest indirekt vom nunmehr ins Amt gewählten Valeriu Streleț bestätigt. Er erklärte, dass er die Nominierung akzeptiert habe, „weil er der Partei gegenüber loyal sei“.
Inwieweit die neue Regierung tatsächlich ihre Ziele erreichen wird – und auch erreichen möchte – ist fraglich. Etliche Mitglieder im neuen Kabinett waren in der Vergangenheit in unterschiedliche Korruptionsskandale verwickelt, darunter der Verteidigungsminister Anatol Şalaru (PL), der früher als Verkehrsminister fungierte, oder der Wirtschaftsminister Stephane Bride (PDM), der die moldauische Filiale einer Auditfirma leitete, die u.a. für die drei o.g. Banken Prüfungen durchgeführt hatte, ohne auf etwaige Verstöße hinzuweisen. Misstrauisch beäugt wird auch die Übernahme des Justizministeriums durch die PDM – in der Person des jetzigen Interim-Managers der Moldauischen Eisenbahn, Vladimir Cebotari. Die Umsetzung der Justizreformen, welche entscheidend vom zuständigen Ministerium abhängt, ist eine wichtige Bedingung für weitere Unterstützung durch die westlichen Partner.
Unterdessen fand am vergangenen Sonntag der erste Kongress der von Ex-Premierminister Iurie Leancă gegründeten Europäischen Volkspartei der Moldau (PPEM) statt, bei dem Leancă zum Vorsitzenden gewählt wurde. Zu seinem Team gehören u.a. der ehemalige Vizepremierminister für die Reintegration des Landes, Eugen Carpov und der prominente Konflikt- und Sicherheitsexperte Oazu Nantoi. Vor einigen Tagen hatte auch der PLDM-Abgeordente Nicolae Juravschi den Übertritt zur PPEM vollzogen, sodass die neue Partei nunmehr über drei Parlamentsmitglieder verfügt. Nun steht die Registrierung der PPEM an, welche vom Justizministerium genehmigt werden muss.
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