Mit der Veranstaltung „ChancenZeit – Landeshauptstadtforum zum Gesellschaftsjahr“ lieferte das Politische Bildungsforum Niedersachsen am 26.04.2023 einen Beitrag zur Debatte über die Einführung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres in Deutschland. Vier Podiumsgäste und mehr als 90 Teilnehmer führten eine intensive Diskussion.
Nach einem Grußwort von Christoph Bors, dem Landesbeauftragten und Leiter des Politischen Bildungsforums Niedersachsen, leitete Gereon Kuriewicz als Moderator in die Veranstaltung ein.
Im Anschluss daran hielt Natalie Klauser, Referentin der Hauptabteilung Analyse und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung, einen Vortrag über die aktuelle politische Debatte. Sie präsentierte erste Argumente für und gegen die Einführung eines Gesellschaftsjahres, stellte aber auch dar, wieso die Einführung eines Gesellschaftsjahres überhaupt auf der Agenda der aktuellen Politik steht.
Nach diesem Vortrag gaben die vier Podiumsgäste ein erstes kurzes Statement ab. Den Beginn machte Lukas Rappe als Vertreter der Landesvereinigung kultureller Jugendbildung (LKJ). Die LKJ akquiriert Einsatzstellen, die Interesse an einem Freiwilligendienstleister haben, vermittelt diese dann jährlich an die Einsatzstellen und steht über das ganze Jahr im engen Austausch mit den Freiwilligen. In seinen Ausführungen wurde deutlich, dass die LKJ der Einführung eines verpflichtenden Gesellschaftsjahres kritisch gegenübersteht. Rappe erklärte, dass die Nachfrage nach FSJ-Plätzen nämlich bereits zum gegenwärtigen Zeitpunkt drei Mal so hoch sei wie das Angebot. Entsprechend erweise sich die Suche nach neuen Einsatzstellen für FSJler bereits jetzt als eine Herausforderung. Eine Verpflichtung würde diese Lücke noch vergrößern, so Rappe.
Die nächste Rednerin war Silke Lahrs, Bildungsreferentin des Caritasverbandes für die Diözese Hildesheim. Auch dieser Verband steht der Einführung eines Gesellschaftsjahres eher kritisch gegenüber. Frau Lahrs begründete dies damit, dass die vorhandenen Strukturen nicht die Kapazität hätten, um eine solche Masse an Freiwilligen aufzunehmen, wie es durch ein Gesellschaftsjahr erforderlich wäre.
Auf Silke Lahrs folgte Fregattenkapitän Lars Thomas vom Karrierecenter der Bundeswehr. In seinen Ausführungen begründete er, weshalb er für die Einführung eines Gesellschaftsjahres sei. Da ein großer Bedarf da sei und sich zu wenige freiwillig melden würde, müsse irgendwie Druck aufgebaut werden. Lars Thomas referierte aber auch über die persönlichen Vorteile und Weiterentwicklungsmöglichkeiten, die ein solches Jahr biete. Zusätzlich wies er darauf hin, dass er den Aspekt der fehlenden Zeit als nicht gegeben sehe, da Menschen immer länger arbeiten würden und es sowieso immer seltener werde, dass junge Menschen direkt nach der Schule oder im Anschluss an das Studium ins Berufsleben starten.
Den Abschluss bildete Sophie Ramdor, Mitglied des Niedersächsischen Landtages. Wie Fregattenkapitän Thomas sprach sie sich für die Einführung eines Gesellschaftsjahres aus. Durch einen solchen Dienst könne der Zusammenhalt in der Gesellschaft gestärkt werden und viele Lücken geschlossen und Bedarfe gedeckt werden. Zur Frage der Finanzierbarkeit sagte Sophie Ramdor, dass bei einem ausreichenden politischen Willen auch genug Geld für ein solches Projekt zur Verfügung gestellt werden könne. Durch solche Investitionen könne wieder eine ausreichende Struktur aufgebaut und so Jedem ein Platz für ein Gesellschaftsjahr angeboten werden.
Nach den Wortbeiträgen der Podiumsgäste hatten die Teilnehmer die Möglichkeit eigene Fragen und Wortbeiträge einzubringen. Von dieser Möglichkeit machten viele Gebrauch und es entstand eine lebhafte und konstruktive Diskussion. Unter anderem wurde über Themen wie einer Bestrafung für Verweigerer, die Finanzierbarkeit eines allgemeinen Gesellschaftsjahres oder auch über tatsächliche Kapazitäten gesprochen. Im Rahmen eines anschließenden Empfangs konnten sich Teilnehmer und Podiumsgäste noch weiter über das Thema austauschen.
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