Zum Thema Inklussion fand in Ovelgönne ein Workshop mit den Referentinnen Ilka Morr, Geschäftsführerin der Stiftung Lebensräume Ovelgönne und Kerstin Held, Vorsitzende des Bundesverbandes behinderter Pflegekinder e. V., statt.
Die Gemeinde Ovelgönne ist über die Grenzen der Wesermarsch hinaus als Modellregion für Inklusion bekannt. Dass dieser Ruf anscheinend zu Recht besteht, wurde in diesem Workshop sehr deutlich. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erfuhren vor Ort und aus erster Hand, wie sich das Zusammenleben von Menschen mit und ohne Behinderung in der knapp 5.700-Einwohner-Gemeinde entwickelt und im Laufe der Zeit immer stärker verfestigt hat. Unter den Teilnehmern war der örtliche CDU-Landtagsabgeordnete Björn Thümler.
Eine der kleinsten Werkstätten Deutschlands
„Die Stiftung Lebensräume Ovelgönner Mühle bietet Frauen und Männern mit Behinderung Wohn- und Arbeitsmöglichkeiten – und das in einem überschaubaren Rahmen.“ Was das genau bedeutet, erläuterte Geschäftsführerin Ilka Morr. Bereits seit 1989 dient die Ovelgönner Mühle als Ort einer Lebensgemeinschaft von und mit Menschen mit Assistenzbedarf. Bis 2006 spielte sich hier alles Leben und Arbeiten ab. Dann verlagerten sich die Tätigkeitsschwerpunkte vom Ortsrand in das Zentrum. Zurzeit werden 60 Arbeitsplätze und 40 Wohnplätze bereit gestellt. 2009 erhielt die Stiftung die staatliche Anerkennung als Werkstatt für Behinderte (WfbM). Die gilt als eine der kleinsten Werkstätten Deutschlands. In einer umgebauten alten Lagerhalle im Ortskern von Ovelgönne sind eine Wäscherei, ein Hausmeisterservice, eineVeredelungsküche und eine Kreativwerkstatt zu finden. Gegenüber betreibt die Stiftung den „König von Griechenland“: Zu dieser großen Gaststätte gehören Saal, Kegelbahn und Hotel. Nicht weit entfernt von der einstigen Lagerhalle und dem Lokal wurde 2017 ein früherer Supermarkt in den „Burgdorfladen“ verwandelt. Er bietet unter anderem Bargeldversorgung über die Ladenkasse, Hol- und Bringdienst, Poststation und Toto-Lotto-Annahmestelle. In dem Burgdorfladen werden zum Beispiel auch Produkte aus der ökologischen Landwitschaft der Stiftung verkauft.
Auch Kerstin Held berichtete
Grundlage der Arbeit sei das anthroposophische Menschenbild, so Ilka Morr. Der Mensch werde „in seiner gesamten Biografie wertgeschätzt“. Auch deshalb plant die Stiftung zurzeit ein inkkusives Seniorenwohnprojekt mit zunächst 14 Wohneinheiten. Nach Besichtigungen der einzelnen Standbeine der Stiftung kamen die Teilnehmerinnen undTeilnehmer des Workshops im „König von Griechenland“ zusammen. Dort wurden sie von Kerstin Held begrüßt. Die Pflegemutter und Vorsitzende des Bundesverbandes behinderter Pflegekinder wohnt ebenfalls in Ovelgönne. Kerstin Held berichtete von ihren vielfältigen Erfahrungen mit Inklusion und nahm auch kritisch Stellung – etwa, als sie Förderschulen als sinnvolle Einrichtungen bewertete, Menschen mit und ohne Behinderung zur gegenseitigen Toleranz aufrief und sich gegen die Einführung von Mindestlöhnen in Werkstätten für Behinderte aussprach: „Die Menschen würden bestimmte Zusatzleistungen wie zum Beispiel Fahrdienste nicht mehr bezahlt bekommen. Es würde ihnen finanziell am Ende schlechter gehen.“ Der Inklusions-Workshop der Konrad-Adenauer-Stiftung endete mit Gruppenarbeiten – und mit der Erkenntnis, dass sich in Ovelgönne viel darüber lernen lässt, wie Inklusion erfolgreich und nachbarschaftlich praktiziert werden kann.
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