Извештаи за настани
Hat das Bundesverfassungsgericht zu viel politische Macht?
Peter Müller, Richter im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts, gab einen erhellenden Einblick in seine richterliche Arbeit und diskutierte insbesondere über die Karlsruher Entscheidung zur Ausweitung des Ehegattensplittings. Zwar sei das Gericht mit hochpolitischen Fragestellungen konfrontiert, so Müller, treffe selbst jedoch keine politischen Entscheidungen. Das Bundesverfassungsgericht sei in erster Linie „Hüterin der Verfassung“, das die Grenzen der Gesetzgebung sichere, aber keine eigenen Gesetze erlasse. Dennoch sei der Vorwurf einer Statik des Rechts abwegig, da auf der Basis argumentativer Beweisführung der Gesetzesrahmen immer wieder neu interpretiert werden müsse. In diesem Kontext unterstrich Müller, dass das Ehegattensplitting überhaupt nichts mit der Frage nach der Bedeutung der Familie zu tun habe, weil Kinder in der Argumentation keine Rolle spielten. Das Bundesverfassungsgericht zollt, so Müller weiter, nur dem Gesetzgeber Respekt, der eingetragene Lebenspartnerschaften gleichgestellt habe. Der Familie werde bei der Entscheidung nichts genommen. Sein Fazit: Karlsruhe hat nicht zu viel politische Macht, weil es politisch neutral nur über die Verfassung wacht.
Wohin treibt die Erinnerungskultur?
Hans Walter Hütter, Präsident des Haus der Geschichte in Bonn, konstatierte, dass Erinnerung heute „en vogue“ sei. Die Medien griffen Gedenktage begierig auf. Ob Erster Weltkrieg oder Völkerschlacht – die datenbezogene Geschichtsdarstellung sei beliebter als je zuvor.
Mit dieser Art der Erinnerung werde, so Hütter weiter, ein Interpretationsrahmen neu gesetzt. Emotionen sollen ausgelöst, Politik auf diese Weise mitgestaltet werden. Dies führe nicht selten zu einem Medienhype um Geschichtsthemen, zu einer Eventisierung der Erinnerung und letztlich zum Geschichtstourismus an Gedenkstätten. Publikumsbezogene Erinnerungsorte würden hierbei nicht selten (Stichwort: Willy Brandt in Berlin) künstlich geschaffen.
Zudem sei vor allem in Deutschland eine Zentralisierung der Erinnerungskultur zu beobachten. Berlin-Mitte werde bei diesem Trend zum neuen Erinnerungsort par excellence. Dies habe massive Auswirkungen auf den föderalistischen Staat und die Kulturhoheit der Länder.
Die Bundestagswahl 2013 – ein Pyrrhussieg?
Tilman Mayer, Professor für Politische Wissenschaft an der Rheinischen Friedrich-Wilhelm-Universität in Bonn, fragte provokativ nach dem Preis der Union bei der Bildung der großen Koalition. Kurz vor der absoluten Mehrheit habe die Union gestanden, nun müsse sie sich in einem strapaziösen Bündnis mit der SPD arrangieren.
Die Ausgangslage zum Gewinn der Wahl war laut Mayer ideal: optimale Werte in Meinungsumfragen hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage, keine Wechselstimmung, ein Herausforderer mit vielen Fehltritten, eine Engführung der sozialdemokratischen Programmatik als „8-Euro-50-Partei“, keine Zweitstimmenkampagne für die FDP, der Ausschluss einer rot-rot-grünen Koalition, eine dogmatische Linke und nicht zuletzt der Kanzlerinnenbonus.
Nicht überbewerten will Mayer den Koalitionsvertrag, der als Absichtserklärung einzustufen sei, sich jedoch neuen Herausforderungen stellen müsse. Als problematisch betrachtet er, dass die Union im Kabinett die komplette Gesellschaftspolitik aus der Hand gegeben habe, mit Beruf und Familie gerade die Themen, die die Bevölkerung unmittelbar erfassten. Hiermit könne sich die SPD wieder in der Mitte positionieren. Mayer wies der Kanzlerin eine Atlasfunktion zu; sie müsse weiterhin die alles überstrahlende Instanz in der öffentlichen Wahrnehmung sein. Die Union habe durchaus die Kraft und die Möglichkeit, sich in der wahlentscheidenden Mitte darzustellen. Aus der Mitte heraus zu denken, sei von zentraler Bedeutung und entspreche dem Profil einer Volkspartei.
Europa darf seine Zukunft nicht verspielen!
Beschäftigen wir uns mit den richtigen Fragen für die Zukunft Europas? Diese Frage stellte Axel Voss, Europaabgeordneter der CDU-Mittelrhein, zum Abschluss der Tagung. Er warnte davor, vor lauter Konzentration auf die Staatsschuldenkrise die weiteren wichtigen europäischen Fragen zu vernachlässigen: Energiesicherheit, Globalisierung der Finanzen, Wirtschaft und Forschung, Infrastruktur als Grundlage für Wohlstand und Wachstum, die demografische Entwicklung und die Sozialsysteme, die Vereinheitlichung der Ausbildungsformen, die technologische Rückständigkeit Europas gegenüber den USA, die Abwehr von Fundamentalisten und Angriffen im virtuellen Bereich. Voss plädierte für eine stärkere gemeinsame Außenpolitik, die Kooperation von Geheimdiensten und die Integration einer Verteidigungsgemeinschaft auf europäischer Ebene. Er setzte sich ein für ein handlungsfähiges Parlament, kritisierte daher die Abschaffung der 5%-Klausel bei Wahlen und warnte vor einer europakritischeren Zusammensetzung nach den nächsten Wahlen aufgrund der Zusammenschlüsse der Europagegner.
Es dürfe nicht das Gefühl verloren gehen, dass Europa das Instrument sei, das uns unsere Zukunft bewahre. Frieden und Wohlstand seien weitgehend erreicht; diese Werte weiterhin durchzusetzen sei kein überzeugendes Versprechen für die jungen Generationen. Die aufgezeigten Themen müssten in den Focus rücken, um die Notwendigkeit Europas zu verdeutlichen. „Die Bürger wollen wissen: Wie geht es weiter?“ Diese Frage, so Voss, müsse beantwortet werden – ohne bürokratische Übertreibungen und intransparente Verfahren.
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