Im Rahmen des „Café Kyiv“ am 19. Februar 2024 diskutierten Mariya Zoryk (Kommunikationsmanagerin beim Ukrainischen Institut in Berlin), Prof. Dr. Natascha Zowislo-Grünewald (Professorin für Unternehmenskommunikation am Institut für Organisationskommunikation der Universität der Bundeswehr München) und Tim B. Peters (Referent für Medien und Demokratie, Konrad-Adenauer-Stiftung) unter der Moderation von Daphne Wolter (Leiterin der Abteilung Demokratie, Recht und Parteien, Konrad-Adenauer-Stiftung) über die Darstellung der Ukraine in den Medien und die kommunikationsstrategischen Lehren, die im Lichte des Angriffskriegs gezogen werden sollten.
In seinem Eingangsstatement sprach Tim B. Peters seine Verblüffung über die sprachliche Ambiguität bei der Beschreibung des russischen Angriffs auf die Ukraine aus. In der medialen Darstellung war bis zum Februar 2022 gelegentlich inkonsistent die Rede vom „bewaffneten Konflikt in der Ostukraine“, „Donbas-Konflikt“ oder „Ukraine-Konflikt“. Die kritische Beschäftigung mit der Fragestellung, wann sich ein Konflikt zu einem vollumfänglichen Krieg wandelt, sei auch im Zusammenhang des Todes tausender Zivilistinnen und Zivilisten zu leisten.
In der Außendarstellung der Ukraine spiele der ukrainische Präsident Selenskyj eine tragende Rolle. Er versteht es, die Menschen direkt medial anzusprechen und den ukrainischen Anliegen ein Gesicht zu geben. Dadurch ist er inzwischen das Symbol für den Patriotismus der Ukrainerinnen und Ukrainern geworden, die sich gemeinsam für eine Fülle an Werten und Zielen einsetzen.
Laut Kommunikationsexpertin Natascha Zowislo-Grünewald bedient er damit ein Heldennarrativ, das an das mutige Aufbegehren Davids gegen Goliath erinnere.
In eben jenem gezielten Einsatz von Narrativen sieht sie die elaborierte Medien- und Kommunikationsstrategie Kyivs. Das attraktive narrative Deutungsangebot habe das Potenzial, die Kraft von russischen Desinformationskampagnen zu brechen und zugleich außenpolitische Legitimität zu generieren. In einem Angriffskrieg sei kommunikationsstrategisch stets die Perspektivität von Aggressor und Angegriffenem hinsichtlich des Einsatzes von Desinformation und propagandistischer Instrumente zu beachten. Eine mediale Notlüge sei gewissermaßen gleichzusetzen mit einer Notwehr und diene dem Widerstand gegen den Aggressor Russland.
Gleichwohl der Angriffskrieg den permanenten Referenzpunkt in der Medienlandschaft bildet, sei zur Vermeidung von „Kriegsmüdigkeit“ und Desillusionierung bedeutsam, auch positive Themen im Zusammenhang mit der Ukraine wie Kunst und Kultur zu besetzen, so Mariya Zoryk vom Ukrainischen Institut. Daher sei das „Café Kyiv“ ein wichtiger Austragungsort, in dem die Abbildung des breiten Spektrums an ukrainischer Kultur, Literatur und Musik und des Kinos und Theaters öffentlichkeitswirksam möglich ist. Das Ziel des Ukrainischen Instituts sei es, die Aufnahme ukrainischer Kulturerzeugnisse in das bereits vielschichtige Kulturangebot in Deutschland im Allgemeinen und Berlin im Besonderen zu fördern. Im Hinblick auf die Unterschiede zwischen der ukrainischen und deutschen Kriegsberichterstattung hob die Kommunikationsmanagerin die gängige Praxis deutscher Medien hervor, stets auf den tentativen Charakter der Nachrichten hinzuweisen.Themen
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