Zunächst begrüßt die Leiterin des Regionalbüros Rheinland, Simone Gerhards, die Zuschauerinnen und Zuschauer. Ein guter Umgang miteinander sei sehr wichtig: „Wie kann ein respektvolles Miteinander aussehen?“ Dann betritt Marius Jung die Bühne und beginnt seinen Vortrag: „Respekt ist die Grundlage jedes friedlichen Zusammenlebens.“ Er bekomme oft als erstes, noch bevor nach dem Namen gefragt werde, die Frage gestellt, woher er komme: „Was will der Mensch damit klären?“ Für viele Leute sei das Vorurteil klar: „Dunkle Hautfarbe heißt anderer Kontinent.“ Aber die „Migrantin Antje aus Holland“ bekomme diese Frage nie in dieser Form gestellt: „Migration machen wir am Aussehen fest, nicht an der Herkunft.“
„Rassismus hatte noch nie etwas mit Menschen zu tun“
Jung ist auch häufig an Schulen unterwegs und spricht mit Jugendlichen über Respekt. Eine Erfahrung, die er häufig macht: Der deutsche Kolonialismus steht in wenigen Schulen auf dem Lehrplan oder wird sehr wenig behandelt. Jung erklärt, bei Rassismus ginge es schon immer allein um Macht und Imperialismus. Ihm ist es wichtig, dass die jungen Menschen die Strukturen von Rassismus verstehen und möchte den Menschen „durch Wissen ein Stück Kraft mitgeben.“ Es gilt, in persönlichen Begegnungen zählt ein respektvoller Umgang.
Erwartungshaltungen im Gespräch
Das wichtigste, wenn man auf jemanden zugehe, sei die Erwartungshaltung, also die erwartete Reaktion der Person, mit der man spricht: “Wenn man in ein Gespräch geht mit der Erwartung, dass es Ärger gibt, nimmt man die schönsten Dinge, die der Gegenüber sagt, als Beleidigung wahr.“ Mit den Vorstellungen, die wir vor einem Gespräch über dieses haben, „öffnen wir die Tür für die meisten Konflikte.“ Man solle sich fragen, was das Gesagte mit dem Gegenüber macht – mit einem „Habe ich doch nicht so gemeint“ kann Respektlosigkeit nicht entschuldigt werden.
Streit als Chance
Dann geht Jung auf sein erstes Buch „Singen können die alle! Handbuch für Negerfreunde“ ein, welches bei der Veröffentlichung hohe Wellen schlug. Er nutzte das N-Wort in der Buchunterschrift und ordnete es auf der ersten Seite und auch in seinem Vortrag direkt ein: „Das Wort ist rassistisch.“ Er hat es in dem Buch bewusst eingesetzt „und habe den Beweis bekommen, dass es sinnvoll war, weil so viel diskutiert wurde.“ Das sei etwas, was Satire erreichen solle. Der Kontext sei hier entscheidend. Und die Art und Weise, wie ein Diskurs geführt wird: „Wenn wir eine gute Streitkultur haben, ist Streit das Beste, was uns passieren kann.“
„Die innere Haltung gibt den Ton an“
Political Correctness sei ein wichtiges Instrument. Doch eine Begrifflichkeit allein ändere nicht die Haltung. Entscheidend ist es, immer eine fundierte Argumentation zu haben: „Die innere Haltung gibt den Ton an – Bewegung und auch Sprache folgen dann.“ Jeder müsse sich und seine Einstellungen also hinterfragen und sich seinen eigenen Ressentiments bewusstwerden, um diese abzulegen. „Es ist wirklich total wurscht, welche Religion, Hautfarbe oder sexuelle Orientierung ein Mensch hat.“
„Alle sind gefragt“
In der anschließenden Diskussion geht es um das Handeln in Situationen, in denen man mitbekommt, dass andere Personen rassistisch behandelt werden und um kulturelle Aneignung, zum Beispiel im Karneval. Jung hält es für sinnvoll, dass gerade viele Missstände in der Gesellschaft diskutiert werden: „Die Welt heute ist besser als vor 50 Jahren – auch wenn es manchmal nicht so aussieht. Die Menschen sind freier, wenn wir die Missstände sehen. Wir können keine Lösung finden für ein Problem, über das wir nicht sprechen.“
Anmerkung:
Bei der geplanten Live-Übertragung der Veranstaltung über Zoom gab es leider gestern technische Probleme. Wir möchten uns dafür entschuldigen und an dieser Stelle darauf hinweisen, dass in naher Zukunft der Mitschnitt der Veranstaltung auf unserer Homepage verfügbar sein wird.
Bereitgestellt von
Landesbüro NRW und Regionalbüro Rheinland
Über diese Reihe
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