Ein niederländisches Sprichwort sagt: „Ein guter Nachbar ist besser als ein ferner Freund.“ Generalkonsul Peter Schuurman ergänzte: "Deutschland ist für uns sowohl ein guter Nachbar als auch ein guter Freund." Und in Pubquiz, das die Veranstaltung abrundete, zeigt sich, dass es auch im die Kenntnisse der Zuschauerinnen und Zuschauer über unseren westlichen Nachbarn gar nicht so schlecht bestellt war wie eingangs vermutet.
Der BeNeLux-Experte Siebo Janssen skizzierte in seinem Eingangsstatement das breite und differenzierte parteipolitische Spektrum und hob dabei auch die Unterschiede zur deutschen Parteienlandschaft hervor. Wenn also Vielfalt und Zersplitterung des politischen Strömungen eine Herausforderung darstellen, so suchten die Niederländerinnen und Niederländer aber doch den Konsens, so die Intervention des Generalkonsuls Peter Schuurman. Niederländische Regierungen seien immer Koalitionsregierungen gewesen und so erwartete auch er durch die bevorstehende Parlamentswahl keinen Bruch mit dieser Kontinuität, wohl aber Änderungen in der Politik, namentlich in der Gesundheitspolitik. Der Prgamatismus der führenden Parteien, darin waren sich Janssen und Schuurman einig, und die Erwartung, dass sich die Parteien nach der Wahl rasch zu einer neuen Koalition zusammenfinden würden, lasse die Diskussion um ein Quorum wie die 5%-Hürde in Deutschland resonanzlos verklingen. Die hohe Briefwahlbeteiligung von über 50% fand deshalb eigens Erwähnung, weil diese Form der Wahlbeteiligung bei unseren Nachbarn bis auf wenige gesetzlch geregelte Ausnahmen völlig unüblich ist.
Der Stadtführer Hilbert de Wal und der Hochschullehrer Leo Tunderman stellten den gesellschaftlichen und persönlichen Anpassungsvorgang an die Pandemie seit dem Beginn des Jahres 2020 dar. Der Konsens in der niederländischen Gesellschaft über die von der Regierung beschlossenen Maßnahmen, sieht man von kurzzeitig aufflammenden, durchaus mit Gewalt verbundenen Protesten in Eindhoven und Amsterdam ab,löste hier und da Erstaunen aus. Erklärt wurde er mit dem Pragmatismus der Menschen und der ausnahmslosen Betroffenheit von der Pandemie.
Auf die Frage, warum die in den 1990ern mit dem Maastrichter Vertrag noch verbundene Begeisterung für die immer engere Union der Völker Europas abgeklungen sei, antwortete Norman Schulz im Gespräch mit Siebo Janssen, dass die ökonomische Sicht auf die EU und damit der Pragmatismus an Bedeutung gewonnen hätten. Die niederländische Bevölkerung sei weiterhin proeuropäisch und eine sicherlich in Nischen vorhandene Neigung zu einem Nexit finde keine breite Unterstützung. Aber der niederländischen Politik fehle der in Deutschland vorhandene "europäische Reflex", Probleme in Europa zu Probleme von Europa zu machen. Wie in vielen anderen Staaten auch, fühle sich die Bevölkerung von der europäischen Integration nicht mehr ausreichend vertreten. Gleichwohl gebe es keinen Zweifel daran, dass die Niederlande ohne die EU politisch einflusslos bleibe und ihre Interessen kaum durchsetzen könne. Dem Königshaus bescheinigten Schulz und Janssen eine hohe integrative Kraft.
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Political Academy in Sidirokastro, Serres
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