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Guatemala steckt in der tiefsten innenpolitischen Krise seit der Einführung der demokratischen Verfassung von 1985

нь Hans-Jürgen Weiss
Guatemalas Öffentlichkeit verharrt in Apathie gegenüber Politik und politischen Parteien. Acht von zehn Erwachsenen - vor allem jene mit niedrigem Bildungsstand und ausserhalb der Hauptstadt wohnend - beteuern, keiner politischen Gruppe gegenüber Sympathie oder Zustimmung einzuräumen. Solche Einstellungen zeigen sich - wenn auch in unterschiedlichem Maße - in der Regel in lateinamerikanischen Ländern dann, wenn keine Wahlen bevorstehen und die Regierungsarbeit kritische Phasen der Zustimmung seitens der Bevölkerung durchläuft.

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Mehr als ein Monat ist seit dem "Nationalen Tag der Würde" vergangen, die Strassenproteste sind abgeklungen und die "Freitage der Trauer" am Obelisk in Guatemala-Stadt sind verstummt. Jetzt geht es um eine Wiederannäherung von Regierung und Gesellschaft, den Unternehmern, den Gewerkschaften, den Studentenverbänden und anderen Akteuren. Doch ist Anlass zur Sorge um das Land noch immer gegeben: in einem Klima geringer Akzeptanz fragt man sich, ob nach dem Gewitter die Ruhe wieder einkehrt oder ob das Ganze nur die Vorstufe eines "Wirbelsturms" ist.

Der Verfassungsgerichtshof ist nun der Ort, wo gesellschaftliche Gruppen und Regierung ihre Differenzen austragen. Mindestens fünf Verfassungsklagen sind anhängig gegen die Erhöhung der Mehrwertsteuer (von 10% auf 12% ) und weitere rechtliche Schritte gegen andere Reformen - auch im Steuer- und Abgabenbereich - sind angekündigt. Die neuen Steuersätze sind nacheinander in Kraft gesetzt worden und es bleibt abzuwarten, wie der Sozialplan, der vom Finanzministerium und dem Generalsekretariat für Planung des Präsidialamtes auf der Grundlage der erhöhten Mehrwertsteuer ausgearbeitet wurde, sich entwickeln wird.

Nach dem Abklingen der Proteste fragen sich viele nach der Sinnhaftigkeit und Durchschlagskraft solcher Massnahmen. Allenthalben sind Ermüdungserscheinungen, Konformismus und Resignation spürbar. Der Vorsitzende des mächtigen Unternehmerverbandes steht nicht mehr eindeutig hinter der Fortsetzung der Demonstrationen, weil sie zu teuer sind; die Gewerkschaften bringen auch nicht mehr die grossen Menschenansammlungen auf die Strassen, weil der Lohnausfall weh tut und die nichtorganisierte Bevölkerungsmehrheit beginnt, sich über die Verkehrsbehinderungen und das ständige Aufflackern vereinzelter, mehr oder weniger gewaltsamer Aktionen auf den Strassen zu beklagen.

Vorrangiges Thema nach den Protestaktionen ist der "Nationale Dialog". Es bildete sich eine Reihe von Gesprächskreisen, wie z.B. "Grupo Barómetro" und "Foro Guatemala, wo sich unter Ausschluss der politischen Parteien renommierte Repräsentanten der sogenannten Zivilgesellschaft treffen, die die wichtigsten Vorgaben für einen Nationalen Dialog erarbeiten sollen.

Darüber hinaus gibt es gesellschaftliche Organisationen, die Unterschriften sammeln, um den Kongress aufzufordern, eine Volksbefragung mit einer einzigen Fragestellung durchzuführen: Unterstützen Sie den Fortbestand der derzeitigen Regierung? Viele Gruppen der Gesellschaft ist schon klar geworden, dass der Bruch der Verfassungsordnung durch Gewaltmassnahmen nichts Positives bewirkt und eher die Politik, die Wirtschaft allgemein und das Ansehen des Landes schädigt. Daher das Dringen auf Dialog, auch wenn man auf diese Weise, ob man nun will oder nicht, der Regierung eine Verschnaufpause - eventuell bis zum Ende der Legislaturperiode - verschafft.

Die Probleme Guatemalas sind aber nur politisch zu lösen und von daher über die politischen Parteien anzugehen. Die Institutionen und Organisationen der Zivilgesellschaft sind unverzichtbare Katalysatoren der Meinung ihrer Mitgliedschaften, aber die Repräsentation des Willens der Bevölkerung kann nur und muss über politische Parteien, Legislative und Exekutive erfolgen. Und hier liegt das Problem.

Die Mehrheit der Guatemalteken hat kein Vertrauen in die derzeit agierenden politischen Parteien. Der Partido Avanzada Nacional ( Partei der letzten Regierung ) und der Frente Republicano Guatemalteco ( derzeitige Mehrheitsregierungspartei ) sind augenscheinlich die bestimmenden politischen Kräfte, neben einer Reihe kleinerer und kleinster , z.T. erst im Entstehen begriffener Parteiformationen. Vielfach wird in der Presse wie auch im täglichen politischen Gespräch die Hoffnung zum Ausdruck gebracht, dass baldmöglichst eine neue Partei und eine neue Führungspersönlichkeit sich einstellen möge, um den weiteren Verfall des Landes aufzuhalten.

Eine Mitte August 2001 von CID-Gallup durchgeführte repräsentative Meinungsumfrage unter 1220 Erwachsenen (mit Ausnahme der Departamentos Petén und Alta Verapaz flächendeckend) stattfand, ergab u.a. folgende Teilergebnisse:


Bewertung der Regierungstätigkeit der Präsidenten Serrano (Mai 1992), Arzù (April 1997) und Portillo
(August 2001) nach jeweils 18-20 Monaten Amtszeit

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Prof. Dr. Stefan Jost

Prof. Dr

Leiter der Auslandsbüros Guatemala und Honduras

stefan.jost@kas.de +63 2 8539 38-41, -42, -43, -44 ,-45 +63 2 8893 6199

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