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Wie gestaltet sich der politische Diskus um Open Data in Deutschland und wo liegen die Unterschiede zur Entwicklung in den USA? Welche Vorteile bringt die Öffnung von Regierung und Verwaltung und wie lassen sich offene Daten mit dem Schutz der Privatsphäre vereinbaren?
Am 2. Mai 2016 luden das Politische Bildungsforum Hamburg der Konrad-Adenauer Stiftung e.V. und das US-Generalkonsulat Hamburg zur Podiumsdiskussion „Open Government und Social Media – Potenziale der digitalen Stadt von Morgen“ ins 25hours Hotel Hafencity ein, um genau diese Fragen gemeinsam mit ausgewählten Open Data - Experten zu diskutieren.
Zu den Gästen auf dem Podium gehörten: Prof. Dr. Jochen Scholl (Professor der Information School an der University of Washington), Dieter Hofmann (Koordinator, Offene Kommunen NRW), Dr. Sönke E. Schulz (Manager, Partnerschaften Deutschland) und Timo Lundelius (Gründer, We-built.city und Organisator des Ok Lab Hamburg). Dr. Pencho Kuzev (Projektteam Digitalisierung, Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.) moderierte die Diskussion.
Offene Kommunen NRW - Eine Bürgerinitiative für Open Data und mehr Partizipation
Nachdem Dr. Heiko Herold (Presse- und Programmreferent des US-Generalkonsulats Hamburg) und Dr. Pencho Kuzev die Gäste begrüßt und in die Thematik eingeführt hatten, skizzierte Dieter Hofmann in einem kurzen Impulsvortrag die Entwicklung der - aus einer Bürgerinitiative heraus entstandenen - Interessengemeinschaft ‚Offene Kommunen NRW‘. Die Initiative fungiert als Austauschforum zum Thema Open Government. Regelmäßige Treffen, Diskussionsforen und Veranstaltungen haben zu einem breiten und regionalübergreifenden Open Data - Diskus geführt, in den neben zivilgesellschaftlichen Stakeholdern auch eine Reihe von Kommunalverwaltungen und die Landesregierung von Nordrhein-Westfalen eingebunden wurden. Das Land Nordrhein-Westfalen ist derzeit dabei, eine Open Government-Strategie umzusetzen, die nicht unwesentlich von der Initiative vorangetrieben wurde.
Open Government - Entwicklungen und Trends in Deutschland und den USA
Im seinem anschließenden Impulsvortrag zeigte Herr Prof. Dr. Jochen Scholl die unterschiedlichen Entwicklungen von Open Daten in Deutschland und in den USA auf. Während der Schutz der Privatsphäre und sensibler Daten in Deutschland bisher noch im Vordergrund steht und die Weiterentwicklung offener Daten durch die Datenschutzdebatte an vielen Stellen zurück gehalten wird, besteht in den USA ein ganz anderes Selbstverständnis bezüglich des Umgangs mit Daten: Das Recht zu Wissen (‚The Right to Know‘) ist in den USA als konstitutiver Entwicklungsmotor zu verstehen, der die öffentliche Bereitstellung von Daten fordert und die Umsetzung der Open-Governmentstrategie forciert. Allgemein ist das Interesse an der öffentlichen Einsicht und Nutzung der Daten in den USA viel größer als die Skepsis gegenüber einem möglichen Datenmissbrauch. So sind in den USA bereits unzählige Datensätze öffentlich einsehbar und stehen den Bürgern uneingeschränkt zur Verfügung. Als Beispiel führte Herr Prof. Dr. Scholl eine für die Region Seattle realisierte ‚Neighborhood Map‘ an. Nutzer können online - in Form eines visualisierten Stadtplans - einsehen, an welchen Orten der Stadt kriminelle Straftaten registriert wurden. Diese Form der Bereitstellung öffentlicher Daten scheint für uns in Deutschland zunächst noch undenkbar, in den USA berufen sich die Bürger auf ihr Recht auf Informationen und fordern Open Data regelrecht ein.
Aber wie weit sind wir in Deutschland mit der Bereitstellung von offenen Daten und wie offen ist Hamburg?
Diese Frage stellte Herr Dr. Kuzev den Referenten im Anschluss an die Impulsvorträge.
Herr Lundelius bewerte die Entwicklung in Deutschland allgemein als positiv. Auch in Deutschland gebe es ein ausgeprägtes Interesse an öffentlich zugänglichen Informationen und Daten. Insbesondere in Hamburg habe es im Bereich Open Data durch das Transparenzgesetz (2012) deutliche Fortschritte gegeben. Da nun viele Datensätze verfügbar seien, müssen die Daten im nächsten Schritt aufbereitet und nutzbar gemacht werden. Um dies zu realisieren treffen sich weltweit junge Menschen in sogenannten ‚Code for Labs‘ in Arbeitsgruppen und entwickeln webbasierte Applications zur benutzerfreundlichen Darstellung der Daten.
Darauffolgend sprach Herr Dr. Kuzev die rechtlichen Aspekte an. Im Föderalstaat gibt es keine einheitlichen rechtlichen Grundlagen. Nicht alle Länder in Deutschland haben Transparenzgesetzte implementiert und auf Bundesebene gelten wiederum eigene rechtliche Rahmenbedingungen.
Wie wirken sich die rechtlichen Rahmenbedingungen also auf die Implementierung offener Daten und die Realisierung von Open Government aus?
Laut Herrn Dr. Schulz sei der rechtliche Rahmen nicht immer das Mittel zur Wahl: Mit Transparenzgesetzten würden explizit neue Grenzen geschaffen. Im Gesetzgebungsprozess würden vorab Ausnahmeregelungen entworfen, diese schränkten Innovationen und die Flexibilität erheblich ein. Auf der anderen Seite könne Föderalismus im Fall von Open Data auch als eine Chance verstanden werden, da zwischen den einzelnen Ländern ein Wettbewerb um die Bereitstellung von offenen Daten - und die damit einhergehenden positiven Effekte für die Landesregierung - entstehe.
Das Publikum beteiligte sich in Form von Kommentaren und Fragen rege an der Diskussion.
Die Frage nach dem Datenschutz stand hierbei im Vordergrund. So lautete gleich die erste Frage: ‚Ist der Mensch in Zukunft gläsern?‘
Wie verhält es sich also mit dem Schutz der personenbezogenen Daten?
Um den Mensch ginge es bei Open Data nicht, die Trennung zwischen Strukturdaten und personenbezogenen Daten sei an dieser Stelle sehr wichtig: offene Daten seien anonymisiert, es handele sich hierbei um Verwaltungs- und Strukturdaten, so die Referenten. Die Grenzen zwischen staatlichen Strukturdaten könnten aber an einigen Schnittstellen mit personenbezogenen Daten verschwimmen, eine eindeutige Trennung sei in der Praxis also nicht immer möglich.
Es gehe bei der Frage um Open Data zudem auch um die Frage nach dem größtmöglichen Nutzen, hierbei waren sich die Referenten einig. Der Mensch veröffentlicht persönliche Daten und bekommt dafür eine Serviceleistung. Und die jungen Generationen - dieser Trend ließe sich insbesondere in den USA beobachten - entschieden sich längst schon für den Service, der Schutz der Daten trete dabei in den Hintergrund. In den jungen Generationen Deutschlands bestehe auch schon eine andere Grundhaltung gegenüber dem Datenaustausch und der Privatsphäre. In 20 Jahren werde diese Diskussion auch hier in Deutschland sehr wahrscheinlich nicht mehr geführt werden. Die neuen Generationen wachsen mit einem ganz anderen Datenverständnis auf: Facebook, Twittter, Instagram und WhatsApp gehören zum Alltag. Das Schutzbedürfnis persönlicher Daten werde sich durch die selbstverständliche Nutzung sozialer Netzwerke langfristig deutlich verringern.
Konklusion
Als Fazit der Diskussion lässt sich festhalten: Offene Daten bringen eindeutige Vorteile mit sich und auch soziale Netzwerke bergen ein großes Potenzial für Meinungsbildung- und Partizipationsprozesse. Bei einer vernünftigen und reflektierten Bereitstellung der Daten lassen sich also eindeutige Vorteile identifizieren. Die Vorteile offener Daten sind eindeutig: In der Offenheit und Transparenz liegt die Stärke der Demokratie. Offene Daten und transparentes Regierungs- und Verwaltungshandeln fördern die Bürgerpartizipation und stärken das demokratische System. Diese positiven Aspekte werden auch in Deutschland von vielen Landes- und Kommunalregierungen erkannt, eigene Open Government-Strategien werden entwickelt und regional Stück für Stück umgesetzt. Dennoch wird sich der Umgang mit Open Data in Deutschland auch langfristig noch von der amerikanischen Open Government-Strategie unterscheiden, da der Schutz der Privatsphäre nach wie vor die Richtung vorgibt. Es bleibt also abzuwarten wie der Diskurs sich in 20 oder 30 Jahren ändert, wenn die jüngeren, digitalisierten Generationen die politische Richtung gestalten...
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