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Erfolgreiche Transformation braucht Pragmatismus aber kein neues Sondervermögen

Nachhaltige Haushaltspolitik braucht keine Tricksereien

Nach dem historischen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum 2. Nachtragshaushaltsgesetz 2021 werden Wege gesucht, wie die Finanzierung der wirtschaftlichen Transformation sichergestellt werden kann. Als ein Weg wird immer wieder die Möglichkeit ins Spiel gebracht, ein „Sondervermögen“ nach Vorbild des Sondervermögens für die Bundeswehr aufzulegen. Es ist wichtig zu verstehen, dass dies kein „Vermögen“ ist; im Gegenteil enthält es Kreditermächtigungen in der genannten Höhe. Ein neuer Absatz im Grundgesetz war für die Einrichtung nötig, damit die jeweilige Aufnahme von Schulden im Haushaltsjahr, in dem sie tatsächlich aufgenommen werden, von den Bestimmungen der Schuldengrenze ausgenommen werden.

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Es gibt wenig Anlass, das nun zu wiederholen. Denn: 

  • Ein Sondervermögen mag bei einem gravierenden, nicht vorhersehbaren Anlass wie dem russischen Angriff auf die Ukraine Sinn ergeben. Hier gab es einen klaren Anlass und ein Ziel, das auf ein Politikfeld – hier Verteidigungspolitik – begrenzt war. Gleichzeitig änderten sich die Parameter, unter denen Politik gemacht wird, fundamental und vor allem dauerhaft. In diesem Zusammenhang mag es zutreffen, dass das Problem mit dem ordentlichen Haushalt, in dem die verschiedenen Interessen der Ressorts abgestimmt und in einer Gesamtheit präsentiert werden, nicht sinnvoll adressiert werden konnte. Bei den Ausgaben in den verschiedenen Ampelfonds ist diese Voraussetzung aber nicht gegeben. Es wird ein Problem adressiert, das lange bekannt ist und dessen Lösung von der gesamten Regierung verfolgt wird. Ein Sondervermögen wäre hier nichts anderes als eine Ausweitung des ordentlichen Haushalts in einen Sondertopf. 
  • Sondervermögen binden den Staat weit über das aktuelle Haushaltsjahr und die aktuelle Legislatur hinaus. Damit werden zukünftige Regierungen in ihrer Handlungsfähigkeit eingeschränkt. Denn die Finanzierungskosten eines Sondervermögens belasten das Gemeinwesen ebenso wie im Falle des Kernhaushaltes. 
  • Es gibt bereits einen speziellen Haushalt für Klima- und Transformationsprojekte, den Klima- und Transformationsfonds (KTF), in welchen auch nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts weiter die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung und dem Emissionshandel fließen. Die Schaffung eines zusätzlichen Sondervermögens wäre daher redundant.
  • Bereits beim KTF zeigt sich, dass die Mittel oft nicht sinnvoll und vollständig verausgabt werden können. Das zeigt eines der zugrundeliegenden Probleme großer staatlicher Investitionsvolumina, die sich auch trotz des damit zusammenhängenden Bürokratieaufwuchses nur schwer administrieren lassen. Eine stetige und der aktuellen Situation angepasste Finanzierung aus dem ordentlichen Haushalt ist grundsätzlich besser geeignet, um Daueraufgaben anzugehen, die ein Strukturwandel mit sich bringt. 
  • Und schließlich ist für die Bildung eines Sondervermögens gar keine Verfassungsänderung notwendig. Im Falle des Bundeswehrsondervermögens war die Verfassungsänderung nur für die Ausnahme von der Schuldenregel nötig. Da der Haushaltsnotstand bereits ausgerufen wurde und die Schuldenregel daher für 2023 nicht komplett angewendet werden muss, steht es der Ampel frei, noch 2023 Schulden (keine Kreditermächtigungen) für ein echtes Sondervermögen für die Transformation der Wirtschaft aufzunehmen. Denn da die Aussetzung der Schuldenbremse mit den hohen Energiekosten begründet wurde, ist es folgerichtig, höhere Schulden für diesen Zweck aufzunehmen. Um diesen Weg zu gehen, müsste die Regierung aber sehr schnell Einigkeit über die Neuausrichtung ihrer Politik herstellen.   

Pragmatische Politik im Sinne der Sozialen Marktwirtschaft sollte keine Abkürzungen suchen, sondern jetzt alle Ausgaben kritisch hinterfragen und den Mut haben, deutlich zu kürzen. Hierbei sollte – auch mit dem Ziel, den Haushalt zu entlasten – die Rolle privater Investitionen im Bereich Klimaschutz und Transformation stärker betont und durch passende Rahmenbedingungen gefördert werden. Ein zusätzliches schuldenbasiertes Sondervermögen würde lediglich dazu beitragen, bestehende fehlerhafte Ansätze der Klima- und Transformationspolitik zu verstetigen, anstatt die Chancen einer grundlegenden Neuausrichtung hin zu Technologieoffenheit, mehr unternehmerischen Freiheiten und effektiven Marktmechanismen zu nutzen.

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Dr. Jan Cernicky

Dr. Jan Cernicky

Leiter der Abteilung Wirtschaft und Innovation

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