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Jonathan Babka/KAS

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Projekttag: „Brüche und Umbrüche – Jugend in der DDR“

z Jonathan Babka
Als junger Mensch in einer Diktatur aufzuwachsen, entwickelt sich häufig zu einer traumatischen Erfahrung. Nadja Klier und Ingo Hasselbach bekamen dies in der DDR zu spüren. Weil sie bzw. ihre Familien nicht linientreu waren, gerieten sie ins Visier der Stasi – eine unbeschwerte Jugend blieb ihnen verwehrt. Am Willi-Graf-Gymnasium sprachen sie über ihre Erlebnisse.  

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Christian Schleicher (Konrad-Adenauer-Stiftung) begrüßte die Schülerinnen und Schüler des Willi-Graf-Gymnasiums sowie Nadja Klier und Ingo Hasselbach und betonte die langjährige gelungene Kooperation mit Schule und Zeitzeugen. Die Bedeutung solcher Gespräche sei gerade in der heutigen Zeit essenziell um die Wertschätzung gegenüber unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu steigern.


Nadja Klier und Ingo Hasselbach kamen auf sehr unterschiedliche Art und Weise mit den Repressionen der SED-Diktatur in Berührung. Um ihre Erfahrungen weiterzugeben, drehten sie einen eigenen Dokumentarfilm über ihre Jugend im DDR-Regime. „Wir wolln Euch mal wat fragen“ ist nicht nur Titel des Dokumentarfilms, sondern beschreibt gleichzeitig den Anspruch der beiden an ihre Arbeit: Ihnen liegt es am Herzen in einen engen Austausch mit den Schülergruppen zu treten und ihre Erfahrungen zugeschnitten auf die Interessen und Bedürfnisse der Schülerinnen und Schüler zu teilen. 


Der Dokumentarfilm führt hautnah an die Orte der Verbrechen. „Dit war meine Zelle hier“ erklärte Ingo Hasselbach und schlug die Riegel der schweren Eisentür krachend ins Schloss. Nicht nur die Geräuschkulisse war in den DDR-Gefängnissen unerträglich. Die gesamte menschenunwürdige Unterbringung zielte darauf die Insassen zu brechen und eine abschreckende Außenwirkung zu erzielen. Ingo Hasselbachs Hass auf das System, das Jugendliche wegen unliebsamer Äußerungen einer solchen Behandlung aussetzte, wurde von mit-inhaftierten Nazi-Verbrechern instrumentalisiert. Er radikalisierte sich, wurde zum Neonazi und stieg zu einer führenden Größe innerhalb der rechten Szene auf. Der brutale Anschlag von Mölln veranlasste ihn schließlich auszusteigen. Heute steht er auf der anderen Seite. Er schuf als Mitgründer der Initiative „Exit“ eine Ausstiegshilfe für Neonazis und leistet auf unterschiedliche Art und Weise Aufklärungsarbeit über SED-Diktatur und Rechtsextremismus.


Seine Frau Nadja Klier sitzt am historischen Schreibtisch von Erich Mielke, als sie im Dokumentarfilm aus ihrer Stasiakte vorliest. Erich Mielke verantwortete als Minister für Staatssicherheit auch die die Überwachung von Nadja Kliers Familie. Die Methoden waren perfide. Nicht nur ihre Mutter, die Regisseurin und DDR-Oppositionelle Freya Klier stand unter ständiger Überwachung, sondern auch die Jugendliche Nadja war Ziel von systematischer Observation. Die Familie Klier war für die Stasi ein derart bedeutsames Ziel, dass jugendliche IMs auf Nadja Klier angesetzt wurden. Sie sollten ihr Privatleben unterminieren und die Stasi mit sensiblen persönlichen Informationen versorgen.


Nach der eindrucksvollen Filmvorführung suchten Nadja Klier und Ingo Hasselbach das Gespräch mit der Schülergruppe: „Hättet ihr eure Freunde bespitzelt?“. Nachdem sich die Schülerinnen und Schüler vor Augen führten, was es heißt in einem repressiven System zu leben, fielen die Antworten differenzierter aus. Zudem keimte Verständnis für Jugendliche auf, die der effektiven Manipulation der Stasi zum Opfer gefallen sind.


Im Gespräch mit den Zeitzeugen wurde der Schülergruppe bewusst, dass das Leben Gleichaltriger in der DDR ganz andere Bahnen einschlagen konnte. Ingo Hasselbach war kaum älter als die anwesenden Schülerinnen und Schüler zur Zeit seiner Verhaftung. Nadja Kliers war so alt wie sie, als sie ausgebürgert wurde. Vor diesem Hintergrund gewinnt das persönliche Schicksal der beiden Zeitzeugen eine intensivere Bedeutung. Was wäre, wenn meine beste Freundin von der Stasi manipuliert werden würde? Wie würde ich mich fühlen, wenn ich als Jugendlicher alle meine Freunde hinter mir lassen muss und ausgebürgert werde, nur, weil meine Eltern nicht linientreu sind?  


Der Vormittag am Willi-Graf-Gymnasium regte zum Nachdenken an. Er lebte von einem lebendigen Dialog zwischen Schülergruppe und Zeitzeugen. Keine starre Agenda, sondern interessierte Nachfragen strukturierten den Projekttag. In dieser aufgeschlossenen Atmosphäre präsentierten sich die Schülerinnen und Schüler als sehr engagiert und geschichtsbewusst.

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Christian Schleicher

Christian Schleicher bild

Stellvertretender Leiter Politische Bildungsforen und Leiter Politische Bildungsforen Süd

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