Die Organisatoren der Veranstaltung, Jochen Müller, stellvertretender Direktor der Europäischen Kommission in Spanien, Wilhelm Hofmeister, Leiter des Auslandsbüros der Konrad-Adenauer-Stiftung in Spanien und Portugal, und Francisco Aldecoa-Luzárraga, Präsident des Consejo Federal Español del Movimiento Europeo, unterstrichen in ihrer Begrüßung, wie wichtig es sei, die gemeinsamen europäischen Werte zu achten und diese als Fundament für die Bewältigung der zahlreichen gemeinsamen Herausforderungen der EU zu begreifen.
Dr. Hans-Gert Pöttering, ehemaliger Präsident des Europaparlaments (2007-2009) sowie ehemaliger Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung (2010-2017), unterstrich die besondere Bedeutung der diesjährigen Europawahlen, um die anstehenden Herausforderungen der EU erfolgreich zu meistern. Dabei verwies er zunächst auf den hohen historischen Erinnerungswert des Jahres 2019 im Kontext der Jahre 1919 (Beginn der Weimarer Republik), 1939 (Beginn des zweiten Weltkriegs), 1949 (Gründung des Europarats), 1979 (erste Wahlen des Europaparlaments) und 1989 (Fall der Berliner Mauer). Der seit über 70 Jahren bestehende Frieden zwischen den Ländern, die sich für eine Zusammenarbeit im Rahmen der EU entschieden haben, sei nur durch die Einhaltung der Gesetze und der europäischen Demokratie zu verteidigen. Die EU sei eine auf der Grundlage der Rechtsordnung, des Friedens, der Demokratie und Freiheit aufgebaute Wertegemeinschaft, deren Verletzung nicht akzeptiert werden dürfe. Als zentrale Elemente für die zukünftige EU-Politik warb er für ein gemeinsames Agieren in der Außenpolitik gegenüber China, Russland und den USA und sprach sich für eine bessere Zusammenarbeit in der Sicherheitspolitik, einen stärkeren digitalen Binnenmarkt, ein sozialeres Europa (bspw. in Form einer europäischen Arbeitslosenversicherung) sowie eine gemeinsame Lösung der Flüchtlingsproblematik hervor.
Insgesamt zog Pöttering eine überwiegend positive Bilanz der EU, vor allem hinsichtlich der Bedeutung der EU als einem Garanten der Menschenrechte sowie als einem Ort, an dem demokratische Grundwerte und die persönliche Freiheit gelebt und geschützt würden. Den Beitrag, den die europäische Integration dazu geleistet habe, dürfe nicht unterschätzt werden.
Die polnische Pro-Europa Aktivistin Maia Mazurkiewicz, Mitglied im Führungsteam der Organisation Alliance4Europe, nahm die aktuelle politische Situation in Polen in den Blick. Angesichts der anstehenden Parlamentswahlen komme den Europawahlen eine besondere Bedeutung zu, um die weiteren politischen Trends in Polen zu messen. Kritisch betrachtete sie den großen Zuspruch für die die Demokratie gefährdende, rechtsnationale Partei PiS in einer insgesamt stark polarisierten Gesellschaft. Mazurkiewicz schilderte die enge Zusammenarbeit der Oppositionsparteien, die sich vor den Wahlen zu einer europäischen Koalition vereint haben, um der PiS mit vergleichbarer Stärke gegenübertreten zu können.
Charles Powell, Direktor des Real Instituto Elcano, befasste sich in seinem Vortrag zunächst kritisch mit euroskeptischen Positionen, betonte aber zugleich auch den Wert kritischer Auseinandersetzung mit den Defiziten in Europa. Powell wies ebenso wie Pöttering auf die besondere Bedeutung der diesjährigen Europawahlen hin. Zunächst stellte er die Besonderheit des Europaparlamentes als weltweit einzigem transnationalen Parlament heraus. Weiterhin begrüßte er den Versuch, die beispielsweise durch transnationale Listen und das Spitzenkandidaten-Modell für die Wähler attraktiver zu gestalten. Als zentrales Problem der kommenden Wahlen sehe er den möglichen Erfolg nationalistischer Parteien. Diese seien besonders gefährlich, da sie auf die Begrenzung des Einflusses der EU und deren Zerstörung von innen zielten. Deshalb halte er es für besonders wichtig, den Wert der EU zu begreifen und zu erklären. Dies sei durch die Schaffung engerer Verbindungen zwischen Bürgerinnen und Bürgern sowie den europäischen Institutionen möglich. Powell prognostizierte, dass das Europaparlament nach den Wahlen letztlich noch stärker fragmentiert und polarisiert sein werde als dies bereits heute der Fall ist.
Das Programm und den Dialog moderierte Emilio Sáenz-Francés, Direktor für Internationale Beziehungen und des "Comillas Journal of International Relations" an der Universität Pontificia Comillas Icai-ICADE. Im Mittelpunkt der abschließenden öffentlichen Diskussion stand der Rechtspopulismus als Herausforderung für die Europawahl. Im Rahmen der Debatte unterstrichen die Render und Zuhörer die Bedeutung, Wählerinnen und Wählern von extremen Parteien für die Volksparteien zurückzugewinnen. Dieses Anliegen wurde als eines der zentralen Ziele hervorgehoben. Dabei sei der strategische Einsatz von modernen, digitalen Kommunikationsmedien essentiell, um die Manipulation durch Populisten auszuhebeln und die Bürgerinnen und Bürger auf emotionaler Ebene nachhaltig für Europa zu gewinnen.
Die Redner appellierten an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, den Einfluss dieser Europawahlen nicht zu unterschätzen und im Mai wählen zu gehen.