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Brexit means hard Brexit

Theresa May’s Brexit Vorstellung wird klarer – Großbritanniens Zukunft hingegen nicht

In einer mit Hochspannung erwarteten Rede umriss die britische Premierministerin die Vorstellungen ihrer Regierung hinsichtlich des anstehenden Brexit-Prozesses. Echte Überraschungen suchte man in der rund 45-minütigen Ansprache aber ebenso vergeblich wie mögliche Verhandlungsdetails. Deutlich wurde hingegen, dass die Regierung einen kompletten EU-Austritt anstrebt (Hard Brexit), gleichzeitig aber an guten nachbarschaftlichen Beziehungen zur EU interessiert ist. Unmissverständlich aber auch die Botschaft: Better no deal than a bad deal for Britain!

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Erwartungen an die Europa-Rede

Theresa May hat im Juli 2016 das Amt des britischen Premierministers mit der zentralen Aufgabe angetreten, das Ergebnis des EU-Referendums vom 23.6. umzusetzen. Dabei hatten sich bekanntlich 52% der Briten für einen Austritt aus der EU ausgesprochen. Eine klare, wenn auch keine überwältigende Mehrheit, allerdings auch mit dem schalen Beigeschmack einer Referendumskampagne, die mit gnadenlosen Übertreibungen und Unwahrheiten die Entscheidungsfindung beeinflusst hat.

Da Premierminister Cameron sich auf die Seite der Remain-Kampagne gestellt hatte, erbte seine Nachfolgerin May zwar den Brexit -Auftrag, nicht jedoch einen Ablaufplan oder eine konkrete Strategie, wie dies umzusetzen wäre. Derlei Planspiele lagen nicht in der Schublade von No. 10 Downing Street parat.

Theresa May musste zudem, da auch sie – wenn auch zurückhaltend – auf der Seite der Remain Kampagne gestanden hatte, die Skeptiker vor allem in der eigenen Konservativen Partei davon überzeugen, dass sie den Brexit Auftrag annehmen und ernst nehmen würde.

Der von ihr geprägte Standardsatz „Brexit means Brexit“ wurde zwar anfangs noch als Leitmotiv akzeptiert und mit diversen Ergänzungen garniert (Brexit means we are leaving the EU, We are making a success of it).

Mit zunehmender Dauer baute sich aber auch von verschiedenen Seiten Druck auf, um diese Aussage bzw. die damit verbundenen Konsequenzen zu präzisieren. Von den restlichen 27 EU-Mitgliedern, aber auch den EU Institutionen in Brüssel verdichtete sich der Druck nach mehr Präzision ebenso wie von der EU-Hardlinern in der eigenen Fraktion einerseits und den verbleibenden EU-Befürwortern andererseits. Aber auch von Seiten der Wirtschaft (Autoindustrie, Finanzwirtschaft), wie auch von der schottischen Landesregierung (dort hatten 62% für einen Verbleib gestimmt) wurden die Forderungen nach klareren Rahmenbedingungen noch vor dem formalen Beginn der Verhandlungen laut, den PM auf dem Tory Parteitag in Birmingham Anfang Oktober für „spätestens Ende März 2017“ angekündigt hatte. Die Verzögerung hatte aller Wahrscheinlichkeit ganz praktische Gründe (die notwendige Rekrutierung von Fachpersonal für die Verhandlungen und das Durchspielen von Optionen für die Regierung nahm Zeit in Anspruch), begann jedoch auch Zweifel an der Umsetzungsfähigkeit der PM zu sähen. Die Titelseite des Economist vom 7.1.17 brachte es auf den Punkt: Theresa Maybe – Britain’s indicisive Premier.

Mit dem für nächste Woche erwarteten Urteil des Supreme Court über die Notwendigkeit das Parlament an der Brexit-Entscheidung beteiligen zu müssen und der durch den Rücktritt des nordirischen stellvertretenden First Ministers Martin McGuinness entstandenen politischen Krise in Nordirland sind zwei weitere Elemente hinzugekommen, die die PM und ihr Team bewogen haben könnten, die erwartete Rede zum weiteren Vorgehen in der Brexit Frage nicht weiter hinauszuzögern. Taktisch klug waren in diesem Zusammenhang sicher auch das bereits am Sonntag ausgerechnet in der deutschen Tageszeitung „Die Welt“ veröffentlichte Interview mit Schatzkanzler Philip Hammond sowie gezielte Vorabinformationen an die britischen Medien am Tag vor der Rede wodurch allzu heftige Reaktionen an den Finanzmärkten entweder vorweggenommen (wie der kleine Kursrutsch beim britische Pfund) oder vermieden (Börse) werden konnten. Hammond (der bis dato als aufrechter Verfechter des sog. Soft-Brexit galt) hatte in diesem Interview bereits angedroht, dass Großbritannien bei einer ausbleibenden Einigung bzw. allzu ablehnender Haltung mit der EU sein Wirtschaftsmodell ändern könnte (gemeint waren damit offensichtlich massive steuerliche Anreize für Unternehmen in Großbritannien).

Kernelemente der Rede

Vor versammeltem diplomatischen Corps im Lancaster House umriss Theresa May in ihrer rund 45-minütigen Rede am 17.1. ihren 12-Punkte Brexit-Plan, der alle erwarteten Punkte ansprach, jedoch auf der Ebene der prinzipiellen Ansätze blieb und inhaltlich keine völlig unerwarteten Standpunkte auflistete. Die sich in den vergangenen Wochen durch diverse Äußerungen ihrer selbst aber auch von Kabinettsmitgliedern verdichtete Annahme, dass Großbritannien den kompletten Austritt aus der EU und keine irgendwie geartete Zwischenlösung anstreben würde, wurde klar bestätigt. Freundliche Worte und der geäußerte Wunsch nach guten und intensiven Beziehungen zur EU fanden sich darin ebenso wie unmissverständliche Äußerungen darüber, wie Großbritannien im Falle von Gesten, die als „Bestrafung“ Großbritannien durch die EU gedeutet werden könnten, reagieren würde.

Die Kernelemente der Rede im Einzelnen:

Single Market: Großbritannien wird den Gemeinsamen EU Markt komplett verlassen. Mit der als oberster Priorität deklarierten Migrationskontrolle und der Ablehnung des EUGH als oberste gerichtliche Instanz ist ein Verbleib des Landes im EU-Markt nicht möglich, auch intermediäre Formeln (Norwegen Modell o.ä.) werden nicht angestrebt.

Zollunion: Auch der Austritt aus der Zollunion, wenn auch etwas weniger dezidiert, wurde angekündigt, wissend dass dies eine Voraussetzung dafür ist selbst eigene Freihandelsabkommen abschließen zu können. Allerdings kündigte sie auch ein neues Zollabkommen mit der EU an, um den Handel zu erleichtern und Produktionsketten nicht zu unterbrechen. Details dazu blieben aber offen.

Freihandelsabkommen: Angestrebt werden ein neues und maßgeschneidertes umfassendes Freihandelsabkommen mit der EU, aber eben auch mit anderen Ländern auf der Welt. Hinsichtlich der USA bemerkte May fast süffisant, dass man vom Ende der Schlange (anspielend auf die Bemerkung Obamas vor einigen Monaten) nun wieder ganz vorne auf der Prioritätenliste der USA stünde (bezogen auf Donald Trumps Ankündigung ein Freihandelsabkommen in wenigen Wochen zu erzielen).

Migration: Migrationskontrolle, so wurde erneut bestätigt, sei die oberste Priorität. Man wolle zwar weiter ein weltoffenes Land und attraktiv für die „Besten und Klügsten“ der Welt sein, gleichzeitig aber entscheiden können, wie viele Menschen letztlich kommen dürfen. Details bleib sie auch hier schuldig.

Übergangsabkommen: May vermied wie schon in der Vergangenheit den Begriff „transitional agreement“ und sprach vielmehr von eine Implementationsphase nach Abschluss der Verhandlungen, um einen abrupten Bruch von Wirtschaftsaktivitäten zu vermeiden. Diese Implementationsphase solle graduell und je nach Wirtschaftszweig unterschiedlich sein, ohne allerdings in einen zeitlich undefinierten Übergangstatus auszuufern, dies wäre, so May, ein „permanentes politisches Fegefeuer“.

Innere und äußere Sicherheit: Hier bewegte sie sich eindeutig auf die EU-Partner zu und ließ auch erkennen, dass sie die britischen Fähigkeiten bei Fragen der Verteidigung, Atomwaffen, Terrorismusbekämpfung und Nachrichtendienste in die Verhandlungen einzubringen bereit ist. Hier sei Großbritannien zu einer engen Kooperation mit Europa bereit, dies sei in beiderseitigem Interesse.

Einheit des Königreichs: Ungeachtet der im Raum stehenden Drohung der schottischen Ministerpräsidentin Sturgeon im Falle eines Verlassenes Großbritanniens des Gemeinsamen Marktes die Frage der schottischen Unabhängigkeit wieder zur Abstimmung zu stellen, erklärte May die Einheit des Königreichs als hohe Priorität und in diesem Zusammenhang die Bereitschaft mit Schottland, Nordirland und Wales die Brexit-Konsequenzen zu diskutieren. Die Regierungskrise in Nordirland erwähnte sie dabei am Rande.

Irland: Sie betonte die Bereitschaft die sog. „common travel area“ mit der Republik Irland zu erhalten und eine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland zu vermeiden. Wie dies mit einem Austritt aus der EU vereinbar sein soll, ließ sie allerdings völlig offen.

Status EU Bürger: Entgegen einiger Erwartungen im Vorfeld der Rede, vermied May es in der Frage der Aufenthalts- und Arbeitsrechte von EU-Bürgern in Großbritannien unilateral Lösungen anzubieten. Dies wäre eine Geste des guten Willens gewesen. Da sie dies aber schon vor einigen Wochen einmal angedeutet und als Reaktion darauf u.a. aus Berlin auf den Beginn der Verhandlungen verwiesen wurde, vermied sie es in ihrer Rede hier einen erneuten Anlauf zu unternehmen und beschränkte sich darauf dies als ein Ziel zu formulieren, über dass man sich mit den anderen EU-Staaten einig werden sollte, sowohl für EU-Bürger in Großbritannien wie auch für Briten in der EU.

Parlamentsbeteiligung: May vermied es den Start der Verhandlungen erneut auf „spätestens Ende März“ festzulegen, wie sie dies im Oktober noch getan hat. Da das Urteil des Supreme Court noch aussteht, ist noch unklar in welchem Umfang das Parlament in die Brexit-Verhandlungen einbezogen werden soll/muss. Demgegenüber legte sie sich aber zum ersten Mal eindeutig dahingehend fest, dass das Parlament (beide Kammern) über das Ergebnis der Verhandlungen ein abschließendes Votum haben wird und demzufolge letztlich entscheiden wird, ob das Verhandlungsergebnis auch umgesetzt wird.

EU-Haushalt: Ein Verlassen der EU und des Gemeinsamen Marktes wird auch zur Folge haben, so May, dass Großbritannien seine finanzielle Beteiligung am EU-Haushalt einstellt. Offen blieb dabei, wann genau die Zahlungen enden (es hat ja in der Vergangenheit Hinweise über langfristige Zahlungsverpflichtungen Großbritanniens auch über den Zeitpunkt des Austritts hinaus gegeben). Ebenso deutete sie die Bereitschaft an sich bei ggf. zu verhandelnden gemeinsamen Programmen zwischen der EU und Großbritannien auch weiterhin finanziell daran zu beteiligen (in offensichtlicher Anspielung auf wissenschaftliche Kooperation und andere Felder).

Ton und Umgang: Der Auftritt von PM May war im Ton geprägt von einer dezidiert selbstbewussten und optimistischen Tonlage, durchaus konziliant und bemüht die gemeinsamen Werte mit Europa zu betonen und auch – zumindest im ersten Teil – an eine neue und konstruktive Partnerschaft zwischen Großbritannien und der EU zu appellieren („I want us to be the best friend and neighbour to our European partners“). Ein Erfolg der EU sei ebenso im Interesse Großbritanniens wie umgekehrt. Sie ließ es sich dann aber auch nicht nehmen einige auch in der Sprache recht harte und unverhohlene Drohungen auszusprechen: Großbritannien sei nicht bereit einen schlechten Deal zu akzeptieren („no deal for Britain is better than a bad deal for Britain“) und auch nicht bereit „Bestrafungen“ der EU reaktionslos hinzunehmen. „Voices calling for a punitive deal that punishes Britain…would be an act of calamitous self-harm for the countries of Europe.” Das wäre kein Verhalten eines Freundes. Unter diesen Umständen sei man auch bereit bzw. in der Lage sein eigenes Wirtschaftsmodell zu ändern (anspielend auf das Hammond Interview, der klarmachte, dass man unter Umständen auch zu massiven Steuervergünstigungen für Unternehmen bereit sei).

Reaktionen und Konsequenzen

Die unmittelbaren Reaktionen in Großbritannien, Europa und den USA spiegeln die gesamte Bandbreite der Positionen wieder und lassen erkennen, dass die anstehenden Verhandlungen so komplex und kontrovers sein werden, wie von vielen Skeptikern befürchtet.

Die Medien in Großbritannien nahmen die Rede erwartungsgemäß und analog zur bekannten EU-Position auf: Die Murdoch-Presse bis hin zum Daily Telegraph priesen die Rede als Durchbruch und klare Ansage (May,s bold term for Brexit), der eher der Labour Opposition nahe stehende Guardian fokussierte seine Schlagzeile auf die Drohungen (May,s Brexit threat to Europe) und dazwischen lag die Financial Times mit einer sachlichen Analyse.

Die Medien in Europa reagieren mit sachlichen bis harschen Überschriften (Little Britain- Die Welt, Brexit open border plan an illusion – Irish Independent). (EU und UK)

Aus der deutschen Politik waren die Reaktionen auf die Rede Mays so einheitlich wie selten: Eine „Rosinenpickerei“ dürfe es bei den Verhandlungen nicht geben, die Einheit der EU27 habe oberste Priorität so die Stimmen aus Regierungsparteien und Opposition fast unisono.

Triumphierend reagierte President elect Donald Trump aus Washington. Er feierte die Brexit-Entscheidung als richtig und zukunftsweisend, ein Verabschieden aus der kränkelnden EU, die nur Deutschland diene, sei in britischem Interesse. Er würde in wenigen Wochen ein für beide Seiten vorteilhaftes Freihandelsabkommen USA-UK vereinbaren.

Groß war und ist die Sorge über die harte Brexit-Richtung hingegen in Irland und Schottland. Schon im Vorfeld hatte Nicola Sturgeon immer wieder verdeutlicht, dass das Referendumsergebnis in Schottland eindeutig gewesen sei (62% für den Verbleib) und dass ein Verlassen des Gemeinsamen Marktes für Schottland kein akzeptabler Weg sei. Vor diesem Hintergrund wird die Spekulation über ein erneutes Unabhängigkeitsreferendum neue Nahrung bekommen.

Irland ist das wirtschaftlich von der harten Brexit-Entscheidung wohl am meisten betroffene Land. Die engen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Beziehungen beider Länder aber auch der nach wie vor schwelende Nordirland Konflikt mit dem Szenario einer drohenden EU-Außengrenze zwischen Irland und Nordirland sind höchst komplexe Elemente, die in den Verhandlungen eine wichtige Rolle spielen werden. Der Erhalt der „common travel area“ sowie die Vermeidung einer harten Grenze sind zwar Ziele in beiderseitigem Interesse, aber eben weitestgehend inkompatibel mit der harten Brexit Entscheidung. Gegebenenfalls ist der nun zu erwartende Weg aber auch ein Schritt hin zu einer weiteren Loslösung Irlands aus dieser Abhängigkeit. Brendan Halligan, ein irischer Politikveteran ging so weit , dies als das „Ende unserer kolonialen Beziehung, das endgültige Durchtrennen unserer Nabelschnur mit Großbritannien“ zu bezeichnen.

Fazit

PM May‘s Rede hat einige Spekulationen und Illusionen beendet, gleichzeitig aber auch Ratlosigkeit und Skepsis genährt, inwieweit der Katalog von Vorstellungen der britischen Regierung eher einem Wunschkonzert als einer rationalen und realistischen Verhandlungsposition ähnelt.

Selbst wenn man die allzu optimistischen und allzu drohenden Töne der Rede einmal ausblendet (was im Sinne einer realistischen Einschätzung sicher sinnvoll ist) bleiben Kernfragen - allerdings für beide Seiten - offen:

  • Es ist nur schwer vorstellbar, dass sowohl der Scheidungsprozess (Art. 50) zwischen der EU und Großbritannien, als auch das angestrebte Freihandelsabkommen mit der EU in den 24 Monaten nach Beginn des Verhandlungsprozesses bewältigt werden können. Alle bestehenden Erfahrungen sprechen dagegen. Damit würde aber in zwei Jahren genau das abrupte Ende eintreffen, welches vermieden werden sollte. Die angedachte „Implementationsphase“ bedingt zunächst ein einen Verhandlungsabschluss, sonst ist das unmöglich.
  • Die Vorstellung Großbritanniens in kürzester Zeit neue Freihandelsabkommen mit ander en Ländern abschließen und dadurch den Verlust des freien Zugangs zur EU kompensieren zu können, ist illusorisch. Das „großzügige“ Angebot Donald Trumps ist bis dato eben das: eine Trumpsche Ankündigung. Wie belastbar das tatsächlich ist und wie kompatibel ein solches Abkommen mit Trumps bisher bekannten protektionistischen Vorstellungen sein wird, bleibt abzuwarten.
  • Sowohl die irische/nordirische Frage wie auch die schottische Frage sind komplexe und von hoher Ungewissheit geprägte politische Sachverhalte. Allein guter Wille wird diese Fragen nicht lösen, ein Auseinanderbrechen des Vereinigten Königreichs ist im Falle eines harten und kompromisslosen Brexit ein reales Szenario.
  • Die Stimmung in der britischen Bevölkerung ist, was Brexit angeht, gespalten. Das Referendumsergebnis von 52:48 % war und ist ein knappes Ergebnis. Das Votum war für den Austritt, nicht über ein zukünftiges Szenario. Umfragen zeigen, dass eine Mehrheit der britischen Bevölkerung wirtschaftliche Stabilität höher bewertet als Migrationskontrolle. Dies spiegelt die Rede der PM nicht wieder. Inwieweit sich die Stimmung in de Bevölkerung mittelfristig eher in Richtung einer optimistischen Aufbruchststimmung („Make Britain great again“) bewegt oder in Ablehnung umschlägt, sobald konkrete und negative Folgen der Brexit Entscheidung sicht- und spürbar werden, ist ungewiss und dürfte einer der entscheidenden Faktoren für die weitere politische Entwicklung des Landes bleiben. Allerdings dürfte das kurzfristig keine Rolle spielen, sondern eher in Richtung Parlamentsentscheidung Frühjahr 2019 bzw. Parlamentswahlen Mai 2020 relevant werden.
Allein die Vorstellung, dass das britische Parlament das Verhandlungsergebnis im Lichte eines Stimmungsumschwungs in der Bevölkerung Anfang 2019 ablehnen könnte, ist ein weiteres Element der Ungewissheit.

  • Die innenpolitische Lage in Großbritannien macht es der Regierung derzeit relativ leicht. Die zerstrittene Labour Partei fällt als Gegengewicht nahezu komplett aus, die SNP ist auf Schottland beschränkt, die Liberal Democrats sind zwar thematisch im Vorteil (Pro EU Partei), quantitativ aber nicht relevant, UKIP ist durch diese Brexit-Entscheidung quasi obsolet geworden und wenn überhaupt dann eher für Labour eine Bedrohung und die Konservative Partei selbst bleibt, bei allen internen Kontroversen, vorläufig (und mit der Perspektive auch über 2020 an der Macht bleiben zu können), relativ geschlossen.
  • Der drohende Verlust der engen Kooperation in Fragen der inneren und äußeren Sicherheit stellt ein enormes Risiko für beide Seiten dar.
  • Die EU steht vor der Frage, wie der ausfallende Nettobeitrag der Briten kompensiert werden soll. Ein Ersatz mit deutschen Steuermitteln kommt, so die Bundesregierung, nicht in Frage, Haushaltskürzungen in signifikanter Höhe wären also die logische Konsequenz. Das wäre auch für die EU eine neue Sachlage.
  • Der Austritt der 5. größten Volkswirtschaft aus der EU schwächt die Attraktivität der EU als Markt und als politischer Akteur.
Alles in allem war also die Rede der britischen Premierministerin opportun und notwendig. Sie hat einige Spekulationen beendet (worauf die britische Wirtschaft weitestgehend erleichtert reagiert hat) und die grobe Marschrichtung vorgegeben. Die Trennung von Großbritannien und der EU ist unter diesen Vorzeichen eine klare Aussicht. Das zukünftige Verhältnis des Landes zur EU bleibt aber eine recht vage Vorstellung, die nicht unwesentlich durch den Verlauf und die jeweilige Haltung bei den Scheidungsverhandlungen geprägt werden wird.

London, 18.1.2017

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