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Wahlen in Mali

de Christina Wagner

Von der Schwierigkeit, den Wahlprozess einzuleiten

Vor dem Zusammenfall des demokratischen Systems im Frühjahr 2012 galt Mali als Musterdemokratie in Afrika. Dies war insbesondere darauf zurückzuführen, dass die internationale Gemeinschaft dem Land mehrfach die Durchführung freier und fairer Wahlen bescheinigte. Im Herbst 2015 wurden aufgrund der Sicherheitslage die Kommunalwahlen auf unbestimmte Zeit verschoben. Durch die Festlegung eines Wahlkalenders erwartet Mali bis 2018 einen Wahlmarathon mit vier Wahlen. Bereits jetzt offenbaren sich erhebliche Spannungen zwischen der Regierung und der Opposition.

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Wahlen in Afrika stellen in der Regel Momente der Spannung und Gewalt dar. Die Uneinigkeiten ergeben sich oft aus ungerechten Wahlregelungen, die einseitig durch die Regierung aufgestellt werden. Das Wahlgesetz ist oft sehr passgenau auf die Bedürfnisse der Regierung zugeschnitten. Auch in Mali ist es neben der Festlegung eines Wahltermins insbesondere das Wahlgesetz, das derzeit die politische Klasse spaltet und das Land in eine tiefe Krise stürzen könnte.

Festlegung eines Wahltermins für die Kommunalwahlen

Im Herbst 2015 wurden die Kommunalwahlen verschoben; begründet wurde dies mit der instabilen Sicherheitslage im Norden des Landes. Am 10. August dieses Jahres veröffentliche die malische Regierung einen Wahlkalender, der alle bis 2018 stattfindenden Wahlen präzisiert: Die Kommunalwahlen sind für den 20. November 2016 vorgesehen; die Regionalwahlen und die Wahl der Kreisräte sowie das Referendum über die derzeitige Verfassungsreform sollen in 2017 stattfinden, die Präsidentschafts- und Parlamentswahlen im Jahr darauf, in 2018.

Die Veröffentlichung dieses Wahlkalenders markiert aber auch das Ende eines schwierigen Prozesses für die malischen Regierung, einen Wahlprozess überhaupt in Gang zu setzen.

Am 12. April dieses Jahres kündigte der für die Wahlen zuständige Minister für Territoriale Angelegenheiten im Rahmen einer informellen Konsultation mit den politischen Parteien Malis an, die Kommunalwahlen endlich am 25. September 2016, die Regionalwahlen sowie die Wahlen für den Distrikt Bamako in 2017 abhalten zu wollen. Diese Termine kursierten monatelang in Bamako, wurden allerdings nie öffentlich bekannt gegeben. Das einzige Dokument, das das Datum des 25. September 2016 aufnahm, war die UN-Resolution 2295 (2016) des Sicherheitsrates vom 29. Juni 2016, welche die Verlängerung der UN-Stabilisierungsmission in Mali (Minusma) zum Gegenstand hatte. Es gab weder eine offizielle Pressemitteilung, noch einen offiziellen Text, der diesen Termin des „25.09.2016“ als Wahltermin für die Kommunalwahlen verlautbaren ließ. Letztlich schien auch die politische Klasse dieses Datum zu ignorieren. Dies hatte zur Folge, dass alle notwendigen Vorbereitungsarbeiten für die bevorstehenden Kommunalwahlen verschleppt wurden. Mit dem „Verstreichenlassen“ der 40-Tage-Frist zur Einberufung des Wahlkollegiums und damit verbunden die offizielle In-Gang-Setzung des Wahlprozesses hatte selbst die Regierung letztlich nicht mehr an diesem Termin festgehalten.

Mit der Festlegung des Wahltermins auf den 20. November 2016 beendete die Regierung Malis vorerst ihr politisches Hin und Her. Gerüchte lenken in Mali sehr oft das politische Geschehen. Insbesondere unter Präsident IBK zirkulieren Informationen unbestätigt. Inhalte der Konsultationen mit der politischen Klasse werden der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht, was – wie in diesem Fall – zu Verwirrungen führt und Zeugnis einer Politik ist, die immer die Gemüter der politischen Klasse bewegt: eine Politik der Nicht-Festlegung bei der Führung der politischen Belange Malis. Ein intensives Suchen nach Informationen ist die Folge. Diese Haltung ist Ausfluss der politische Einstellung IBKs zum regierenden Land, nämlich: keine Festlegung in der politischen Führung des Landes.

Änderung des Wahlgesetzes

Im August 2016 brachte der Minister für territoriale Angelegenheiten den Entwurf einer Gesetzesänderung in die Nationalversammlung ein, um die Wahlprozesse mit den Bestimmungen des Friedensabkommens in Einklang zu bringen. Einer dieser Vorschläge sah vor, die Voraussetzungen für potentielle Bewerber auf dieses Amt zu ändern. Hiernach sollte ein Präsidentschaftskandidat bei seiner Kandidatur eine Kaution von 35 Mio. FCFA (ca. 53.000 EUR) hinterlegen und die Bestätigung durch insgesamt 15 Abgeordnete des Nationalparlaments und fünf Kommunalräte vorweisen.

Nicht nur für die Oppositions-, sondern auch für die Regierungsparteien, die mit dem malischen Präsidenten eine Mehrheitsallianz geschlossen haben, wurde dieser Vorschlag unerträglich. Hitzige Debatten über die Änderungsvorschläge manifestierten die schweren politischen Auseinandersetzungen, denen Austritte von Mitgliedern der Mehrheitsallianz folgten. Das immer noch auf Konsens und Ausgleich bedachte Mali fand sich in der Politik IBKs nicht mehr wieder. Die Voraussetzungen, sich auf das Amt des Präsidenten zu bewerben, waren zu hart; insbesondere für Kandidaten kleinerer Parteien wirkte der Vorschlag diskriminierend und keineswegs auf Chancengleichheit bedacht. Er stellte für viele potentielle Kandidaten ein unüberwindbares Hindernis dar, insbesondere für Kandidaten aus dem Norden. Zum besseren Verständnis: Die neu geschaffenen Regionen Taoudéni im Norden und Ménaka im Osten des Landes verfügen weder über eine Kommunalstruktur noch über Kommunalräte. Aus diesem Grund ist es fast unmöglich, diese Voraussetzung für die Präsidentschaftskandidatur zu erfüllen. In Taoudéni, der nördlichsten Region Malis, gibt es lediglich eine Kommune und noch keine gewählten Kommunalräte. Die im Rahmen des Friedensabkommens vorgesehenen Übergangsräte (die sog. Autorités intérimaires), die in jenen Teilen des Landes übergangsweise die Kommunalverwaltungen substituieren sollen, in denen keine funktionierende Verwaltungsstruktur vorhanden ist, können die im Wahlgesetz vorgesehenen Kommunalräte nicht ersetzen. Sie sind keine gewählten Vertreter.

Nach intensivem Hin und Her wurde dieser eingebrachte Gesetzentwurf am 09.09.2016 mit der notwendigen Parlamentsmehrheit verabschiedet, womit die Debatte über insgesamt 138 Änderungsvorschläge beendet und das alte Wahlgesetz ausnahmslos außer Kraft gesetzt wurde. Für die Präsidentschaftskandidaten wurde nunmehr die Kaution auf 25 Mio. FCFA heruntergesetzt und die Zahl der den Präsidentschaftskandidaten unterstützenden Parlamentarier auf 10 festgesetzt. Darüber hinaus enthält das neue Gesetz folgende Neuerungen: im Bereich der Geschlechtergleichstellung sieht es vor, dass eine Kandidatenliste nicht mehr als 70% Männer oder Frauen enthalten darf, was ad hoc die Suche nach geeigneten Kandidatinnen erschweren wird, denn die malischen Frauen sind nicht auf die Übernahme von Ämtern in der Politik vorbereitet. Darüber hinaus verbietet das neue Gesetz jegliche Wahlkampagne an religiösen Orten. Diese Änderung ist eine Konsequenz aus dem Verhalten des Präsidenten IBK, der sich im Präsidentschaftswahlkampf 2013 einflussreicher Imame des Landes bediente und dadurch viele Stimmen für sich gewinnen konnte. Darüber hinaus verbietet das neue Wahlgesetz Städten und Gemeinden, politische Wahlwerbung für einen Kandidaten zu machen; hierunter fällt auch das Verbot einer sonstigen Bevorzugung. Dieses Gesetz trägt dem notwendigen Gebot der Neutralität von öffentlichen Verwaltungen in Wahlzeiten Rechnung.

Einige Juristen in Mali halten nun das Dekret, welches auf der Grundlage des alten Wahlgesetzes das Wahlkollegium für die Kommunalwahlen am 20.11.2016 einberufen hat, für gesetzeswidrig. Sie geben an, dass sich das Dekret auf das vorherige und für außer Kraft gesetzte Wahlgesetz beziehe und stellen die daher die Frage: Entfaltet das neue Wahlgesetz Rückwirkungskraft auf die Einberufung des Wahlkollegiums, welches für die Kommunalwahlen am 20.11.2016 auf der Grundlage des alten Wahlgesetzes einberufen wurde? Dieser Streit bleibt wohl nur juristische Polemik, denn keiner wird aufgrund eines diesbezüglichen „Mangels“ nochmals den Wahltermin verschieben.

Allerdings scheint ein anderes juristisches Problem das Wahlgesetz kippen zu können. Zwei Parteien, die ADP-Maliba und die SADI-Partei haben gegen das neue Wahlgesetz eine Verfassungsklage eingereicht. Zum einen beklagen sie die Unvereinbarkeit des verabschiedeten Wahlgesetzes mit dem Protokoll der ECOWAS/CEDEAO; dieses sieht vor, dass in einem Zeitraum von weniger als sechs Monaten vor einer Wahl das Wahlgesetz nicht geändert werden darf. Andererseits berufen sie sich auch darauf, dass bei der Wahl über das Gesetz im Abgeordnetenhaus gegen die Geschäftsordnung verstoßen wurde. Diese sieht vor, dass ein Gesetzesentwurf von den Abgeordneten vor der Abstimmung debattiert werden muss. Wie auch immer der Streit ausgehen mag – die Anrufung des Gerichts verpflichtet den Präsidenten Malis, das Gesetz nicht bekannt zu machen.

Mittlerweile haben die Wahlvorbereitungen für den 20.11.2016 begonnen, obgleich einige Pessimisten diesen Wahltermin nicht für realistisch halten. Tatsache ist, dass die Wahlen nur in Teilen des Landes durchgeführt werden können. In den nördlichen Regionen, in denen Übergangsverwaltungen die Kommunalwahlen vorbereiten sollen, wartet man auf deren Einsetzung.

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