Die Kraft der Freiheit, die Demokratie, der Rechtsstaat und die Soziale Marktwirtschaft – diese Leitlinien seien in Deutschland und Europa stärker als jede Ideologie und jeder Nationalismus gewesen, betonte in seiner Einführung Prof. Rüttgers, Vorsitzender des Kuratoriums der Stiftung Bundeskanzler-Adenauer-Haus, und hob im Jubiläumsjahr des Grundgesetzes die Errungenschaften von der Gründung der Bundesrepublik Deutschland 1949 und der Friedlichen Revolution 1989 hervor. Doch mittlerweile stelle sich durchaus die Frage: Wie sieht unser politisches System am Ende des Jahres 2019 aus? Wie erreichen wir stabile Mehrheiten in unseren Parlamenten? Wir dürften uns nicht damit abfinden, aus liberalen Demokratien illiberale zu machen, in denen Rechtsstaat und Gewaltenteilung politischen Entscheidungen nicht mehr vorgelagert, sondern einer politischen Meinung untergeordnet seien. Die politischen Parteien seien in einer schweren Krise. Rüttgers bilanziert: „Wir alle haben die Verpflichtung dafür zu sorgen, dass es bei der Europawahl eine hohe Wahlbeteiligung gibt.“ Mit klaren Entscheidungen müssten die Volksparteien ihr Profil schärfen und Alternativen zur Wahl stellen.
70 Jahre Bundesrepublik Deutschland – keine übermäßig lange Zeit, aber doch länger als die drei vorhergehenden politischen Systeme zusammen gehabt haben. Nicht nur daran erinnerte in seiner Festrede Prof. Dr. Norbert Lammert, Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, sondern auch an die Gründung der DDR vor 70 Jahren, die aber nicht mehr existiere, weil vor 30 Jahren die einzige frei gewählte Volkskammer den einzigartigen Beschluss gefasst habe, dem Geltungsbereich des Grundgesetzes beizutreten.
Immer wieder betonte Lammert, dass der Erfolg des Grundgesetzes gewiss nicht selbstverständlich ist. Es habe eine Überzeugungskraft entwickelt, in dessen Rahmen auch die deutsche Einheit möglich wurde; heute gelte das Grundgesetz als Referenzmodell für junge Demokratien. Dabei werde jedoch schnell vergessen, dass die 61 Verfassungsväter und vier -mütter nicht die damals beste Verfassung kopiert, sondern eine neue entwickelt hätten, die unter Einbeziehung der eigenen Geschichte, des Scheiterns und der Errungenschaften auf das Land und die Menschen zugeschnitten wurde. In acht Monaten und acht Tagen wurde die Vorgabe der Alliierten bewältigt, demokratische und föderale Prinzipien, eine die Einheit wiederherstellbare Verfassung mit angemessener Zentralinstanz und Garantien individueller Rechte und Freiheiten zu verabschieden. 2019 biete zudem auch Anlass darüber nachzudenken, warum die kaum weniger eindrucksvoll zu lesende Verfassung der Weimarer Republik deren Untergang nach nur 14 Jahren nicht verhindern konnte.
Lammert machte außerdem aufmerksam, dass es heute vermehrt Zweifel an der Repräsentativverfassung gebe. Die Konzentration auf das eigene Land nehme zu und die Bereitschaft ab, in einer gründlich veränderten Welt durch geteilte Souveränität einen Einfluss auf die Gestaltungsmöglichkeiten zu erhalten. Nur 6,8 Prozent der Weltbevölkerung stelle Europa; die Welt warte nicht auf unser Modell. Wie können wir unsere Überzeugungen aber dennoch in die Welt tragen? „Wir können es entweder gemeinsam, oder wir können es sicher nicht", erklärte Lammert. Allen auf den Nationalstaat fixierten Bestrebungen erteilte er eine deutliche Absage.
Ohne die im politischen Jargon gängige Bedeutungsbehauptung, die nächste Wahl sei die wichtigste, inflationär gebrauchen zu wollen, mahnte Lammert eindringlich an, uns auf politische Betriebstemperatur für den Europawahlkampf zu bringen. Diese Wahl sei nicht weniger entscheidend als Kommunal-, Landtags- und Bundestagswahlen, wenn es nicht nur in den nächsten fünf Jahren, sondern überhaupt noch Entwicklungsmöglichkeiten für die Europäische Union geben soll.
Den Deutschen komme quantitativ und qualitativ eine besondere Verantwortung zu; und hier schließe sich auch wieder der Kreis zum Grundgesetz und zur Stabilität politischer Systeme: Wer hätte vor 70 Jahre daran geglaubt, dass Deutschland wieder auf eigenen Füßen steht, prosperierend, wiedervereint im Einvernehmen mit unseren Nachbarn? Ein Wunder der Geschichte, die glücklicherweise zu unseren Lebzeiten stattgefunden hat. Und das keineswegs selbstverständlich ist. Mit den Worten Barack Obamas warnte Lammert: „Die Demokratie ist immer dann am meisten gefährdet, wenn die Menschen beginnen, sie für selbstverständlich zu halten.“ Heute sterben Demokratien nicht mehr durch Militärputsche, Bürgerkriege und externe militärische Angriffe, heute wird die Demokratie durch Wahlen gefährdet, deren Ergebnisse Gesetze ermöglichen, die die Unabhängigkeit der Justiz und die Meinungsfreiheit beschneiden. In einem aufrüttelnden Plädoyer rief Lammert den Gästen zu: „Das ist unser Land, unsere Demokratie. Für die sind wir verantwortlich – und wir, das heißt: Jeder einzelne von uns!“
Im Schlusswort rief Konrad Adenauer, Sprecher der Familie, dazu auf, den 5. Januar nicht nur als Geburts-, sondern auch als Gedenktag für die guten Jahrzehnte der Anfangszeit der Bundesrepublik Deutschland mit all ihren demokratischen Errungenschaften hochzuhalten und vom Rheinland als ein solches Erbe zu pflegen.
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