Tag 1
Zum Auftakt der hybrid organisierten Konferenz stand die Frage nach den gesellschaftlichen Veränderungen im Mittelpunkt. Als wichtigste Veränderung in der Medienlandschaft definierte Prof. Dr. Andreas Jungherr von der Universität Bamberg die Fragmentierung der Medienlandschaft sowie die zunehmende Delegitimierung des politischen Gegners. Zu beobachten sein auch, dass es insgesamt mehr Sendezeit für Politik gebe, da die mediale Bedeutung von politischen Persönlichkeiten und Fokus-Ereignissen (z.B. Umweltkatastrophen) wachse.
Einen Ansatzpunkt für die politische Kommunikation fügte Laura Krause von More in Common der Diskussion hinzu, indem sie die Gesellschaft in sechs sozialpsychologische Typen clusterte: Die Offenen, die Involvierten, die Etablierten, die Pragmatischen, die Enttäuschten und die Wütenden. Eine große gesellschaftspolitische Herausforderung skizzierte Josephine Ballon von HateAid mit ihrem Impuls zu „Digitaler Gewalt“. Anhand von Statistiken zeigte sie die Konsequenzen der aktuellen Rahmenbedingungen auf: 5% der User sei für 50% der Likes unter Hasskommentaren verantwortlich; 54% der Internetnutzenden traue sich nicht mehr ihre politische Meinung im Netz zu sagen; 19 % der Kommunalpolitiker habe schon aus Sorge um sich oder die Familie über einen Rückzug aus der Politik nachgedacht.
Im zweiten Teil des ersten Konferenztages diskutierten die Referentinnen und Referenten über die Lessons Learned aus dem Superwahljahr 2021: Startpunkt war der Rückblick von CDU-Bundesgeschäftsführer Dr. Stefan Hennewig auf die Bundestagswahl-Kampagne der CDU. Ergänzt wurde die Rückschau von CDU-Landesgeschäftsführer Christian Meyer, der über die Erfolgsfaktoren bei der Kommunalwahl in Niedersachsen berichtete, sowie von Kampagnenmanager Christian Zinke, der Einblick in die Sieger-Kampagne der Landtagswahl in Sachsen-Anhalt gab.
Juri Schnöller wies in seinem Vortrag darauf hin, dass der derzeitige Bundestag der jüngste überhaupt sei und dass dies einen Wandel der politischen Kommunikationskultur nach sich ziehen werde. Der richtige Umgang mit digitalen Medien müsse entlang von drei Bereichen entwickelt werden: Werte & Ethik, Strukturen & Know-How, Regeln und Gesetze. Zu dem Trend des Negative Campaigning erklärte Simon Kruschinski von der Universität Mainz, dass mit dieser Methode zwar Wähler mobilisiert und Aufmerksamkeit erzeugt werden könne, langfristig dadurch aber das Vertrauen in politische Institutionen sinke.
Tag 2
Der zweite Tag begann mit einem inspirierenden Vortrag über die Bedeutung von Kommunikation für die Demokratie-Bewegung in Belarus. In seiner Präsentation zeigte Franak Viacorka, Senior Adviser der Oppositionsführerin Sviatlana Tsikhanouskaya, wie das Narrativ der Demokratiebewegung als zentrales Element der Kommunikation auch gegen die staatliche Unterdrückung durchgetragen werden kann. Wichtig seien Persönlichkeiten bzw. „Helden“, Emotionen und klare Botschaften. Um die Botschaften ausliefern zu können, brauche es Dynamik und Bewegung, die Festlegung eines Anfangspunkts und eines Ziels sowie eine klare Definition der Kommunikationskanäle. Prof. Dr. Marko Skoric von der City University of Hongkong knüpfte an diese Botschaft an und zeigte auf, dass das Digitale keineswegs nur zur Gewinnung von Öffentlichkeit genutzt werde. Ganz im Gegenteil: Immer häufiger würden Menschen in geschlossenen Räumen kommunizieren, um nicht belästigt, beobachtet oder zensiert zu werden.
Im zweiten Teil des zweiten Konferenztages ging es um gesellschaftliche Vielfalt und die Ansprache neuer Zielgruppen. Ileana Grabitz von Zeit Online stellte das Projekt „Die 49“ vor, bei dem die deutsche Gesellschaft abgebildet wird. Sophie Petschenka von der Konrad-Adenauer-Stiftung sprach über das Twitch-Format „Games & Politics“ mit dem inzwischen mehr als 250.000 Menschen erreicht wurden. Anne-Kathrin Gerstlauer machte deutlich, dass sich junge Menschen durchaus für Politik interessieren, nur eben nicht im klassischen Sinne über Parteizugehörigkeit.
Nach der Mittagspause richtete sich der Blick auf die in 2022 anstehenden Wahlen in den USA und in Frankreich. Pascal Thibaut vom Radio France International stellte die potentiellen französischen Präsidentschaftskandidaten vor und wies insbesondere auf Eric Zemmour hin, mit dem das rechtspopulistische Lager einen weiteren starken Kandidaten ins Rennen schickt. Allerdings machte Thibaut ebenfalls deutlich, dass er eine Wiederwahl Macrons für den wahrscheinlichsten Ausgang der Wahlen hält. Im Anschluss sprach Kristen Soltis Anderson von Echelon Insights über die anstehenden Midterms in den USA und insbesondere über die Polarisierung der amerikanischen Gesellschaft. Dazu teilte sie eine Reihe von Beobachtungen: Die Gesellschaft sei nicht entlang unterschiedlicher Meinungen polarisiert, sondern weil man die andere Partei schlichtweg als Bedrohung ansehe. Da aufgrund der soziodemographischen Teilung des Landes kaum Orte für Begegnung zur Verfügung ständen, vertiefe sich die Ablehnung des politisch Andersdenkenden zu einer kaum überwindbaren Polarisierung.
Weitere Videos der IKPK finden Sie auf Twitter unter @politsnack_KAS und #IKPK21.
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