Doch wie soll das genau ablaufen? Nachdem das Parlament ein Gesetz verabschiedet hat, erklärte Patzelt, sollen innerhalb einer bestimmten Frist Unterschriften gesammelt werden können. Kommt eine notwendige Anzahl an Stimmen zusammen, findet eine Volksabstimmung statt, bei der gefragt wird, ob das Gesetz wie geplant in Kraft treten soll oder nicht.
Patzelt erhofft sich von seinem Vorschlag vor allem eines: eine „erzieherische Wirkung“, weil so ein Element den politischen Diskurs umstrukturiere. Die Opposition kann nicht mehr nur kritisieren, sondern muss in den konstruktiven Diskurs eintreten, weil sie darauf angewiesen ist, eigene Mehrheiten herzustellen. „Sie muss den Wahrheitsbeweis antreten, ob ihre Argumente stimmen. Empörung allein reicht nicht mehr aus“, so Patzelt, der noch weitere segensreiche Auswirkungen in seiner Idee sieht. Mit dem Volk als „Appellationsinstanz“ kann eine Regierung - und sei sie mit noch so großer Mehrheit ausgestattet - nicht mehr durchregieren. Und: „Am Ende eines Gesetzgebungsverfahrens steht nicht mehr so wie heute oft das Bundesverfassungsgericht, sondern der Wille des Bürgers“, so Patzelt.
Freilich, es gibt keinen Masterplan wie es gelingen kann Bürgerbeteiligung neu zu organisieren. Und trotzdem scheint es lohendwert sich näher mit Patzelts Idee auseinanderzusetzen, sind doch die bisherigen eher punktuellen Beteiligungsmöglichkeiten zwar schön und gut. Offenkundig führen sie aber nicht zu der gewünschten, breiten und dringend notwendigen Wiederbelebung demokratischer Kultur in Deutschland. Vielmehr sind sie Kanal für gut organisierte Partikularinteressen, wie Patzlets Mitdiskutant, Sebastian Turner, anmerkte. Er beobachtet dort ein „Ausfransen der Demokratie“, wo schlecht organisierte aber berechtigte Interessen der Allgemeinheit in den Hintergrund rücken. Als Beispiel nannte er die Diskussion um den Lärmschutz am neuen Flughafen Berlins. Diese werde vor allem von dort ansässigen Juristen befeuert. Von einer Bürgerbewegung im eigentlichen Sinne könne nicht die Rede sein.
Liegt genau darin nicht die Gefahr in Patzelts Vorschlag? Was ist, wenn es einzelnen Akteuren gelingt, die Öffentlichkeit für sich zu instrumentalisieren und ein gesetzaufhebendes Gesetzesreferendum zu erzwingen? Paul Ziemiak warnte, dass es so in der Vergangenheit vermutlich nie zur EU-Osterweiterung oder der Einführung des Euro wohl aber zur Abschaffung des Tempolimits auf Autobahnen gekommen wäre. Er zeigte sich grundsätzlich aufgeschlossen, wenn es um neue plebiszitäre Elemente geht. Allerdings müsse sichergestellt sein, dass es nicht „zu einer Zwei-Klassen-Gesellschaft bei Gesetzen kommt“, so der JU-Vorsitzende. Auch zukünftig müssten sich die Resultate der Gesetzgebung an ihrer Notwendigkeit ausrichten.
Neben Patzelts Idee gab es viel Altbekanntes dazu, wie es gelingen kann, die Menschen zurück an die Wahlurne zu bringen und die demokratische Kultur zu stärken. Politik müsse wieder etwas sein, was wertgeschätzt werde, es brauche eine neue Streitkultur und mehr politische Bildung. Außerdem müsse sich das schlechte Image einer Parteimitgliedschaft ändern, damit sich die Basis des politischen Personals deutlich vergrößere.
Der Tag der Konrad-Adenauer-Stiftung wird am Donnerstag mit einem „adenauer_lab“ unter dem Motto „Demokratie braucht politische Debatte” fortgesetzt. Am Nachmittag wird der FDP-Bundesvorsitzende Christian Lindner eine Grundsatzrede halten. Über beide Events werden wir auf www.kas.de berichten.
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