Trumps Handelspolitik
„Zölle“ sei eines der schönsten Wörter der englischen Sprache, stellte Donald Trump im Wahlkampf fest. Für ihn sind Abgaben auf Importe in die USA eine Lösung für viele Probleme: Er will damit Handelsdefizite reduzieren, zusätzliche Einnahmen generieren, um die Einkommenssteuer zu senken, die Produktion in den USA ankurbeln und andere Länder generell unter Druck setzen – auch, wenn es nicht um Handelsfragen geht. So drohte er Mexiko und Kanada mit höheren Zöllen, wenn sie nicht den Zustrom von Einwanderern und Drogen in die USA stoppen.
Hohe Zölle sind auch ein zentrales Werkzeug von Trumps Chinapolitik, um das Land zu fairen Handelsbeziehungen zu zwingen und dessen Einfluss im Pazifikraum zu begrenzen. Unternehmen sollen durch Zölle dazu bewegt werden, mehr in den USA zu investieren und zu produzieren. So sagte Trump in seiner Botschaft an das Weltwirtschaftsforum in Davos, wer seine Produkte in Amerika herstelle, bekomme die niedrigsten Steuern der Welt. Wer das nicht wolle, müsse Zoll bezahlen. Die Einnahmen in Milliardenhöhe würden die Wirtschaft stärken und Schulden abbauen.
Während Trump gleich nach seinem Amtsantritt viele und teilweise weitreichende Entscheidungen verkündete, sind die Zoll-Drohungen bislang noch nicht in die Tat umgesetzt – die ersten „Executive Orders“ des Präsidenten zu dem Thema waren Prüfaufträge an die eigenen Ministerien. Welche Rolle Zölle als außenpolitisches Druckmittel spielen können, war aber bereits Ende vergangener Woche zu sehen: Nachdem Kolumbien sich geweigert hatte, amerikanische Militärflugzeuge mit zurückkehrenden, illegalen Einwanderern landen zu lassen, verhängte Trump Strafzölle von 25 Prozent. Sie führten dazu, dass Kolumbien in kurzer Zeit einlenkte.
Trumps Zollpolitik zeigt bislang zwei Seiten: Einerseits die schnelle, strafende Reaktion, andererseits die vorsichtige Abwägung von Ursache und Wirkung. Ein Grund dafür sind die unterschiedlichen Sichtweisen in seinem Beraterstab, wie Zölle erfolgreich eingesetzt werden können. Einige der Ämter müssen noch vom Senat bestätigt werden.
Howard Lutnick, Wirtschaftsminister
Lutnick gilt an der Wall Street als "knallharter Händler". Er war Geschäftsführer von Cantor Fitzgerald, einem Finanzdienstleister spezialisiert auf Staatsanleihen. Das Unternehmen hatte seine Büros im World Trade Center und verlor viele seiner Händler bei dem Anschlag vom 11. September 2001, darunter auch Lutnicks Bruder. Nach Trumps Wahlsieg übernahm er die Führung des Übergangsteams, das die Regierungsbildung vorbereitete und erste Personalentscheidungen traf. Lutnick musste zwar auf den Posten des Finanzministers verzichten, dafür baute Trump seinen Verantwortungsbereich in Handelsfragen deutlich aus: Lutnick soll auch für das Büro des Handelsbeauftragten (USTR) verantwortlich sein.1 Damit wird Lutnick zu einem, wenn nicht dem zentralen Ansprechpartner in Zoll- und Handelsfragen. Er gilt auch als Unterstützer von Kryptowährungen, ein weiteres wichtiges Thema für Trump.
Jamieson Greer, U.S. Trade Representative (USTR)
Zu den Kernaufgaben dieses Amtes gehören sowohl direkte Verhandlungen mit anderen Regierungen über Handelsvereinbarungen und Handelskonflikte als auch Mitgliedschaften in internationalen Handelsorganisationen. Greer kennt das Büro bereits – er war in der letzten Trump-Regierung Chief of Staff des damaligen USTR Robert Lighthizer und damit bereits in Verhandlungen mit China, Kanada und Mexiko eingebunden. Als Lighthizers Schützling bringt der 44-Jährige somit einige Erfahrungen mit, die ihm insbesondere bei den anstehenden Gesprächen und ggfls. Neuverhandlungen des USA-Mexiko-Canada Agreements (USMCA) nützlich sein könnten.
Der gelernte Anwalt für internationales Handelsrecht sieht besonders Chinas Rolle im Welthandel kritisch. Er spricht sich zum Beispiel für bilaterale Handelsverträge mit anderen Ländern aus, um Chinas Einfluss zu reduzieren. Dazu könnten Verträge mit Großbritannien, Indien oder den Philippinen gehören.2 Gleichwohl bleibt abzuwarten, wie sich Greer mit der neuen Struktur des USTR als Lutnik „untergeordnete“ Behörde vertraut machen wird.
Scott Bessent, Finanzminister
Bessent galt lange als Trumps Favorit für das Amt. Er nannte ihn einen der „brillantesten Männer“ der Wall Street. Dort arbeitete er für verschiedene Investmentfirmen. Im Wahlkampf formulierte er für Trump eine „3-3-3-Strategie“: Das Wachstum auf 3 Prozent erhöhen, das
Haushaltsdefizit auf 3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts senken und die Energieproduktion der USA um drei Millionen Barrel Öl pro Tag erhöhen (oder der Gegenwert in anderen Brennstoffen).3 Nach der Wahl regte sich allerdings in Trumps Unterstützerkreisen Widerstand gegen seine Berufung: Zu den Kritikern gehörte auch Elon Musk, der Bessent als „business-as-usual“-Auswahl bezeichnete. Andere wiesen Trump darauf hin, dass Bessent einmal für George Soros gearbeitet hatte – der Investor ist in konservativen Kreisen als linker Strippenzieher verschrien.4 Sie brachten Howard Lutnick als Alternative ins Spiel, der jetzt Wirtschaftsminister wird. Berichten zufolge verzögerte der Gegenwind Trumps Entscheidung, bis er sich am Ende doch für Bessent entschied. In seiner Nominierungsanhörung im Senat sagte dieser, Trumps Zölle hätten drei Ziele: Gegen „unfaire Handelspraktiken“ anderer Länder vorgehen, Einnahmen erzeugen und als Verhandlungsmittel auch in Nichthandels-Fragen dienen. Er sprach sich für weitere Sanktionen gegen Russland aus – wenn Trump die Idee unterstütze.5
Kevin Hassett, Vorsitzender, National Economic Council
Hassett hat Trump in der Vergangenheit bereits in wirtschaftspolitischen Fragen beraten: In der ersten Trump-Amtszeit war er Vorsitzender des „Council of Economic Advisers“, ein Expertengremium im Weißen Haus. Jetzt ist sein Einfluss größer geworden, denn er führt das „National Economic Council”, das die Wirtschaftspolitik der US-Regierung koordiniert. Unter Trumps vielen wirtschaftspolitischen Beratern wird Hassett – u.a. mit Finanzminister Bessett – dem Lager zugerechnet, das vorsichtiger mit Zöllen umgehen möchte, um die Märkte nicht zu verschrecken und die Inflation nicht anzuheizen.6 Hassett hat in der Vergangenheit schon mehrere republikanische Präsidentschaftskandidaten beraten, so zum Beispiel George W. Bush im Jahr 2004, John McCain im Jahr 2008 und Mitt Romney im Jahr 2012. In diesen Rollen setzte er sich für niedrigere Unternehmenssteuern ein. Gleichzeitig eckte er vor acht Jahren in Trumps MAGA-Welt an, weil er sich in der Vergangenheit für mehr Einwanderung eingesetzt hatte.7
Peter Navarro, Senior Counselor für Handel und Produktion
Navarro war bereits in Trumps erster Amtszeit ein wichtiger Berater und öffentlicher Vertreter der Handelspolitik. Trump begründete die Berufung als „Senior Counselor“ damit, die Position nutze Navarros weitreichende Erfahrung im Weißen Haus, seine politische Analysefähigkeiten und seine Medienerfahrung. Er soll die Pläne für Produktion, Zölle und Handel voranbringen und kommunizieren. Navarro berät Trump schon lange in Handelsfragen; in der ersten Amtszeit war er im Weißen Haus tätig, unter anderem als Direktor des "Office of Trade and Manufacturing Policy". Zuvor lehrte er als Wirtschaftsprofessor und machte sich als Chinakritiker einen Namen. Im vergangenen Jahr musste er für mehrere Monate ins Gefängnis, weil er sich einer Vorladung des Kongresses widersetzt hatte. Der Untersuchungsausschuss zum Sturm auf das Kapitol am 6. Januar 2021 hatte ihn vernehmen wollen.8 Navarro gehört zu den Trump-Beratern, die für Protektionismus und strenge Zölle argumentieren. Nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis veröffentlichte der Harvard-Absolvent mit dem Buch „The New Maga Deal“ im Sommer 2024 ein, wie er selbst schreibt, nicht offizielles Handbuch zu Donalds Trumps Regierungsprogramm, das in weiten Teilen jedoch sehr deutlich die Konturen dessen umschreibt, was nun umgesetzt wird.
Stephen Miran, Vorsitzender, Council of Economic Advisers
Miran hat einen Doktor in Wirtschaftswissenschaften aus Harvard. Er war in der ersten Trump-Regierung Wirtschaftsberater im Finanzministerium. Anschließend arbeitete er für eine Investmentfirma und das Manhattan-Institut. Miran hat sich einen Namen gemacht als Kritiker der Zentralbank, deren Unabhängigkeit er in Frage gestellt hat. In einer seiner Analysen argumentierte er, dass die Zölle der USA unter dem „optimalen Level“ seien, um Wohlfahrt und Staatseinnahmen zu maximieren. Miran argumentiert, dass in einem Handelskrieg der Dollar an Wert gewinnen würde und damit schädliche Effekte für Konsumenten ausgeglichen werden würden.9 Die Schwächung der Währungen von Exportländern würde dazu führen, dass diese am Ende die Kosten der Zölle tragen würden. Miran liefert damit eine Argumentation, warum Trumps Zollpläne wirtschaftspolitisch sinnvoll sein könnten. Das „Council of Economic Advisers“ hat eine beratende Funktion und gilt als Wirtschafts-Think-Tank im Weißen Haus.
1 https://www.nytimes.com/2025/01/10/business/economy/trump-economic-advisers-bessent.html
2 https://perkinscoie.com/insights/update/international-trade-and-national-security-policy-under-trump-20#hl
3 https://www.nytimes.com/2024/12/13/business/trump-bessent-economic-strategy.html
4 https://www.wsj.com/politics/how-scott-bessent-won-the-knife-fight-to-be-trumps-treasury-secretary-a0e5ce33?mod=article_inline
5 https://www.wsj.com/politics/policy/scott-bessent-trump-treasury-confirmation-hearing-e3a230b5
6 https://www.politico.com/news/2025/01/24/trump-tariffs-trade-policy-00006551
7 https://www.nytimes.com/2025/01/10/business/economy/trump-economic-advisers-bessent.html
8 https://www.cbsnews.com/news/peter-navarro-trade-counsel-trump/
9 https://www.politico.com/newsletters/morning-money/2025/01/06/why-stephen-miran-thinks-tariffs-can-work-00196532