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Diese Alltagswelt ist gekennzeichnet durch veränderte Erziehungsstile, einen neuen Stellenwert des Kindes in den Familien und bisher unbekannten Wohlstand. Die verbesserten materiellen Lebensverhältnisse in der Mehrzahl der Familien haben zum einen größere Mengen von Spielzeug und Markenkleidung, eine stärkere Nutzung von Freizeitangeboten und ein verändertes Ernährungsverhalten in Form von Fastfood zur Folge, zum anderen führen sie zu einer immer umfangreicheren Ausstattung des Kindes mit elektronischen Medien wie Handy, Computer und TV. Dieser zunehmenden Kommerzialisierung der Kindheit steht eine gesellschaftliche Erwartungshaltung an Erziehung gegenüber, die Eltern vor große Herausforderungen stellt.
Während sich Erziehung an immateriellen Werten orientiert, ist der Lebensalltag von Kindern kommerzialisiert: „Der hauptsächliche Wandel der Kindheit im 20. Jahrhundert ist nicht der zur Reformpädagogik, sondern der zur kommerziellen Kindheit” (vgl. den Beitrag von Oelkers in diesem Band). Dieser Wandel trägt entscheidend zur Verunsicherung der Eltern hinsichtlich der richtigen Erziehung bei. Wie groß die Verunsicherung der Eltern ist, zeigt die Flut an Erziehungsratgebern, die mit ihren unterschiedlichen Konzepten, Erziehungsphilosophien und -rezepten diese Verunsicherung aber nicht mindern, sondern eher noch verfestigen.
Eltern befinden sich im Alltag daher häufig in einer Double-bind-Situation. Einerseits ermöglichen Eltern in ihrem Bestreben, nur das Beste für ihr Kind zu wollen, den Zugang zu Konsumgütern, die Kinder- und Jugendwelten maßgeblich prägen. Andererseits erkennen sie aber zunehmend, dass die Ermöglichung von Konsumteilnahme oft nicht mit den gesellschaftlichen Erwartungen an Erziehung vereinbar ist (Bedürfnisaufschub, Leistungsaskese, gesundheitsförderliches Verhalten). „Sie müssen bekämpfen, was sie befördern, oder negieren, was den Alltag ausmacht” (ebd.). Diese Ambivalenzen spiegeln sich in den folgenden Beiträgen wider, die den Einfluss von Konsum und Medien im Alltag der Kinder und Jugendlichen in seiner Vielschichtigkeit darlegen.
- Eltern erleben heute eine zunehmende Diskrepanz zwischen pädagogischen Ansprüchen und der Alltagswelt von Kindern und Eltern
- Konsum und Medien sind keine Größen, die aus der Kindheit wieder verschwinden werden. Sie nehmen zukünftig noch eine größere Rolle ein in der Kindheit und Jugend.
- Eltern erfahren ein Erziehungsparadoxon: Sie ermöglichen ihren Kindern Konsum und Medien, müssen im Alltag die Erfahrung machen, dass sie diese kaum begrenzen können.
- Mit der Kommerzialisierung der Kindheit schwinden die Grenzen zwischen Kindern/Jugendlichen und Erwachsenen.
- Eltern erleben einen zunehmenden Kontrollverlust durch den Medienkonsum ihrer Kinder.
- Kinder wollen nicht nur gefördert, sondern auch gefordert werden.
- Medienpädagogische Ratschläge sind kaum alltagstauglich.
Inhalt
7 | VORWORT
9 | EINLEITUNG
Aufwachsen mit Konsum und Medien als Herausforderung für die heutige Erziehung
Christine Henry-Huthmacher
17 | KONSUMWELT UND VERÄNDERTE KINDHEIT
18 | KINDER UND KONSUM
Gerlinde Unverzagt
27 | DIE VERÄNDERUNGEN DER KINDHEIT
Wilhelm Haumann
36 | DIE EVENTISIERTE KINDHEIT
Verändertes Verständnis vom Kind und seine Folgen
Marie-Luise Lewicki
43 | ERZIEHUNG ALS VERHANDLUNG
Jürgen Oelkers
58 | KINDER VON HEUTE ALTERN FRÜHER
Susanne Gaschke
65 | MANGEL IM ÜBERFLUSS
Das Problem des Mithaltens der Jungen Menschen in benachteiligten Familien
Gerda Holz | Claudia Laubstein
77 | GESUNDHEIT IN ZEITEN VON KONSUM UND MEDIEN
78 | AUSWIRKUNGEN VON AN KINDER GERICHTETE TV-WERBUNG FÜR UNGESUNDE NAHRUNGSMITTEL
Manfred Spitzer
88 | NUTZUNGSMUSTER ELEKTRONISCHER MEDIEN UND ZUSAMMENHÄNGE MIT DER GESUNDHEIT VON KINDERN UND JUGENDLICHEN
Robert Schlack
101 | IM VISIER DER LEBENSMITTELINDUSTRIE: KLEINKINDER BIS DREI JAHRE
Ulrike Becker | Angela Clausen | Gabriele Graf
111 | MEDIENWELT UND SOZIALISIATION
112 | MEDIENNUTZUNG: DAUERKONFLIKTE ZWISCHEN KINDERN UND ELTERN
Wilhelm Haumann
121 | DIE FASZINATION DER TV-WELTEN UND DAS DILEMMA DER SCHULE
Joachim Kutschke
132 | WIR „UNHEIMLICHEN” ERZIEHER
Das Unterhaltungsfernsehen als Wertevermittler
Wolf Bauer
138 | SOZIALE NETZWERKE ALS NEUER RAUM DER SOZIALISATION?
Thomas Rathgeb
147 | WAS WIRD HIER GESPIELT?
Computerspiele und aggressives VerhaltenPaul L. Plener | Jörg M. Fegert
157 | GLOSSE
Über Jungs mit Abitur, aber ohne Energie: „Es ist so, als ob jemand den Stecker herausgezogen hätte.”
Harald Martenstein
159 | MIT DISZIPLIN UND LEISTUNGSDRUCK
Inge Kloepfer
171 | PERSPEKTIVWECHSEL
172 | FAULE ELTERN – GLÜCKLICHE FAMILIE
Elisabeth Hoffmann
181 | HERAUSGEBERINNEN, AUTORINNEN UND AUTOREN
183 | ANSPRECHPARTNERINNEN IN DER KONRAD-ADENAUER-STIFTUNG