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11. Nationalkonferenz der Union Demokratischer Kräfte - Kongress der Demokratischen Partei

Автор: Josef Gruber

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11. Nationalkonferenz der Union Demokratischer Kräfte

Der Jahresbeginn 2000 ist durch eine fieberhafte Aktivität aller im Parlament vertretenen Parteien in Bulgarien gekennzeichnet. Im Januar fand die Nationalkonferenz der Bewegung für Rechte und Freiheiten (BRF) statt, im Februar der Kongress der Demokratischen Partei (DP), für März ist der Parteitag der Bulgarischen Sozialistischen Partei (BSP) angesetzt. In diese Serie fügt sich auch die Nationalkonferenz der stärksten Kraft innerhalb des Regierungsbündnisses "Vereinigte Demokratische Kräfte" (VDK) - der "Union Demokratischer Kräfte" (UDK) - ein, zu der rund 4500 Delegierte am 26.und 27. Februar im Sofioter Kulturpalast zusammenkamen.

Seit den Kommunalwahlen vom Herbst 1999, bei denen das Abschneiden der UDK unter den Erwartungen blieb, waren in der Partei eine gewisse Unruhe und Nervosität spürbar. Mit dem höchsten Parteiforum verband man daher vor allem Hoffnungen auf Wege und Möglichkeiten, um verlorenes Wählervertrauen wiederherzustellen, besonders im Hinblick auf die Parlamentswahlen 2001.

Die Konferenz wurde mit einem Grußwort von Staatspräsident Petar Stojanov, , selbst ein UDK-Exponent, eröffnet, der in seiner Rede auf die Erfolge der Regierung seit 1997 verwies und gleichzeitig die Frage nach der gesunkenen Popularität der UDK aufwarf. Die einfachste Antwort für den Ansehensverlust der Union sei seines Erachtens der große soziale Preis der Reformen. Aber das sei nur die halbe Anwort.

Es müßten auch interne Probleme der UDK auf der Konferenz diskutiert werden, um das Vertrauen der Menschen zurückzugewinnen.

Der UDK-Vorsitzende Iwan Kostov stellte seinen insgesamt sehr (selbst)kritischen Bericht "über das politische Verhalten, den Organisationszustand, die Kommunalwahlen und die Vorbereitung der Parlamentswahlen 2001" vor, als dessen Autor interessanterweise ein Parteiausschuß und nicht Kostov selbst verantwortlich zeichnete. Kostov verwies zunächst auf die bislang erfolgreiche Umsetzung des Regierungsprogramms, trotz widriger äußerer Umstände wie die Kosovo-Krise. Diese Reformbemühungen müßten allerdings fortgeführt werden, das Regierungsprogramm sei nicht erfüllt. Der Vertrauensverlust der UDK sei am einfachsten damit zu beantworten, daß die Lebensbedingungen der Menschen zwar viel besser als 1997 seien, aber dennoch insgesamt unbefriedigend. Es gebe aber weitere Gründe.

Die UDK habe es nicht geschafft, der Bevölkerung ihre Programme und Absichten in leicht verständlicher Form zu erläutern und ihr klar zu machen, daß der Regierungskurs letztlich alternativlos ist. Die Ergebnisse der UDK bei den Kommunalwahlen seien zwar unter den Erwartungen geblieben, es sei aber in der Öffentlichkeit der falsche Eindruck entstanden, die Union hätte sie verloren, was nicht zutreffe. Bei weitem nicht alle Unionspolitiker in leitenden Positionen hätten die erforderlichen Führungsqualitäten an den Tag gelegt. Nachdrücklich unterstützt wurden die eindringlichen Appelle Kostovs, die korrumpierten Politiker aus den Reihen der UDK zu entfernen und die Klientelwirtschaft zu unterbinden. In den Parteistrukturen gebe es noch viele Spannungen, die sehr schwer beizulegen sind. Hier sind neue Mechanismen zur Konfliktbewältigung nötig.

Darüber hinaus sei es angebracht, administrative Funktionen und Parteiämter strikt zu trennen, um dem Vorwurf der Machtkonzentration zu entgehen. Im Hinblick auf die Wahlen 2001 gebe es keinen Widerspruch zwischen den Grundsatzpositionen der UDK und der Realität, weil die UDK eine Volkspartei und keine Partei der Reichen sei. Überall in Europa hätten christlich-demokratische Parteien nach Kriegskatastrophen und Krisen ihre Länder gerettet. Es müßten neue Mechanismen für die Aufstellung von Kandidaten für die Wahlen gefunden werden, weil sich das bisher angewandte Modell der Vorwahlen nach amerikanischem Vorbild unter bulgarischen Verhältnissen als nicht tragfähig erwiesen habe.

Die Wahlen 2001 werden schicksalhaft sein, weil dann die Menschen entscheiden werden, ob Bulgarien schneller und mit weniger Fehlern auf Europa zugeht oder eine neue Epoche der "Zeitlosigkeit" vom Typ der Berov-Regierung 1992-94 oder der reaktionären Rückkehr zu Vergangenheit vom Typ des Widenov-Kabinetts 1994-97 anbricht.

Die Ironie der bulgarischen Politik ist, daß alle Parteien und Koalitionen bereits demonstriert haben, was sie können. Im Gegensatz zu anderen osteuropäischen Parteien rühre in Bulgarien die größte Gefahr von der nichtreformierten BSP her. Sie stelle die europäische und euroatlantische Orientierung Bulgariens in Frage, habe aber gleichzeitig nichts gegen das Geld Europas. Bei allen wichtigen Entscheidungen 1999 habe sich diese Partei gegen den proeuropäischen Kurs der Regierung gestellt. Auf dieser Nationalkonferenz müsse die UDK eine aktualisierte Fassung des Regierungsprogramms 2001 für die verbleibende Zeit bis zu den Wahlen verabschieden.

In ihrem Referat analysierte die Fraktionsvorsitzende der UDK, Ekaterina Michailova, die Beziehungen zwischen Judikative und Exekutive, die Medienpolitik der UDK, das Verhalten der Opposition und forderte einen Dialog mit den Strukturen der Bürgergesellschaft, eine verbessere Jugendarbeit, die Überwindung der innerparteilichen Schwächen, klare Botschaften und eine verbesserte Zusammenarbeit mit den Koalitionspartnern.

Der sehr beliebte und mit großem Applaus empfangene Sofioter Oberbürgermeister Stefan Sofianski sagte in seiner Wortmeldung in Anspielung auf die sehr kritischen Anmerkungen Kostovs, daß man bei allen Beanstandungen an der Arbeit der UDK die positiven Errungenschaften nicht vergessen sollte. Bulgarien habe in den drei Jahren seit 1997 teilweise Dinge erreicht, die damals kaum jemand für möglich gehalten hätte. Es gebe Reserven, die mobilisiert werden könnten, um die Einkommensverhältnisse der Bevölkerung bis 2001 merklich zu verbessern und ein besseres Wahlergebnis bei den Parlamentswahlen zu ermöglichen.

Parlamentspräsident Jordan Sokolov schlug in die gleiche Kerbe und forderte einen Stopp der Preiserhöhungen bei Strom und Heizung. Finanzminister Murawej Radev gab sich skeptisch hinsichtlich großer Einkommenssprünge, beklagte sich über die gegenüber dem Kabinett äußerst negativ eingestellten Medien und machte auf den starken innenpolitischen Widerstand der "von einem fast revolutionärem Elan erfaßten" BSP gegen die Reformen aufmerksam. Der mit sehr starkem Beifall bedachte Ex-Parteivorsitzende (und Ex-Premier) Philip Dimitrov, gegenwärtig Botschafter in den USA, sagte, daß Bulgarien von Amerika aus gesehen einen guten Eindruck vermittle. Er mahnte mehr Bescheidenheit in der Lebensweise mancher führender Politiker in der Union an, da deren Lebensstil verglichen mit der Situation der meisten Haushalte unvorteilhaft absteche.

Der Chef der Sofioter Parteiorganisation Ewgenij Bakardshiev meinte, daß die guten Politiker aus ihren Fehlern lernten, die besseren auch von den Fehlern der anderen, die besten aber so gut wie nie irrten, aber solche gebe es kaum. Der EU-Chefunterhändler Alexander Boshkov warnte vor populistischen Losungen, die ein Patentrezept linker Parteien seien. So könne man zwar zuweilen Wahlen gewinnen, würde aber sehr bald für immer abgewählt. Die UDK regiere jedoch in Bulgarien "für lange Zeit".

Mit besonderem Interesse wurde die Wahl des neuen Parteivorsitzenden und vor allem des zehnköpfigen Nationalen Exekutivrates (NER/Parteipräsidium) erwartet. Da eine Trennung von Regierungs- und Parteiämtern beschlossen wurde, war das Ausscheiden von Außenministerin Nadeshda Michailova, Finanzminister Murawej Radev und dem EU-Unterhändler Alexander Boshkov vorprogrammiert. Philip Dimitrov verzichtete auf eine Bewerbung. Ex-Justizminister Wassil Gotzev zog seine Kandidatur ebenfalls zurück.

Es hatte sich bereits in den Debatten abgezeichnet, daß im neuen Exekutivrat mehr Vertreter aus der Provinz gewählt würden im Gegensatz zur bisherigen Zusammensetzung dieses Gremiums, das vornehmlich auf Sofia fixiert war. In geheimer Abstimmung wurde dann Iwan Kostov ohne Gegenkandidaten mit 4242 von 4304 Stimmen (98,6%) wiedergewählt. Darüber hinaus werden dem NER angehören: Generalsekretär Christo Bisserov (3069 Stimmen), Fraktionschefin Ekaterina Michailova (3748 Stimmen), Parlamentspräsident Jordan Sokolov (3320 Stimmen), der Chef der Sofioter Parteiorganisation und Ex-Bauminister Ewgenij Bakardshiev (2499 Stimmen), der Abgeordnete Dimitar Abadshiev (1938 Stimmen), die Abgeordnete Swetlana Djankova (1876 Stimmen), der Abgeordnete Nikola Nikolov (1754 Stimmen), der Abgeordnete Michail Michailov (1278 Stimmen) und der Abgeordnete Jordan Zonev (1251 Stimmen).

Am zweiten Tag wurde eine Resolution verabschiedet, die eine Trennung leitender Posten in der Partei nahelegt (ohne allerdings als Änderung in die Satzung einzugehen). So werden drei Mitglieder des neuen NER, die zugleich Vorsitzende von Regionalorganisationen der UDK sind - Ewgenij Bakardshiev, Dimitar Abadshiev und Nikola Nikolov -, sich für einen der beiden Posten entscheiden müssen. Dieses von Iwan Kostov angeregte quasi "Subsidiaritätsprinzip", das selbst nach westlichen Maßstäben als zu weit gehend erscheinen mag, ist offenbar ein weiteres Zugeständnis an die öffentliche Meinung von der "übermäßigen Machtkonzentration" in den Reihen der UDK. Die einzige Satzungsänderung betraf die Bildung einer Arbitragekommission für die Schlichtung von Streitfällen. Am zweiten Tag wurde auch eine aktualisierte Fassung des Regierungsprogramms mit dem Titel "Bulgarien 2000-2001" gebilligt.

Das ungewöhnlich starke Interesse der Medien sowie der oppositionellen BSP am Forum der UDK war, wie sich jetzt zunehmend zeigt, nicht immer von ganz konstruktiven Motiven getragen. Manche Journalisten sowie die Sozialistische Partei scheinen insbesondere bei der Wahl des neuen NER fast inbrünstig auf Skandale und eine Spaltung in der Partei gewartet zu haben. Sie zeigten sich mit Art und Umfang der personalpolitischen Entscheidungen unzufrieden. Sozialistenschef Georgi Parwanov behauptete sogar, Kostov habe einen "Geheimbericht", in dem die Namen von korrumpierten Führungspersönlichkeiten in der UDK explizit genannt werden, absichtlich nicht verlesen. Diese Sorge der Sozialisten um die "Reinheit" der UDK ist natürlich alles andere als glaubhaft. In Wahrheit hatte man in der Tat auf erbitterte Kontroversen bei der Bestimmung des NER gehofft, die wenn schon nicht auf eine Spaltung, so doch zumindest auf eine Lähmung der UDK hinauslaufen würden. Auf der Konferenz haben sich jedoch nicht die geringsten Risse in der Partei angedeutet.

Kongreß der Demokratischen Partei

Die 1896 ins Leben gerufene, 1989 wiedergegründete rechtskonservative Demokratische Partei DP, die zusammen mit einer Bauernpartei als Volksunion (VU) Koalitionspartner der UDK ist, führte zeitgleich zum Forum der Union und im selben Gebäude ihren Kongress durch. Nach dem Tode des Vorsitzenden Stefan Sawov ging es darauf vor allem um die Wahl eines neuen Parteichefs sowie um die Abwendung drohender Spaltungstendenzen. Nach langen Debatten kam es zu einer Kampfabstimmung zwischen Alexander Pramatarski (Minister ohne Geschäftsbereich im Kabinett der VDK), Slatka Russewa (stellvertretende Justizministerin) und Georgi Toschkov (Chef der DP-Organisation im Sofioter Stadtteil Losenetz). Neuer Vorsitzender wurde Alexander Pramatarski, auf den 601 Delegiertenstimmen (68,3%) entfielen, Slatka Russewa bekam 241 Voten und Georgi Toschkov 38.

In einer Satzungsänderung wurde neben dem Posten des Parteivorsitzenden das Amt eines Vorsitzenden des Obersten Parteirates (Parteipräsidium) beschlossen und damit gewissermaßen eine Doppelherrschaft in der Partei begründet. Der Vorsitzende des Obersten Parteirates soll am 11. März bestimmt werden, als aussichtsreichster Kandidat gilt bis zur Stunde Ex-Bildungsminister Wesselin Metodiev.

Rund 200 Delegierte unter der Führung von Todor Todorov, die wegen Mängel in ihren Delegierungsunterlagen nicht zum Forum zugelassen wurden, führten einen 20-minütigen Alternativkongreß durch, auf dem sie einstimmig Todorov zum Parteivorsitzenden wählten.

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Thorsten Geißler

Thorsten Geißler

Leiter des Auslandsbüros Bulgarien

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