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Regierungswechsel in Portugal

Автор: Stefan Reith, Dr. Helmut Wittelsbürger

Trend zu konservativen Parteien in Europa setzt sich fort

Am 17. März 2002 waren ca. 8,7 Millionen Portugiesen aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Wie im Vorfeld erwartet, wurde der PSD unter der Führung von Durao Barroso stärkste Partei. Die Liberal-Konservativen erzwangen damit zwar den ersehnten Regierungswechsel, verfehlten ihr Wahlziel, die absolute Mehrheit, dennoch klar.

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Am 17. März 2002 waren ca. 8,7 Millionen Portugiesen aufgerufen, ein neues Parlament zu wählen. Die ursprünglich für den Herbst 2003 vorgesehenen Wahlen wurden aufgrund des Rücktritts von Ministerpräsident Antonio Guterres notwendig. Dieser hatte die Konsequenzen aus der verheerenden Wahlniederlage der Regierungspartei bei den Kommunalwahlen am 16. Dezember 2001 gezogen und Staatspräsident Jorge Sampaio um seine vorzeitige Entlassung gebeten. Wie im Vorfeld erwartet, wurde der PSD unter der Führung von Durao Barroso stärkste Partei. Die Liberal-Konservativen erzwangen damit zwar den ersehnten Regierungswechsel, verfehlten ihr Wahlziel, die absolute Mehrheit, dennoch klar.

Die wichtigsten Parteien

Partido Socialista (PS) - Die Sozialistische Partei

Die sozialistische Partei errang bei den letzten Parlamentswahlen im Herbst 1999 noch 115 der 230 Mandate und verfehlte damit die absolute Mehrheit denkbar knapp. Seitdem regierte der sozialistische Ministerpräsident Antonio Guterres ohne Koalitionspartner in einer Minderheitsregierung. Nach dem Rücktritt des Ministerpräsidenten wurde Ende Januar 2002 der aus dem linken Spektrum der Partei stammende Eduardo Ferro Rodrigues zum neuen Vorsitzenden gewählt. Ihm oblag die schwierige Aufgabe, die Partei nach dem Wahldebakel vom Dezember in kürzester Zeit neu aufzustellen und das verlorene Vertrauen der Bevölkerung zurückzugewinnen. Erklärtes Wahlziel war, wenn möglich, den drohenden Regierungswechsel abzuwenden, zumindest aber eine absolute Mehrheit der Liberal-Konservativen zu verhindern.

Partido Social Democrata (PPD / PSD) - Die Demokratische Soziale Partei

Bis zu seiner Ablösung durch den PS 1995 hatte der PPD / PSD über 10 Jahre die Regierung gestellt. Seit Ende 1996 ist die liberal-konservative Partei Mitglied von EVP und IDC. Im 1999 gewählten Parlament war sie mit 81 Mandaten stärkste Oppositionspartei. Von März 1996 bis März 1999 wurde die Partei von Marcelo Rebelo de Sousa geführt und stark reformiert. Als sein Projekt einer Wahlallianz mit der rechtskonservativen PP / CDS an erheblichen Widerständen in der eigenen Partei und einer Schmutzkampagne der Presse scheiterte, trat er zurück. Seitdem leitet sein parteiinterner Widersacher und strikter Gegner dieser Allianz, José Manuel Durao Barroso, die Geschicke der Partei. Der ehemalige Außenminister der letzten bürgerlichen Regierung unter dem Ministerpräsidenten Cavaco Silva zog als Spitzenkandidat in den Wahlkampf und hatte nicht nur die Ablösung der Regierung, sondern auch die absolute Mehrheit zum Ziel erklärt.

Partido Popular - Centro Democratico Social (PP / CDS) - Die Volkspartei - Christdemokraten

Aufgrund des antieuropäischen Kurses unter dem ehemaligen Parteivorsitzenden Manuel Monteiro wurde der PP / CDS 1994 aus EVP und EUCD ausgeschlossen. Seit März 1998 ist Paulo Portas Vorsitzender der Partei. Portas war in den 80er Jahren Mitherausgeber der Wochenzeitschrift "O Independente" und gehörte zu den schärfsten Kritikern der PSD-Regierung unter Cavaco Silva. Dies hat ihm in weiten Teilen des PSD viel Feindschaft eingetragen. Besonders an der Ablehnung durch den noch immer starken Cavaco-Flügel des PSD scheiterte 1999 auch die geplante Wahlallianz für die Europa- und allgemeinen Wahlen. Bei den letzten Parlamentswahlen erreichte der PP / CDS 15 Parlamentssitze. Das Wahlziel für die jetzigen Wahlen war, dieses Ergebnis zu stabilisieren, drittstärkste Partei zu werden und so eine linke Mehrheit im Parlament zu verhindern. Der Vorsitzende Portas warb im Wahlkampf heftig für eine Regierungsbeteiligung seiner Partei in einer Koalition mit dem PSD.

Coligaçao Demócrata Unitaria (CDU) - Die Kommunisten

Die CDU ist ein Bündnis aus Kommunisten und Grünen. Die Partei entsandte 1999 17 Abgeordnete ins portugiesische Parlament und stabilisiert sich in dieser Größenordnung seit mehreren Legislaturperioden. Marxistisch-leninistische Linksintellektuelle gründeten 1999 einen Linksblock (Bloco de Esquerda), der aus drei Splitterparteien besteht. Er trat 1999 erstmals als eigenständige Partei zu den Wahlen an und konnte auf Anhieb zwei Mandate erringen.

Hintergrund

Grund für den vorgezogenen Urnengang war das Ergebnis der Kommunalwahlen Ende 2001, die mit einem erdrutschartigen Sieg der Opposition endeten. Der PSD stellt nun die Mehrzahl der Oberbürgermeister im ganzen Land und konnte auch die prestigeträchtigen Posten in der Hauptstadt Lissabon und Porto erringen. Kommunalwahlen haben in Portugal große politische Bedeutung, da zwischen kommunaler und nationaler Ebene eine regionale Gebietskörperschaft fehlt. Ministerpräsident Guterres übernahm die persönliche Verantwortung für das Wahldebakel der Sozialisten und reichte seinen Rücktritt ein.

Die Gründe für die Verluste sind vor allem in der Unzufriedenheit der Bevölkerung mit dem Reformstau und der schlechten wirtschaftlichen Lage des Landes zu suchen. Die Regierung Guterres bekam in den Kommunalwahlen die Quittung für jahrelang verschleppte Reformen im Gesundheits-, Justiz- und Bildungswesen sowie für eine verfehlte Wirtschafts- und Sozialpolitik. Im Jahr 2002 wird das portugiesische Wirtschaftswachstum nach Berechnungen des IWF mit 0,8 % nicht nur unter dem der anderen Empfängerstaaten des Kohäsionsfonds, Irland, Spanien und Griechenland, liegen, sondern auch deutlich hinter dem europäischen Durchschnitt (1,3 %).

Schon im Frühjahr 2001 zeichnete sich wegen der expandierenden Haushaltsausgaben eine drohende Verwarnung Portugals durch die EU ab. Zwar konnte Wirtschafts- und Finanzminister Piña Moura unter persönlichem Einsatz eine formale Rüge im letzten Moment abwenden; dennoch wurde Portugal wegen der drohenden Verletzung des Stabilitätspakts im Kreise der Mitgliedsstaaten scharf kritisiert. Der "Blaue Brief" der EU-Kommission, der Portugal Anfang 2002 ins Haus stand, blieb wohl nur deshalb aus, weil das ebenfalls betroffene Deutschland durch massiven politischen Druck eine formale Verwarnung verhinderte. Eine alleinige Rüge gegenüber Portugal durch die EU-Kommission wäre politisch nicht durchführbar gewesen.

Eigentlich verwundert diese negative wirtschaftliche Entwicklung Portugals. Das Land erreichte von 1985 bis 1995 ein durchschnittliches Wirtschaftswachstum von 3,5 % und erfüllte im Referenzjahr 1997 auch die Maastricht-Kriterien. Die liberal-konservative Regierung hatte innerhalb von 10 Jahren die Arbeitslosenrate halbiert, die Staatsquote erheblich gesenkt und die Inflation gebändigt. Nach dem erfolgreichen Beitritt zur Wirtschafts- und Währungsunion und den gewonnenen Wahlen verließ die Regierung Guterres jedoch zunehmend den stabilitätsorientierten Kurs und beging marktwirtschaftliche Sünden, die sich in explodierenden Ausgaben in der Verwaltung und den Sozialsystemen sowie massiven Subventionen äußerten. Dringend notwendige Strukturreformen wurden aufgeschoben, weil die Regierung vor den damit einhergehenden schmerzhaften Einschnitten ins Sozialsystem zurückschreckte.

Der Wahlkampf

Nicht zuletzt wegen der negativen wirtschaftlichen Entwicklung beschränkte sich der Wahlkampf weitgehend auf die Innenpolitik. Thematisiert wurde von der Opposition vor allem der Reformstau der letzten Jahre in der Wirtschafts-, Gesundheits-, Sozial-, Bildungs- und Justizpolitik. Der beinahe eingegange "Blaue Brief" und die damit verbundene Kritik der EU an der Haushaltspolitik wurde vom Spitzenkandidat der PSD Durao Barroso genüßlich ausgeschlachtet. In seinem Wahlprogramm schlug er einen strikten Sparkurs und Steuersenkungen vor, um das Haushaltsdefizit einzudämmen und die Wirtschaft anzukurbeln.

Der Spitzenkandidat des regierenden PS, Eduardo Ferro Rodrigues, beschränkte sich weitgehend darauf, dieses Programm als "demagogisch" und nicht durchführbar abzulehnen. Er versuchte im Wahlkampf den schwierigen Spagat, einerseits die Arbeit der bisherigen Regierung gegen die scharfen Attacken Barrosos zu verteidigen und sich andererseits selbst von der Regierung Guterres abzuheben. In einem Zeitungsinterview nannte er seine drei wichtigsten Ziele: stärkere Annäherung der portugiesischen Wirtschaft an das Niveau der EU, die Wiedergewinnung des Vertrauens der Portugiesen und die Stärkung des nationalen Zusammenhaltes. Mit letzterem bezog er sich vor allem auf die Verbesserung der sozialen Sicherheit und der Lebensqualität in den weniger entwickelten Regionen im Landesinneren (personale und regionale Solidarität).

Außenpolitische Themen wie die Europapolitik und die Allianz gegen den Terror nach dem 11. September spielten im Wahlkampf kaum eine Rolle. Dafür gewann in den letzten Wochen vor der Wahl die Polemik um den Baustopp des Fußballballstadions in Porto immer größere Bedeutung für den Wahlkampf. Der Streit entbrannte, weil der neugewählte Bürgermeister Rui Rio vom PSD sich nicht an die finanziellen Zusagen seines Amtsvorgängers vom PS gebunden fühlte und einen versprochenen Zuschuß von 70 Millionen Euro zu dem Stadion-Projekt verweigerte. Der Präsident des FC Porto verkündete daraufhin die Einstellung der Arbeiten.

Als UEFA-Präsident Johannson wegen der Probleme um die Fertigstellung der EM-Stadien Portugal mit dem Entzug der EM 2004 drohte, kochten die Emotionen vollends über. Während Fangruppen und Anhänger des PS den Schuldigen in Bürgermeister von Porto suchten, machte dieser die Zentralregierung verantwortlich. Die Angelegenheit eskalierte derart, daß Rui Rio auf einer Veranstaltung persönlich bedroht wurde. Aus Sicherheitsgründen mußte er unter Polizeischutz nach Hause begleitet werden. Schließlich schaltete sich Staatspräsident Sampaio (PS) in die Angelegenheit ein, um zu vermitteln und "die EM für Portugal zu retten". Das emotionsgeladene Thema Fußball drängte in der heißen Phase des Wahlkampfs andere Themen vollends in den Hintergrund. Hauptleidtragender dieser von gegenseitigen Schuldzuweisungen geprägten Auseinandersetzung war die Partei von Durao Barroso. Auch wenn sich der Schaden nur schwer in konkreten Prozentzahlen messen läßt, ist klar, daß die polemische Debatte das an sich schon hoch gesteckte Ziel der absoluten Mehrheit in unerreichbare Ferne rückte.

Die Endphase des Wahlkampfs stand ganz im Zeichen einer Aufholjagd des Spitzenkandidaten vom PS, Ferro Rodrigues. Sahen Umfragen einige Wochen vor der Wahl den PSD noch als sicheren Sieger mit Chancen auf die absolute Mehrheit, zeichnete sich in den letzten Umfragen vor der Wahl zunehmend ein Kopf-an-Kopf-Rennen ab. Daß die Botschaft von Durao Barroso letzendlich nicht das gewünschte Echo an den Wahlurnen fand, ist jedoch nicht nur der Debatte um die EM-Stadien zuzuschreiben, sondern lag auch daran, dass sein Gegner Ferro Rodrigues während der Kampagne zunehmend an Profil gewann und es schaffte, sich glaubwürdig vom Kurs der alten Regierung abzusetzen.

Auch die Ereignisse auf internationaler Ebene schienen den regierenden PS zu begünstigen. In einer entscheidenden Phase des Wahlkampfes dominierte die Nachricht vom Tod des Rebellenführers Savimbi in Angola die Medien und weckte Hoffnungen auf das baldige Ende des Bürgerkrieges in der ehemaligen Kolonie. Das Geschehen in der lusophonen Welt wird in der portugiesischen Öffentlichkeit stets mit besonderer Aufmerksamkeit verfolgt. Indem die Regierung Guterres versprach, den Friedensprozess aktiv zu unterstützen und den angolanischen Staatpräsidenten zu Gesprächen in Lissabon empfing, nutzte sie die Situation geschickt für den Wahlkampf, um sich auf diese Weise noch einmal außenpolitisch zu profilieren. Die genannten Faktoren führten dazu, daß Durao Barroso zuletzt doch noch um den schon sicher geglaubten Sieg bangen mußte. Eine absolute Mehrheit war unmittelbar vor der Wahl keinesfalls mehr zu erwarten.

Das Wahlergebnis

Die Wahlbeteiligung lag bei 62,3 % und damit nur geringfügig höher als 1999 (61,8 %). Der Trend einer niedrigen Wahlbeteiligung setzt sich also weiter fort. Neben den üblichen Faktoren wie Politikverdrossenheit und Mißtrauen in die gesamte politische Klasse war diesmal auch das Wetter ausschlaggebend. Sintflutartige Regenfälle und Sturmböen machten den Gang zum Wahllokal alles andere als angenehm. Die Ergebnisse der Wahlen lassen allerdings darauf schließen, daß auch eine höhere Wahlbeteiligung keine entscheidende Resultatsänderung bewirkt hätte. Dafür war der PSD von der absoluten Mehrheit zu weit entfernt.

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Wahljahr

Parteien
1999
Stimmen-
anteile in %
2002
Stimmen-
anteile in %
1999
Mandate
2002
Mandate
Partido Socialista
(PS)
43,99 37,84 115 96
Partido Popular
Demócrata
(PPD / PSD)
32,33 40,15 81 105
Volkspartei -
ehemalige
Christdemokraten
(CDS / PP)
8,38 8,75 15 14
Kommunisten
und Grüne (CDU)
9,02 6.97 17 12
Bloco de Ezquerda
(marxistisch-
leninistische
Linksintellektuelle)
2,46 2,75 2 3
Andere 3,82 3,54
Insgesamt 100% 100% 230 230

WahljahrWahlberechtigteStimmenWahlbeteiligungEnthaltung
19998 672 3195 362 89461,84 %38,16 %
20028 716 9495 433 92462,34 %37,66 %

Das Wahlergebnis brachte keine Überraschung und fiel den letzten Umfragen entsprechend aus. Die bisherige Oppositionspartei PSD unter ihrem Führer Durao Barroso wurde mit rund 40 % der Stimmen erwartungsgemäß stärkste Partei. Die Regierungspartei PS verlor gegenüber den Wahlen 1999 ca. 6 % und muß auf der Oppositionsbank Platz nehmen.

Bemerkenswert sind die starken Verluste des Linksblocks, der fünf Mandate einbüßte und den Platz der drittstärksten Partei an den PP verlor. Die Partei von Paulo Portas stabilisierte ihr Ergebnis der letzten Parlamentswahlen und ist der eigentliche Wahlsieger, da sie sich für die Bildung einer stabilen Regierung unentbehrlich machte. Die starken Verluste des Linksblocks sind darauf zurückzuführen, daß der PS unter ihrem neuen Vorsitzenden Ferro Rodrigues weiter nach links rückte als unter Guterres und dem Block so potentielle Wähler abwarb.

Barroso suchte die Mehrheit in der Mitte und gewann dort viele Wähler, die bei der letzten Wahl noch für den PS von Guterres gestimmt hatten. Der PSD legte im Vergleich zur letzten Parlamentswahl um 8 Prozentpunkte zu und gewann damit mehr, als der PS verlor. Dennoch ist das Wahlergebnis für Barroso kein Triumph, sondern ein eher unbequemes Ergebnis. Um eine stabile Mehrheit im Parlament zu sichern, ist er auf den PP von Portas als Koalitionspartner angewiesen. Eine Liebesheirat ist diese Koalition aber keineswegs, da die Fehden der Vergangenheit nicht vergessen sind und gerade zwischen den beiden Vorsitzenden Portas und Barroso starke Rivalitäten bestehen. Immerhin blieb dem PSD das schlimmste Szenario, dass nämlich trotz relativer Mehrheit der Liberal-Konservativen die linken Gruppierungen zusammen die Parlamentsmehrheit stellen, erspart. In diesem Falle hätte die portugiesische Verfassung Staatspräsident Sampaio gar dazu berechtigt, einen Sozialisten mit der Regierungsbildung zu beauftragen. So erhielt jedoch Durao Barroso am 21. März vom portugiesischen Staatsoberhaupt das Mandat zur Bildung der nächsten Regierung.

Regierungsbildung und Zukunftsperspektiven

Nach dem Wahlsieg standen dem PSD zwei Möglichkeiten offen - die Bildung einer Minderheitsregierung oder die Koalition mit dem CDS / PP des ungeliebten Portas. Durao Barroso entschied sich für die zweite, um in der kritischen Situation des Landes eine möglichst stabile Regierung zu gewährleisten, wie er selbst sagte. Kritiker bezweifeln dagegen, daß die Allianz die gesamte Legislaturperiode übersteht und hätten eine Minderheitsregierung für die sinnvollere Lösung gehalten. Trotz parteiinterner Widerstände und persönlicher Ressentiments namhafter PSD-Politiker gegen Paulo Portas erhielt Durao Barroso vom Parteipräsidium grünes Licht für die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen.

Die Glaubwürdigkeit von Durao Barroso, der sich vor nicht allzu langer Zeit noch als vehementer Gegner einer Allianz mit dem PP hervorgetan hatte, dürfte durch diese Entscheidung beträchtlichen Schaden erlitten haben. Ihm ist anzukreiden, daß er die Notwendigkeit, mit dem PP zusammenzuarbeiten, nicht früh genug erkannte. Nun zwingen ihn die Tatsachen, auf den Weg von Marcelo Rebelo de Sousa zurückzukehren, dessen Strategie einer Allianz mit dem PP sich so im nachhinein bestätigt.

Trotz besagter Animositäten zwischen den beiden Parteien wurden die Koalitionsverhandlungen in der bemerkenswert kurzen Zeit von nur elf Tagen abgeschlossen. Am 28. März unterzeichneten Barroso und Portas in einem Lissaboner Hotel den Koalitionsvertrag. Interesse erregte vor allem die Verteilung der Ministerposten. Portas, der auf den Posten des Innenministers spekuliert hatte, musste sich schließlich mit dem Verteidigungsministerium zufrieden geben. Außerdem stellt der PP den Justiz- sowie den Arbeits- und Sozialminister. Die restlichen Ressorts verteilen sich auf den PSD.

Ein Großteil von Barrosos Mannschaft war schon Mitglied im Kabinett von Cavaco Silva und verfügt daher über reichlich Regierungserfahrung. Der designierte Ministerpräsident begründet dies damit, dass die aktuelle Notlage des Landes keine Experimente zulasse. Eine schwierige Aufgabe wartet auf die Nummer zwei der Regierung, Manuela Ferreira Leite, die das Finanzministerium übernimmt. Sie steht vor dem finanziellen Chaos der Vorgängerregierung und hat einen harten Sparkurs angekündigt, um die Staatsfinanzen zu sanieren. Dabei sind schmerzhafte Einschnitte, die unter Umständen bis zum Einfrieren der Saläre reichen könnten, vorprogrammiert. Neuer Außenminister ist António Martins da Cruz, der bis zu seiner Berufung als Botschafter in Madrid tätig war. In seinem Ministerium ist auch die Abteilung für Europäische Angelegenheiten angesiedelt. Ein eigenständiges Europaressort, wie es in vielen Mitgliedsstaaten üblich ist, gibt es in Portugal nicht.

Ursprünglich rechnete man für die Posten des Außen- und Finanzministers mit der Benennung von Miguel Cadihe und Hernani Lopes, beides Spitzenpolitker des PSD. Beide weigerten sich jedoch, neben Paulo Portas am Kabinettstisch Platz zu nehmen und erklärten aus diesem Grund, nicht zur Verfügung zu stehen. Die Weigerung dieser beiden und verschiedener anderer PSD-Politiker, in einem Kabinett mit Portas zusammenzuarbeiten, macht nur allzu deutlich, daß diese Koalition alles andere als eine Liebesheirat ist.

Durao Barroso ist vielmehr eine Vernunftehe eingegangen, der es bei der Fülle der anstehenden Aufgaben an Bewährungsproben nicht fehlen wird. Da die Koalitionspartner teilweise unterschiedliche Vorstellungen haben, führt für den PSD trotz rechnerischer Mehrheit mit dem PP auf einigen Gebieten kein Weg an einer Verständigung mit der abgewählten Sozialistischen Partei vorbei. Durao Barroso hat die Sozialisten deshalb schon dazu aufgefordert, ihre Verantwortung in verschiedenen nationalen und europäischen Fragen nicht zu vergessen, und sie vor allem in der Wirtschaftspolitik zur Zusammenarbeit aufgefordert. Deren Vorsitzender Ferro Rodrigues kündigte seinerseits eine verantwortungsvolle Opposition an und erklärte sich zu konstruktiven Beiträgen in Fragen der EU-Politik und der öffentlichen Finanzen bereit. Vor allem in der Sozialpolitik beharrt der PS aber auf seinen Prinzipien und ist kaum zu Konzessionen bereit. Durao Barroso wird sich daher mit seinem schwierigen Koalitionspartner arrangieren müssen, auch wenn er in manchen Fragen auf einen überparteilichen Konsens mit dem PS zurückgreifen kann.

Die wichtigsten Köpfe des neuen Kabinetts

Die Finanzministerin

Manuela Ferreira Leite, 62 Jahre alt, wird auch die "eiserne Lady" Portugals genannt. Beim Verfolgen ihrer politischen Ziele wird ihr äußerste Disziplin, Härte und Durchsetzungsvermögen nachgesagt. In ihrer politischen Karriere begleitete sie verschiedene hohe Partei- und Regierungsämter, u.a. als Ministerin für Erziehung, Staatssekretärin für Haushaltsangelegenheiten und Parlamentarische Sprecherin des PSD. Die ausgebildete Volkswirtin, einst rechte Hand von Cavaco Silva, verfügt über reichlich politische Erfahrung und die nötige Rücksichtslosigkeit, um die geplante Radikalkur des portugiesischen Haushalts auch gegen Widerstände durchzusetzen.

Der Außenminister

Der 55jährige Spitzendiplomat Antonio Martins da Cruz bekleidet seit 1999 das Amt des portugiesischen Botschafters in Madrid. Er war neun Jahre lang als außenpolitischer Berater für den ehemaligen Ministerpräsidenten Cavaco Silva tätig und gilt als ehemaliger Kabinettschef von Durao Barroso als dessen Vertrauter. Die diplomatische Karriere des ausgebildeten Juristen begann 1971. Zu seinen Stationen zählen u.a. das Amt des Botschafters in Kairo (1976), Botschafter bei den Vereinten Nationen in Genf (1979) und die Leitung der Abteilung für Europäische Angelegenheiten im Außenministerium (1984/85). Nach seiner Beratertätigkeit für Cavaco Silva wurde er ständiger Botschafter Portugals bei der NATO und WEU in Brüssel, bis man ihn 1999 nach Madrid beorderte. Durch unzählige Reisen ins Ausland und Treffen auf höchster diplomatischer Ebene sammelte er reichlich Erfahrung auf internationalem Parkett und erscheint deshalb für das Amt des Außenministers prädestiniert.

Der Verteidigungsminister

Die schillerndste und zugleich umstrittenste Figur im neuen Kabinett ist Paulo Sacadura Cabral Portas, der Vorsitzende des PP / CDS. Er übernahm 1998 die Führung der ehemaligen Christdemokraten und verkündete damals schon das Ziel einer Koalitionsregierung mit dem PSD. Das Scheitern der Wahlallianz der beiden Parteien 1999 war für ihn deshalb eine große politische Niederlage. Trotz starker Verluste seiner Partei in den Kommunalwahlen Ende 2001 konnte er sich an der Parteispitze halten. In weiten Teilen des PSD begegnet man ihm mit Mißtrauen und Ablehnung. Diese Feindschaft hat ihren Ursprung in der Zeit, als Portas als Mitherausgeber der Wochenzeitschrift "O Independente" die Regierung von Cavaco Silva aufs schärfste kritisierte. Auch der Bruch der Wahlallianz ist aus Sicht des PSD hauptsächlich auf seine Person zurückzuführen. Der begnadete Redner und Populist bewegt sich oft gefährlich nahe am Rande zur Ausländerfeindlichkeit. Im Wahlkampf setzte er auf die Themen "Immigration" und "Verteidigung der nationalen Interessen". Eigentlich am Innenministerium interessiert, musste er sich mit dem Verteidigungsressort begnügen, wo ihn bei der katastrophalen Haushaltslage mit Umbau und Modernisierung der portugiesischen Streitkräfte keine leichte Aufgabe erwartet. Portas selbst hat übrigens nie Wehrdienst geleistet.

Der Innenminister

Der 65jährige António Figueiredo Lopes bekleidet schon zum fünften Mal ein Regierungsamt. Nach verschiedenen Posten als Staatssekretär übernahm er 1995 für wenige Monate das Amt des Verteidigungsministers von Fernando Nogueira. Seit 1981 ist er PSD-Mitglied und vertrat seine Partei als Abgeordneter sowohl im nationalen Parlament als auch im Europäischen Parlament in Straßburg. Figueiredo Lopes, ausgebildeter Jurist, ist verheiratet und hat drei Kinder. Bei der Ernennung dürfte die Überlegung eine Rolle gespielt haben, dass sein politischer Background und seine familiäre Situation dem Prestige des Innenministeramtes sicherlich zuträglicher sind als das polemische Auftreten Portas.

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