In seinem Eingangsimpuls schlug Laschet die Brücke von der Vergangenheit in die Gegenwart: Er begann mit einem Rückblick auf die hoffnungsvolle Zeit der frühen 1990er Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer. „Wir dachten damals, eine friedliche Ära liege vor uns“. 35 Jahre später sieht sich die Welt jedoch mit alten und neuen Konflikten konfrontiert: Ein Krieg in Europa, mit Schützengräben wie im Ersten Weltkrieg und zunehmender gesellschaftlicher Antisemitismus. „Alles muss in jeder Generation neu vermittelt und gelernt werden“, sagte Laschet und mahnte, dass die Geschichten der Vergangenheit lebendig gehalten werden müssten.
Ein zentrales Thema seines Vortrags war auch die zunehmende Polarisierung. „Demokratie muss auch Raum für unterschiedliche Meinungen bieten“, sagte Laschet – und kritisierte, dass Debatten zunehmend moralisch aufgeladen und demokratische Kompromisse als Schwäche abgetan würden. Das führe zu gesellschaftlicher Unruhe und ermögliche Extremisten – von der AfD bis zu Sahra Wagenknecht – mit einfachen Antworten zu punkten.
Von Antisemitismus bis Demokratiebildung: Eine breite Agenda
Im Podiumsgespräch erinnerte Laschet daran, dass jüdisches Leben in Deutschland lange vor den aktuellen Konflikten durch antisemitische Angriffe bedroht war. Angesichts von jüngsten Vorfällen bestehe aber die Notwendigkeit, zwischen Kritik an der israelischen Regierung und Antisemitismus klar zu unterscheiden. Um das zu erreichen, habe Bildung höchste Priorität. Dem konnte sich auch Franciska Lennartz, Projektleiterin der Gedenkstätte der Jüdischen Gemeinde Viersen-Mönchengladbach, anschließen. Bildung beginne mit Schulbüchern, sei aber auch Aufgabe der gesamten Gesellschaft. „Wir müssen vermitteln, was uns verbindet – auch mit dem Judentum – und wie Vielfalt uns bereichert“, sagte Lennartz.
Gespräch mit dem Publikum: Kann ein Pflichtjahr helfen?
Eine Frage aus dem Publikum regte eine Debatte über die Einführung eines Pflichtjahres für junge Menschen an, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt zu stärken. Laschet zeigte dahingehend skeptisch: „Ein Pflichtjahr wäre ein massiver Eingriff in die Freiheitsrechte eines jungen Menschen. Soziales Verhalten kann man nicht erzwingen.“ Stattdessen betonte er die Bedeutung freiwilligen Engagements und einer frühzeitigen politischen Bildung. Der Verfassung nach sei es ein Freiheitseingriff, jemanden ein Jahr lang zu etwas zu zwingen.
Auch die Rolle der Wirtschaft und der Politik wurde von Seiten des Publikums thematisiert. Die Journalistin und Podcastering Angela Krumpen führte daraufhin aus, dass die Verantwortung für eine funktionierende Gesellschaft nicht nur bei der gewählten Regierung liegt sondern auch in der Verantwortung jedes Einzelnen. Wirtschaftliche Unsicherheit führt nur dann zu gesellschaftlicher Unzufriedenheit, wenn die Menschen die Verantwortlichkeit hierfür nur der Politik zuschreiben.
Ein Appell für mehr Engagement
Laschet schloss mit einem eindringlichen Appell an die Gesellschaft, sich aktiv einzubringen: „Demokratie lebt von Beteiligung. Die Wahl ist keine Protestveranstaltung, sondern eine Verantwortung.“ Darüber hinaus müsse der gesellschaftliche Ton entschärft werden – besonders in sozialen Medien, die Debatten oft ins Extreme trieben. Auch Mandatsträger hätten hier eine Verantwortung: „Wir als Politiker müssen anerkennen, dass es falsch ist, die eigene Position immer moralisch zu überhöhen. Nur so vermeiden wir Wut und Spaltung.“ In einer Zeit voller Herausforderungen sei Zusammenarbeit die wichtigste Grundlage, um die Zukunft zu gestalten.
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