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Vor einigen Wochen veröffentlichte die US-Menschenrechtsorganisation „Human Rights Watch“ schockierende Details über Massaker der LRA bei Tapili nahe Niangara. Im Dezember 2009 töteten Rebellen dort 321 Zivilisten. Die UN-Mission MONUC hat in der Provinz Haut-Uélé, in der die LRA-Rebellen ihr Unwesen treiben, nur etwa 250 Mann stationiert und muss mehr oder weniger machtlos zusehen, wie immer wieder Zivilisten massakriert werden.
In Mbandaka in der Provinz Equateur wurde Anfang April nur durch das schnelle Eingreifen der UN-Truppen die Ruhe wieder hergestellt, nachdem schwer bewaffnete Rebellen den Sitz des Provinzparlaments, den Wohnsitz des Provinzgouverneurs und den Fluglatz mehrere Stunden besetzt hatten. Seit Monaten spielt die Regierung Kabila die Vorfälle in Equateur herunter. Bereits im November 2009 war die Situation eskaliert, als Milizionäre des Enyele-Volkes die Stadt Dongo unter ihre Kontrolle brachten. 200.000 Menschen flohen vor den Kämpfen in die Nachbarländer Kongo-Brazzaville und die Zentralafrikanische Republik.
Zwei Monate später hatte die Regierung in Kinshasa einen großen, endgültigen Sieg der eigenen Armee über die Rebellion verkündet. Seit Ende Februar wurden jedoch erneute Rebellenangriffe in der Gegend um Mbandaka gemeldet, die aber wiederum aus Kinshasa dementiert wurden. Von einzelnen Banditen war die Rede, die keinerlei Bedrohungen darstellten. Um die Sicherheit in seiner Hauptstadt zu demonstrieren, lud der Provinzgouverneur seine Kollegen aus den anderen Landesteilen nach Mbandaka ein. Bevor es jedoch zu diesem Treffen kam, besetzten Rebellen die Stadt.
Die Provinz Equateur wird seit langem von Kabilas Regierung mit Misstrauen beäugt. Nicht nur Kabilas inhaftierter Konkurrent und Gegenkandidat Jean-Pierre Bemba stammt von dort, sondern auch der 1997 gestürzte Diktator Mobutu Sese Seko. Viele der ehemaligen Bemba-Kämpfer und Mobutu-Unterstützer haben sich nach dem vorläufigen Sieg Kabilas 2006 nach Equateur zurückgezogen. Dazu kommt, dass zahlreiche aus Equateur stammende Offiziere der FARDC, die sich aufgrund ihrer Herkunft diskriminiert sahen, desertierten und man davon ausgeht, dass viele von Ihnen in die Heimat zurückgekehrt sind, um von dort den Kampf gegen die von ihnen abgelehnte Regierung aufzunehmen.
Führende MONUC-Offiziere gehen folgerichtig davon aus, dass Mbandaka eben nicht durch einzelne Banditen, sondern durch gut ausgebildete und gut ausgerüstete Soldaten attackiert wurde. Bei den Kämpfen sind drei UN-Mitarbeiter ums Leben gekommen, ein philippinischer Arzt starb durch Herzinfarkt. Insgesamt wurden bei den Gefechten im Norden des Landes nach Angaben eines örtlichen Krankenhauses mindestens 26 Menschen getötet.
Neu daran ist, dass die Orte der Gewalteskalation näher an Kinshasa liegen als bisher. Gut organisierte Angriffe auf Hauptstädte von Provinzen hatte es bisher nur im Osten gegeben. Equateur galt als „befriedete Provinz“. Dabei hält sich die Überraschung über die Vorgänge in Grenzen – seit langem wächst die Unzufriedenheit weiter Teile der Bevölkerung, die ihre Erwartungen von 2006 auf ein besseres Leben bitter enttäuscht sehen. Seit Monaten schwebt etwa eine grundlegende Änderung der Verfassung im Raum, die eine Verschiebung der für das kommende Jahr geplanten Wahlen und eine Verlängerung der Amtsperioden des Präsidenten ermöglichen würde.
Zirka 2000 Studenten der Universität von Kinshasa haben in der vorvergangenen Woche einen Marsch durch die Stadt organisiert, um gegen die Regierung zu protestieren. Ihre Professoren befinden sich seit Monaten in Streik. Der Verein der Journalisten der Stadt Beni (Provinz Nord Kivu) hat seine Arbeit niedergelegt, um gegen die Ermordung von Paient Birindwa zu protestieren. Birindwa war der offiziell sechste ermordete regierungskritische Journalist seit 2006.
In mindestens fünf kongolesischen Provinzen (Equateur, Maniema, Katanga, Kasai Oriental und Kasai Occidental) ist nach einer vom Welternährungsprogramm und von UNICEF durchgeführten Studie die Ernährungssituation katastrophal. Dies musste auch der Gesundheitsminister der DR Kongo während einer Pressekonferenz in Kinshasa einräumen. Anfang April sind acht Mitarbeiter des Internationalen Komitees des Roten Kreuzes (IKRK) von Mitgliedern der Mai-Mai-Miliz in der Region Süd-Kivu im Osten der Demokratischen Republik Kongo entführt worden.
Wenn – wie geplant – MONUC ihre Truppenstärke bis Jahresende um 11.000 Soldaten reduziert, kann die UN-Mission den Schutz der Zivilbevölkerung nicht mehr gewährleisten, sollte es zu ähnlichen Aktionen kommen, wie in Mbandaka. Aber auch die Regierung Kabila wäre dann den Rebellen mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert, wie das Beispiel Mbandaka gezeigt hat. Der Sondervertreter des UN-Generalsekretärs in der DR Kongo und Chef der MONUC, Alan Doss, äußerte sich besorgt über die aktuellen Abzugspläne. Auch schlug er vor, dass die Regierung in Kinshasa langfristig in einen Dialog mit Aufständischen treten soll, was diese umgehend zurückwies.
Überhaupt scheint man in Kinshasa an der Meinung von Alan Doss nicht mehr sonderlich interessiert zu sein. Kabila hat über seinen ständigen Vertreter bei der UNO in New York die Ablösung des MONUC-Chefs bis Juni 2010 gefordert. Als Begründung hieß es, Doss würde "Nepotismus“ in seinen Reihen dulden und hätte eine „herablassende Attitüde“ gegenüber Kongolesen.
Vor dem 50. Jahrestag der Unabhängigkeit, der am 30. Juni 2010 in der DR Kongo groß gefeiert werden soll, möchte man in Kinshasa Macht demonstrieren und Zuversicht ausstrahlen. Dazu besteht jedoch wenig Anlass. Die Melange aus einer angestrebten Verfassungsreform, die dem Präsidenten unbegrenzte Macht ermöglichen würde, aus anhaltender Korruption, einer von der miserablen wirtschaftlichen Lage gebeutelten Bevölkerung, arroganter Regierungsführung und zunehmend aktiver werdender Rebellen könnte sich im kommenden Jahr zu einem Sprengsatz entwickeln, der das Land erneut ins Chaos stürzen könnte. Wenn dann keine UN-Truppen mehr im Land sind, die für eine gewisse Stabilität sorgen können, wäre das demokratische Experiment, das 2006 auch mit deutscher Hilfe gestartet wurde, vorerst gescheitert.
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