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Terrorwelle der FARC führt zu politischem Stimmungsumschwung in Kolumbien

Ulrich Laute
Am 20. Januar einigten sich kolumbianische Regierung und FARC ("Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens") auf einen detaillierten Zeitplan für die Fortsetzung der Friedensgespräche, die bis zum 7. April zu konkreten Vereinbarungen über die Verminderung des Konflikts und eine Waffenruhe mit Einstellung der Feinseligkeiten führen soll.

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Am 20. Januar einigten sich kolumbianische Regierung und FARC ("Revolutionäre Streitkräfte Kolumbiens") auf einen detaillierten Zeitplan für die Fortsetzung der Friedensgespräche, die bis zum 7. April zu konkreten Vereinbarungen über die Verminderung des Konflikts und eine Waffenruhe mit Einstellung der Feinseligkeiten führen soll. Diese aufgrund einer internationalen Vermittlung zustande gekommene Einigung, mit der das Scheitern des Friedensprozesses ein weiteres Mal abgewendet werden konnte, hat jedoch bisher nicht zu einer Entspannung im kolumbianischen Konflikt geführt. Im Gegenteil versuchen die FARC, mit einer massiven Terrorwelle, die sich vor allem gegen die Versorgungsinfrastruktur des Landes richtet, militärische Stärke zu demonstrieren.

Eskalation des Terrorismus

Auffällig ist insbesondere, dass ein Großteil der von der Guerrilla seit dem 20. Januar begangenen Terroranschläge den Großraum Bogotá zum Ziel hatte. Am 25. Januar fielen vier Polizisten und ein fünfjähriges Mädchen einem offenbar von den FARC begangenen Bombenanschlag zum Opfer, weitere Sprengsätze konnten rechtzeitig entschärft werden. Besondere Besorgnis rief ein Sabotageakt gegen die Talsperre Chingaza hervor, der das Wasserversorgungssystem Bogotás zwar nicht nachhaltig beschädigte, unter anderen Umständen aber katastrophale Folgen hätte haben können.

Auch in diesem Fall deuten alle Hinweise auf eine Täterschaft der FARC hin. Terrorakte der Guerrilla richteten sich ferner gegen Brücken und Hochspannungsleitungen besonders in den an Bogotá angrenzenden Regionen. In dem östlich der Hauptstadt gelegenen Departement Meta führten diese Anschläge zeitweilig zum weitgehenden Zusammenbruch der Stromversorgung.

Offenbar verfolgen die FARC mit dieser Eskalation des Terrors das Ziel, vor allem gegenüber der städtischen Bevölkerung ihre militärische Macht unter Beweis zu stellen. Möglicherweise wollen sie auf diese Weise die Tatsache vergessen machen, dass sie sich bei der jüngsten Krise des Friedensprozesses erstmals dem Druck der Regierung beugen und deren Bedingungen für die Fortführung der Friedensgespräche akzeptieren mussten.

Stimmungsumschwung zugunsten von Alvaro Uribe

Die Verschärfung des von der Guerrilla ausgehenden Terrors hat zu einem deutlichen Stimmungsumschwung in der öffentlichen Meinung geführt, der den Kandidaten Alvaro Uribe Vélez begünstigt, der sich zum Wortführer eines massiven militärischen Durchgreifens gegen die Guerrilla gemacht hat. Nach zwei jüngst veröffentlichten Meinungsumfragen, die von den Forschungsinstituten Napoleón Franco bzw. Gallup erstellt wurden, verfügt Uribe mit fast 40% erstmals über einen klaren Vorsprung gegenüber dem liberalen Präsidentschaftskandidaten Horacio Serpa (30 bzw. 31 %).

Die unabhängige Kandidatin Noemí Sanín müsste sich demnach mit rund 17% begnügen, während alle übrigen Bewerber - darunter auch der konservative Präsidentschaftskandidat Juan Camilo Restrepo mit weniger als 2% - chancenlos wären. Auch in einem zweiten Wahlgang würde sich Uribe beiden Umfragen zufolge mit einem Vorsprung von 5% bzw. 8% gegen Serpa durchsetzen.

Auch wenn die Verlässlichkeit von Meinungsumfragen in Kolumbien grundsätzlich zurückhaltend zu bewerten ist, geben die jetzt veröffentlichten Ergebnisse doch einen eindeutigen Trend wieder. Bemerkenswert ist dabei, dass Uribe in beiden Umfragen binnen weniger Monate fast 20% hinzugewinnen konnte. Konzentrierte sich die Unterstützung für den ehemaligen Gouverneur von Antioquia bis dahin vor allem auf die städtische Ober- und Mittelschicht, findet er nun breite Zustimmung bei allen sozialen Schichten und auch im ländlichen Raum.

Der liberale Präsidentschaftskandidat Horacio Serpa, vor wenigen Monaten noch unangefochten an der Spitze aller Meinungsumfragen, hat demnach in allen Regionen des Landes - mit Ausnahme der Karibikküste - deutlich an Boden verloren. Auch die politische Basis des liberalen Kandidaten scheint abzubröckeln: Die Zahl der Befragten, die sich selbst als "Liberale" bezeichneten, ging gegenüber früheren Umfragen stark zurück.

Über den Grund für den Popularitätszuwachs von Uribe Vélez können dabei kaum Zweifel bestehen: Nach der neuerlichen Terrorwelle der FARC ist das Vertrauen der Bevölkerung in den Friedensprozess auf ein Minimum gesunken. Nach Angaben der von dem Institut Napoleón Franco durchgeführten Meinungsumfrage befürworten zwei Drittel der Befragten einen Abbruch der Friedensgespräche. Die gleiche Zahl ist der Ansicht, ein militärischer Sieg gegen die Guerrilla sei möglich und immerhin 31% befürworten die Unterstützung ausländischer Streitkräfte bei der Guerrillabekämpfung. Indem er - als einziger der Präsidentschaftskandidaten - kompromisslose Härte gegenüber der Guerrilla gezeigt und auch die jüngste Einigung zwischen Regierung und FARC abgelehnt hat, gelang es Uribe, diese Proteststimmung für sich zu nutzen. Ein Wahlsieg Uribes, noch vor einem Jahr kaum vorstellbar, scheint damit zumindest in den Bereich des Möglichen gerückt zu sein.

Perspektiven für die Präsidentschaftswahlen

Dennoch kann kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei dem gegenwärtigen Stimmungsbild um eine Momentaufnahme handelt, die stark unter dem Eindruck der aktuellen Ereignisse steht. Substantielle Fortschritte bei den Friedensgesprächen, insbesondere in der Frage einer Verminderung des Konflikts, würden die Position Uribes zweifellos schwächen und dem liberalen Kandidaten Horacio Serpa, der sich durch eine geschickte Annäherung an die Regierung Pastrana als Verfechter einer friedlichen Konfliktlösung darzustellen versteht, neuen Auftrieb geben.

Allerdings ist es nach den bisherigen Erfahrungen kaum wahrscheinlich, dass die FARC unter den gegenwärtigen Bedingungen zu bedeutenden inhaltlichen Zugeständnissen bei den Verhandlungen bereit sein werden. Hierauf deutet auch die Erklärung des Sprechers der FARC, Raúl Reyes, hin, wonach die Guerrilla keinesfalls den Abschluss eines Waffenstillstands bis zu dem vereinbarten Stichtag am 7. April garantieren könne. Möglicherweise wäre es aber möglich Fortschritte zu erzielen, wenn der militärische Druck auf die Guerrilla weiter verstärkt und diese erneut vor die Alternative gestellt würde, sich auf Konzessionen einzulassen oder eine offene militärische Konfrontation zu riskieren, die auf lange Sicht für sie nicht zu gewinnen sein dürfte.

Auch wenn der Ausgang der Präsidentschaftswahlen weiterhin offen erscheint, deutet nunmehr doch vieles darauf hin, dass die Entscheidung zwischen Alvaro Uribe und Horacio Serpa fallen wird. Angesichts der herausragenden Bedeutung, welche die Themen "Friedensprozess" und "Innere Sicherheit" im Urteil der Wähler einnehmen, ist es kaum wahrscheinlich, dass die unabhängige Kandidatin Noemí Sanín noch in den zweiten Wahlgang gelangen kann. Zu stark hat Sanín ihre politische Kampagne mit der Erneuerung der politischen Kultur und wirtschaftspolitischen Themen verknüpft, die durch die Zuspitzung des bewaffneten Konflikts zunehmend in den Hintergrund getreten sind. Noch mehr gilt dies für die übrigen Kandidaten, darunter den offiziellen Präsidentschaftskandidaten der Konservativen Partei und früheren Finanzminister Restrepo, dem es nicht gelungen ist, einen nennenswerten Teil der konservativen Wählerschaft auf seine Seite zu bringen.

Nicht zu übersehen ist allerdings, dass sowohl Serpa als auch Uribe politisch keinesfalls unbelastet sind. Der liberale Präsidentschaftskandidat wird allgemein als Repräsentant der traditionellen politischen Klasse gesehen. Seine engen Verbindungen zu dem ehemaligen Präsidenten Ernesto Samper, der durch den Skandal um die Finanzierung seiner Wahlkampagne aus Drogengeldern des Kartells von Cali weithin diskreditiert ist, könnten für ihn im Wahlkampf zu einem nicht zu unterschätzenden Problem werden. Im Falle von Uribe wird möglicherweise seine nicht immer klare Haltung gegenüber den paramilitärischen Gruppen, u.a. während seiner Amtszeit als Gouverneur von Antioquia, Anlass zu Kontroversen geben.

Kolumbien steht damit vor einem Richtungswahlkampf, der durch die Polarisierung zwischen den Anhängern einer Fortsetzung des Friedensprozesses und den Befürwortern einer militärischen Konfliktlösung gekennzeichnet sein wird. Für den Wahlausgang wird dabei mitentscheidend sein, ob der Terror der FARC weiter eskaliert oder ob es doch noch gelingt, am Verhandlungstisch zu konkreten Ergebnissen zu gelangen, die einen verbesserten Schutz der Zivilbevölkerung vor den Gewaltakten der Guerrilla ermöglichen.

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