Interview-Reihe mit Sicherheitspolitik-Experten
Am Ende des Berichts sprechen die Experten der 4. Adenauer-Konferenz über die Zukunft der deutsch-amerikanischen Beziehungen, den deutschen Verteidigungshaushalt, Geheimdienstkooperation und die deutsch-türkische Partnerschaft in kurzen Video-Interviews.
„Der Fokus deutscher Sicherheitspolitik ist global“, zitierte Dr. Géza Andreas von Geyr aus dem neuen Weißbuch der Bundesregierung. Damit ergebe sich „ein Auftrag zur Weltoffenheit und zur verantwortlichen Sicherheitspolitik nach Außen“. Die Interessen dabei sind schnell formuliert: Eine regelbasierte Ordnung und die Stärkung des Völkerrechts, freier Welthandel und Kommunikationswege als Grundlage des Wohlstands, fairer Zugang zu limitierten Ressourcen – inklusive eines verantwortungsvollen Umgangs mit ihnen – und die Vertiefung der europäischen Integration. Zusammengefasst: Der Schutz der offenen Gesellschaft. Auch die Wertegrundlage, auf denen alle deutschen sicherheitspolitischen Interessen fußen, ist mit einem Wort auf den Punkt gebracht: Menschenwürde. Ein Satz Geyrs machte deutlich, weshalb das wichtiger denn je sei: „Was wir im Moment in Aleppo sehen, wird sich in die Reihe Srebrenica und Ruanda einreihen.“
– Dr. Andreas Géza von Geyr über deutsche und europäische Sicherheitspolitik
Cyberwarfare, Terrorismus, hybride Kriegführung, illegale Migration und Klimawandel
Dass die Offenheit und die Würde von Millionen Menschen weltweit mehr denn je in Gefahr ist, zeigt sich überall auf der Welt, nicht nur in Aleppo: Russlands Annexion der Krim, Anschläge und Verbrechen durch den sogenannten Islamischen Staat, Schleuserbanden, die Menschen auf dem Mittelmeer ertrinken lassen, Manipulation von öffentlicher Meinung über die Sozialen Medien sowie Dürren, Überschwemmungen, Wasserknappheit und extreme Wetterphänomene, die Tausende das Leben kosten.
„Pflicht zur Partnerschaft“
Besonders nach den US-Wahlen werde es besonders deutlich: Deutschland muss sich stärker sicherheitspolitisch engagieren und bereit sein, Führung zu übernehmen, es muss seine Partner mitnehmen, sieht sich sogar in der „Pflicht zur Partnerschaft“, das Land muss sich über das Maß seiner Möglichkeiten im Klaren sein – und zugleich die Sicherheitskräfte adäquat ausstatten, sagte von Geyr. Das ist sozusagen der Kern des neuen Weißbuchs. Es ist das Grundlagen-Dokument, in dem die Bundesrepublik ihre Interessen formuliert, Herausforderungen definiert und beschreibt, wie sie damit umzugehen pflegt.
Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion
Doch das allein reiche nicht, so Geyr: „Deutschland kann nicht ohne seine Verbündeten agieren.“ Doch wie soll man vorgehen gegen Völkerrechtsbrüche wie der Krim-Annexion? Gegen hybride Kriegführung? Gegen Cyber-Angriffe? Gegen Propaganda in den Sozialen Medien?
Statt eine Gegen-Propaganda aufzubauen, müsse der eigene Narrativ kommuniziert werden. Und bei Kriegsverbrechen müssen wir „eine klare Verantwortung benennen, bei denen, die Fassbomben auf die Zivilbevölkerung werfen“, so von Geyr.
Und das lässt sich am besten in mehr und intensiveren Partnerschaften umsetzen. Es bedürfe mehr als nur militärischer Fähigkeiten, sondern auch politischen Vertrauens unter den Verbündeten. Jetzt, da die US-Amerikaner mehr verlangten, müsse Europa auch mehr bieten. So seien die EU-Mitglieder gerade dabei, ihre sicherheitspolitischen Strukturen zu definieren und zu stärken. Und zwar nicht in Form einer gemeinsamen Armee, ist sich von Geyr sicher: „Es ist keine europäische Armee als Thema auf dem Tisch“, sondern „eine Europäische Sicherheits- und Verteidigungsunion wollen wir“ - und zwar ohne eine Doppelung mit der NATO.
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