Großbritannien ist „ein Schlüsselpartner und hat großes Potenzial“ weiterhin zu Europas Sicherheit beizutragen, egal wie genau sich der Brexit nun gestaltet, sagt Axel Dittmann, der Brexit-Beauftragte des Auswärtigen Amts. Das verhandelte Austrittspaket sei „ein guter und fairer Kompromiss“, dennoch bedaure Dittmann den Schritt, den London nach wie vor gehen will. Großbritannien bleibe ein „zentraler wirtschaftlicher und strategischer Partner.“ Das Vereinigte Königreich müsse zwar in Zukunft als Drittland betrachtet werden, die Basis für eine enge sicherheitspolitische Zusammenarbeit sei jedoch gelegt, so der Diplomat. Jedenfalls müsse beispielsweise die Möglichkeit zur Teilnahme an europäischen „Missionen mit britischem Personal und Fähigkeiten gegeben sein“, offen wäre nur, wie stark diese Beteiligung dann sei.
„Wir brauchen die NATO, wir brauchen die GSVP“
Eine Grundvoraussetzung ist für die Briten ein Vertrauensverhältnis, das unter den neuen Rahmenbedingungen aufgebaut sein müsse, merkt David Wallace von der Britischen Botschaft in Berlin an. London habe jedenfalls „eine Vision für europäische Sicherheit“, die sowohl europäische Komponenten als auch nicht-europäische Elemente enthalte.
Einerseits sichern die Nationen sich zuerst einmal selbst ab, klassische nationale Verteidigungspolitik also. Dann gebe es für Großbritannien traditionelle bilaterale Partnerschaften, mit Frankreich, Deutschland und Polen beispielsweise. Wichtiger innereuropäischer Sicherheitspfeiler sei die GSVP, die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik, so Wallace. Aber das Königreich müsse auch „an mehr denken als die EU“ – und hier komme die britische NATO-Beteiligung zum Tragen. Letztlich dienten alle diese Elemente der gemeinsamen Sicherheitspolitik, kurz: „Wir brauchen die NATO, wir brauchen die GSVP“, betont Wallace. Letztlich wünscht er sich, dass Briten und Europäer „eine starke Partnerschaft aufbauen“ – und gibt sich diesbezüglich recht optimistisch.
„Die Partner müssen sicherheitspolitisch dieselben Interessen verfolgen.“
Wenn bei der Konrad-Adenauer-Stiftung Fachleute über Sicherheitspolitik diskutieren, darf das Thema Bundeswehr natürlich nicht fehlen. Bei der 6. Adenauer-Konferenz kommentierte Generalinspekteur Eberhard Zorn die Herausforderungen und Perspektiven des Modernisierungsprozesses. Deutschland sei kein „Frontstaat“ mehr wie zu Zeiten des Kalten Kriegs, sondern diene als „Drehscheibe“ für internationale Einsätze. Die Aufgaben der Bundeswehr seien sowohl Krisenmanagement als auch Bündnisverteidigung.
Und immerhin 18.000 Soldatinnen und Soldaten seien durch internationale Einsätze gebunden – und die müssten entsprechend ausgebildet und ausgerüstet sein: „Mein Hauptziel: einsatzbereite Streitkräfte, das ist der Kern.“ Mehrfach betonte der General den multinationalen Aspekt, gerade in Europa müssten Fähigkeiten gemeinsam entwickelt werden. Doch das bedürfe einer politischen Voraussetzung: „Die Partner müssen sicherheitspolitisch dieselben Interessen verfolgen.“
„Das Königreich ganz nah an Europa lassen“
Dominik Jankwowski, Leiter der Politischen Abteilung der Ständigen Vertretung Polens bei der NATO, argumentierte ganz ähnlich, dass Teile der europäischen Sicherheitspolitik durch den Brexit nur bedingt betroffen seien. Denn „Sicherheit beginnt in Berlin, Paris und Tallinn“, auf nationaler Ebene. Aus polnischer Perspektive bereite der Brexit aber durchaus Sorgen, denn Großbritannien sei ein Partner, der „liefert“: „Wir müssen das Königreich ganz nah an Europa lassen“, fordert Jankowski. Doch er vertraut ganz auf das britische Engagement: „Großbritannien verlässt zwar die EU, zieht sich aber nicht aus der europäischen Sicherheit zurück.“
Gefährdung der europäischen strategischen Autonomie
Weniger positiv allerdings blickt Sarah Raine vom Londoner Think Tank IISS in die Zukunft europäisch-britischer Sicherheitszusammenarbeit. Der Brexit zwinge Europa zu überprüfen, wo es mit der GSVP gerade stehe – und wo es eigentlich hinwolle. Die Untersuchungsergebnisse der europäischen Sicherheits- und Verteidigungsfähigkeiten – ohne die Briten – bereiten ihr jedenfalls Sorgen. Diese vorzuhalten sei sehr dringlich, auf europäischer Ebene mangele es aber an einem Bewusstsein dafür, so Raine. Sie sieht mit dem britischen Wegfall die europäische strategische Autonomie gefährdet.
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