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Wie wir leben, wie wir arbeiten, wie wir regieren – die Digitalisierung verändert die Gesellschaft, die Wirtschaft und die Politik. Wie können wir auf die Veränderungen angemessen reagieren? Welche Potentiale sollten wir ausschöpfen? Und welche Herausforderungen müssen wir angehen? Die Konferenz bot eine Plattform, um diesen Fragen auf den Grund zu gehen. Dabei soll es das gemeinsame Ziel sein, Europa fit für die digitale Zukunft zumachen.
Readie Policy Summit from Nesta UK on Vimeo.
Die Veranstaltung wurde durch Vertreter der Partnerorganisationen eröffnet. Schlagwörter wie Industrie 4.0 seien zwar Gegenstand der öffentlichen Debatte, aber häufig wüssten wir nicht, was sich eigentlich dahinter verberge, so Valerie Mocker, leitende Wissenschaftlerin bei Nesta. Das Kürzel „4.0“ stehe für etwas Neues, noch nie dagewesenes, betonte wiederum Geoff Mulgan, der Vorstandvorsitzende von Nesta. Die Gesellschaft stünde also vor der schwierigen Aufgabe, sich mit dieser rasanten Entwicklung kritisch auseinanderzusetzen - auch wenn es keine Erfahrungswerte gäbe, auf die man zurückgreifen könnte, führt Mulgan weiter aus. Das Leitmotiv der Konferenz war „Digitalisierung besser gemacht“. Diesem Ansinnen folgend wurden gelungene Beispiele der Digitalisierung vorgestellt und diskutiert.
2050: Ein Blick die digitale Zukunft der Arbeitswelt
Wie definieren wir Arbeit in der digitalen Welt? Wird der Mensch durch Roboter in der Zukunft ersetzt werden? Dr. Cornelia Daheim, Gründerin von Principle Future and Impacts Consulting, meinte nein. Es sei Fakt, dass sich die Art wie wir und von wo wir arbeiten im Jahr 2050 durch die Digitalisierung stark verändern werde. Dies seien grundlegende Veränderungen, mit denen man sich auseinandersetzen müsse, sei doch die Arbeit „die Bausubstanz“ unserer Gesellschaft, stellte Daheim fest. Ein Teil der Arbeit, die bis heute von Menschen verrichtet werde, werde in Zukunft automatisiert werden. „Aber durch die Digitalisierung wird der arbeitende Mensch nicht abgeschafft, denn die Digitalisierung braucht einen klugen Kopf, der sie gestaltet“, sagte Daheim.
Regieren 4.0
Digitalisierung verändert auch die Beziehung zwischen Staat und Bürger, denn sie kann eine vollkommen neue Art der Bürgerbeteiligung ermöglichen. Die Taiwanesin Jacyln Tsai, Gründerin von Lee, Tsai & Partners und ehemalige Ministerin, treibt schon seit Jahren die digitale Entwicklung in ihrem Land voran. Während ihrer Amtszeit war sie maßgeblich an der Entstehung von „vTaiwan“, einer e-democracy Plattform, beteiligt. Es handelt sich hierbei um eine Initiative, die nicht von der Regierung gesteuert wird, sondern den freien Meinungsaustausch ermöglichen soll. Im März 2014 gab es in Taiwan eine studentische Protestbewegung, die sogenannte Sonnenblumen-Bewegung. Die Proteste verhinderten damals erfolgreich, die Öffnung Taiwans gegenüber der Volksrepublik China. Tsai zeigte in eindrücklicher Art und Weise, wie „vTaiwan“ zur landesweiten Unterstützung der studentischen Protestbewegung geführt hat und bis heute von vielen Bürgerinnen und Bürgern genutzt wird, um sich an politischen Fragenstellungen zu beteiligen und so maßgeblich Politikinhalte zu beeinflussen.
Auch größere Transparenz kann die Beziehungen des Staates zum Bürger nachhaltig verändern. Der slowenische Vize-Premierminister und Minister für öffentliche Verwaltung, Boris Koprivnkar, teilte seine Vision, wie in der digitalen Welt, Daten bereitgestellt werden sollen. Open Data berge unendliche Möglichkeiten für Unternehmen, aber auch den öffentlichen Sektor. Die Herausforderungen bestünde darin, offene Fragen zu Datenschutz oder Besteuerung anzugehen– hier sei insbesondere der Staat gefragt. Koprivnkar beschrieb Digitalisierung als einen „großen Organismus“, dessen Zellteile mit einander verbunden werden müssten, um Synergien zu schaffen.
Digitalisierung im Bildungssektor
Zu diesem großen Organismus gehört auch die Bildung. Wie man digitale Kompetenzen in den Bereichen Gesellschaft, Beruf, Politik und im Bildungssektor weiterausbauen kann, diskutierten Experten aus Europa in einer anschließenden Diskussion. Erki Urva setzt sich in Estland mit seiner Stiftung dafür ein, dass die Digitalisierung auch in den Schulen Einzug erhält. „Wir erklären den Lehrer in Fortbildungen, wie sie digitale Technologien im Mathematik- oder Musikunterricht verwenden können“, sagte der Vorsitzende der estländischen IT Foundation for Education. Estland nimmt bei der Digitalisierung in Europa eine Vorreiterrolle ein. Von der Steuererklärung bis hin zu Bürgeramtsanträgen läuft vieles elektronisch. Die E-Government-Dienste und der öffentliche Dienstleistungssektor wurden in den vergangenen Jahren massiv ausgebaut. Urva hilft mittels Investitionen für Schulen, diesen Fortschritt auch in das Bildungssystem zu übertragen.
Auch Nadine Schön ist überzeugt, dass die Jugend fit für den digitalen Wandel gemacht werden müsse. Gerade in Deutschland gebe es aufgrund der Unterteilung in einzelne Bundesländer starke Unterschiede im Bildungssystem. Dies gelte es auszugleichen. „Die Lehrerausbildung und Lehrpläne müssen an die Digitalisierung angepasst werden“, forderte die Bundestagsabgeordnete, die zuständig ist für Familienpolitik und „Digitale Agenda“ in der CDU/CSU-Fraktion. Den Schülern müsse mehr unternehmerisches Denken, fächerübergreifend digitale Kompetenzen und technisches Know-How vermittelt werden. Dazu seien Kooperationen mit Start-up-Unternehmen ebenfalls sinnvoll, die in den Schulen ihr Business erklären und für das Unternehmertum werben. Schön betonte, dass ein Erfahrungsaustausch und eine Vernetzung innerhalb Deutschlands und über Landesgrenzen hinaus zwingend nötig sei und nur so die bestehenden Ansätze weiterentwickelt werden könnten.
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