„Das Kinder- und Jugendschutzgesetz braucht ein Update für den Schutz von Heranwachsenden in der digitalen Welt“ – das war eine zentrale Aussage des digitalen Fachgesprächs „Kinder und soziale Medien“ der Konrad-Adenauer-Stiftung am 8. April in Berlin. Eröffnet wurde die Veranstaltung von Elisabeth Hoffmann, Referentin für Familie und Jugend: „Heranwachsende verbringen in ihrer Freizeit durchschnittlich fünf bis sechs Stunden pro Tag mit sozialen Medien, Online-Games und Videospielen. Mehr als ein Viertel hat bereits eine Mediensucht entwickelt“.
Mitschnitt der Veranstaltung
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Kinder sind die schwächsten Mitglieder der Gesellschaft. Sie brauchen Schutz, auch vor ungeeigneten Inhalten im Internet, so eine der zentralen Forderungen der Expertenrunde. Bereits im Grundschulalter besitzen die meisten Kinder ein eigenes Smartphone und haben damit Zugang zum Internet. Dort treffen sie auf brutalste Gewaltdarstellungen und erleben Cybergrooming – fasste Digitaltrainer Daniel Wolff seine Erfahrungen aus Workshops mit über 170.000 Kindern zusammen: „Ich glaube, dass Eltern nicht wissen, was in ihren eigenen Kinderzimmern passiert. Wenn ich in Grundschulen frage, wer schon einmal etwas so Schreckliches gesehen hat, dass er es nicht mehr vergessen kann, melden sich fast alle Kinder.“
„Kriminalität im Cyberspace, eigentlich auf jeder Plattform, ist für Kinder längst Normalität. Es ist auch Aufgabe der Sicherheitsbehörden, den Kinderschutz im digitalen Raum zu gewährleisten. Und der findet derzeit nicht statt“, bestätigte Prof. Dr. Thomas-Gabriel Rüdiger, Leiter des Instituts für Cybercrime an der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg.
Die Expertenrunde aus Politik, Wissenschaft, Verbänden und Praxis diskutierte über Gefahren für die Jugend durch die sozialen Medien und Möglichkeiten des Kinderschutzes. Das Geschäftsmodell sozialer Medien sei die Suchterzeugung, „denn maximale Nutzungszeiten sind das Geschäftsmodell der Aufmerksamkeitsökonomie“, betonte Prof. Dr. Peter Kirchschläger (ETH Zürich). „Soziale Medien sind eigentlich asoziale Medien, weil sie von Anfang an als Suchtprodukte konzipiert wurden“.
Prof. Dr. Christian Montag (Universität Macau) sprach sich dafür aus, auch die jungen Leute einmal zu fragen, wie sie sich das Medienverhalten ihrer Eltern wünschen. „Unser Nachwuchs findet es auch nicht toll, wenn Eltern immer nur auf ihr Smartphone starren.“ Er betonte den weiteren Forschungsbedarf zu den Auswirkungen von Social Media. Darauf könne man nicht warten, entgegnete Prof. Dr. Aida Bikic (Universität Odense). Dänemark bereite derzeit ein Gesetz vor, das das Mitbringen von Smartphones in Grund- und Sekundarschulen verbiete, erklärte Prof. Bikic. Damit wolle man nicht nur die Lernleistungen der Kinder verbessern, die seit der Digitalisierung der Schulen in Dänemark auf einen historischen Tiefstand gesunken seien, sondern es sollten auch Suchtgefahren eingedämmt und grundlegende Fähigkeiten wie das Schließen von Freundschaften im realen Leben wieder erlernt werden. „Vielleicht“, fügte sie hinzu, „ist die langsamere Digitalisierung der Schulen in Deutschland ein Glücksfall“.
Die Elterninitiative „Smarter Start ab 14“ hat am 8. April 2025 eine Petition mit 30.000 Unterschriften an den Bundestag übergeben, in der für Deutschland ein Gesetz gefordert wird, das es Tech-Konzernen verbietet, Jugendlichen unter 16 Jahren Zugang zu Social-Media-Plattformen zu gewähren. Vorbild sei die Gesetzesinitiative in Australien, sagte die Mitbegründerin der Elterninitiative, Rechtsanwältin Verena Holler, die aber auch die Eltern in der Pflicht sieht: „Kinder werden nicht mit dem Smartphone geboren, es wächst auch nicht auf den Bäumen, sondern die Eltern geben es ihrem Kind.“
Die wichtigsten Fakten im Überblick:
- Soziale Medien verändern Kindheit und Jugend: TikTok, Instagram und Snapchat machen aus dem kindlichen Spieltrieb ein Geschäftsmodell und füttern die Neugier mit endlosen Feeds.
- Die Mechanismen dahinter sind gnadenlos – sie optimieren nicht auf Glück, sondern auf maximale Bildschirmzeit.
- Jugendliche verlieren, was Jugend einmal war: Freiheit, Unbeschwertheit und echte Erlebnisse.
- Eine Kindheit, die überwiegend vor dem Smartphone verbracht wird, macht Kinder körperlich und seelisch krank.
Die auf Glücksspiele spezialisierte Rechtsanwältin Elena Marks von der Kanzlei Noerr (München) verwies auf eine zunehmende wirtschaftliche Ausbeutung von Kindern durch süchtig machende „Lootboxen“ (virtuelle Beutekisten). Sie befinden sich in beliebten Online-Spielen für Kinder, von denen Eltern oft nichts wüssten. Nach Recherchen des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages wurden mit solchen In-Game-Käufen im Jahr 2022 rund 5,5 Milliarden Euro umgesetzt. Hier könne der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz Gebrauch machen und den rechtlichen Rahmen des Jugendschutzgesetzes nutzen.
Natalie Klauser, Referentin für den Demografischen Wandel, und Lili Pöschl, Jurastudentin und Sprecherin des Jugendbeirats der Konrad-Adenauer-Stiftung, hielten das Schlusswort der Expertenrunde. Natalie Klauser betonte die politische Verantwortung des Staates für einen rechtssicheren Raum für Kinder und Jugendliche im Cyberspace. Lili Pöschl brachte ihre persönliche Perspektive ein. Für sie habe die Smartphone-Ära erst mit dem Eintritt ins Gymnasium begonnen: „Vor dem Smartphone habe ich viel mehr gelesen, konnte besser mit Langeweile umgehen, war geduldiger und konzentrierter. Wir alle wünschen uns für unsere Kinder eine Kindheit, an die wir uns gerne erinnern – voller echter Erlebnisse, Freundschaften und Entdeckungen. Kindheit ist sicher keine Zeit, die hauptsächlich mit endlosem Scrollen durch TikToks verbracht werden sollte.“
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