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In gleicher Weise stellt die Bekämpfung der Korruption und der organisierten Kriminalität ein grundlegendes Ziel dar. Bei der Bekämpfung der Korruption hat Albanien im Vergleich zum EU-Fortschrittsbericht des letzten Jahres so gut wie keine positiven Entwicklungen vorzuweisen. Bei der Bekämpfung der organisierten Kriminalität proklamiert die Regierung für sich Erfolge, insbesondere im Kampf gegen den Drogenhandel und der Stärkung des Ansehens der Polizei. Davon ist zurzeit jedoch wenig zu merken. Als wichtigste Schlüsselpriorität gilt die Justizreform, die am 21./22. Juli 2016 einstimmig im albanischen Parlament beschlossen wurde.
Zwischen dem Stabilisierungs- und Assoziierungsabkommen im Jahre 2006 und dem einstimmigen Beschluss aller Parteien zur Justizreform zehn Jahre später liegt ein langwieriger Prozess. Seitdem das Land offizieller EU Beitrittskandidat (2014) ist, müssen sich sowohl Regierung als auch Öffentlichkeit viel intensiver mit dem Rechtssystem und der mit ihr verbundenen Korruption befassen. Durch die Justizreform soll die gesamte Judikative umgestaltet werden, sodass die Institutionen unabhängig, unparteilich und gerecht fungieren können.
Seit September 2014 wird die Justizreform durch das EU-finanzierte Projekt EURALIUS (European Assistance Mission to the Albanian Justice System: Consolidation of the Justice System in Albania) unterstützt und die Umsetzung begleitet, ebenso wie durch zwei Programme der USA: OPDAT (the Overseas Prosecutorial Development, Assistance and Training Program) und ICITAP (the International Criminal Investigative Training Assistance Program, seit 1998 tätig).
Bereits 2010 hat Albanien die ersten Reformprozesse wie beispielsweise die Gewährleistung eines funktionierenden Parlaments eingeleitet. Inzwischen arbeitet die Regierung verstärkt an Reformen, die den Schutz von Menschenrechten garantieren und Korruption und organisiertes Verbrechen bekämpfen.
Albaniens politische Landschaft wird vor allem durch die Unstimmigkeiten zwischen den zwei großen politischen Lagern, der Demokratischen Partei (DP), die sich derzeit in der Opposition befindet, und der regierenden Sozialistischen Partei (SP), charakterisiert, deren „Kampf“ um einen Kompromiss im Bewilligungsprozess der Reform besonders stark zur Geltung gekommen ist.
Als externer Faktor, der die Lage aus Sicht der albanischen politischen Akteure zusätzlich belastet hat, ist der Druck der internationalen Organisationen zu nennen, insbesondere der Botschafter der Vereinigten Staaten und der Europäischen Union: Donald Lu (USA) und Romana Vlahutin (EU) übten sowohl medial als auch nicht-öffentlich starken Druck auf die Opposition aus, in der Hoffnung, dass ein Kompromiss erreicht werden würde. Mit Mahnungen, dass albanische Politiker auf die „Schwarze Liste“ der USA kommen würden oder der EU-Kandidatenstatus aberkannt werden würde, erreichte das Bemühen um eine Einigung ihren Höhepunkt. Im Verlauf der „Verhandlungen“, die einen sehr beschuldigenden Charakter hatten und zumeist auf sozialen Netzwerken ausgetragen wurden, haben auch viele hochrangige Politiker aus dem Ausland Druck auf die Opposition ausgeübt, um einen Beschluss zu der Reform zu erzielen.
Erst mit dem Eintreffen von Victoria Nuland, Assistant Secretary of State des US-Außenministeriums, und der Frist des Beschlusses in unmittelbarer Nähe, wurden die festgefahrenen Verhandlungen wieder beschleunigt. Die Änderungsvorschläge Nulands wurden zu 95 % von der DP akzeptiert, allerdings wurde die führende Rolle, die die internationalen Akteure in der Sicherheitsüberprüfung von Richtern und Staatsanwälten haben sollten, kritisiert. Erst durch die Intervention Johannes Hahns, des EU-Kommissars für Europäische Nachbarschaftspolitik und Erweiterungsverhandlungen, konnte eine Einigung erzielt werden. Die drei Parteivorsitzenden Basha, Meta und Rama einigten sich mit den internationalen Partnern darauf, dass Letztere nur eine überwachende Rolle in der Sicherheitsüberprüfung übernehmen sollten.
Was wird nun konkret erwartet?
Die albanische Regierung steht vor vielerlei Herausforderungen. Es geht nicht nur um die konsequente Umsetzung und Implementierung der Reform, sondern auch darum die Erwartungen der Albaner zu erfüllen und deren Vertrauen in ihre Regierung zurückzugewinnen. So hat beispielsweise eine Umfrage des Institute for Development, Research and Alternatives gezeigt, dass 60 % der Befragten glauben, die Implementierung der Justizreform sei nicht effektiv, da die Leute innerhalb des Systems korrupt sind. Eine Änderung des Systems würde nicht zwangsläufig die Korruption, insbesondere auf hoher Ebene, beseitigen. Korruptionsermittlungen haben bislang wenige Erfolge aufweisen können, denn die Fäden, die in den obersten Reihen der Politikverantwortlichen gewebt wurden, sind schwer zu entflechten. Dieses Problem soll mittels einer Sonderstaatsanwaltschaft und eines Nationalen Ermittlungsbüros bekämpft werden.
Von besonderer Wichtigkeit wird das sogenannte „Vetting Law“ (Sicherheitsüberprüfung) für Richter und Staatsanwälte sein. Im August 2016 begannen die Verhandlungen zu diesem Gesetzespaket, das mit fünf Regelungen einhergeht. Zu den Empfehlungen von EURALIUS hat die Demokratische Partei 55 Seiten Anmerkungen verfasst (20 Empfehlungen der DP wurden von EURALIUS angenommen). Das Gesetzespaket wurde schließlich am 24. August ohne die Stimmen der Opposition angenommen und trat am 20. September in Kraft. Lulzim Basha, der Vorsitzende der DP, kündigte indes an, das „Vetting Law“ beim Verfassungsgericht überprüfen zu lassen, da nach Auffassung der DP weite Teile des Gesetzes verfassungswidrig seien.
Aus den obengenannten Sachverhalten, ergibt sich folgendes Problem: die DP erschwert und verzögert durch ihr Vorgehen die Implementierung der Gesetze. Dies wird auch von der Sozialistischen Partei so dargestellt und von der Bevölkerung entsprechend wahrgenommen.
Die Umsetzung der Reform wird unter anderem die Überprüfung von ungefähr 800 Richtern und Staatsanwälten mit sich ziehen. Des Weiteren wird ein Paket von ungefähr 40 Umsetzungsgesetzen von Nöten sein, um die Reform zu realisieren.
Da die Justiz in Albanien bisher stark von den politischen Parteien abhängt, bleibt abzuwarten wie die Implementierung der Reform weiter verlaufen wird. Die Justizreform ist ein wichtiger Schritt Albaniens in Richtung EU-Beitrittsverhandlungen. Allerdings müssen einige Probleme, die die Implementierung der Reform selbst beeinträchtigen können, erörtert werden. Es müssen daher Lösungen für die nächsten Jahre gefunden werden. Herausforderungen für die Implementierung finden sich in den Institutionen selbst: es fehlt dort an Kapazität zur Gesetzgebung und Gesetzesfolgenabschätzung. Des Weiteren fehlen im albanischen Haushalt Mittel zur Umsetzung der Reform und eine zuständige Stelle, die dieses Aufgabengebiet abdeckt. Bisher gibt es nicht genug Erfolge vorzuweisen, um das albanische Rechtssystem an den acquis communautaire anzupassen. Es bleibt also abzuwarten, ob die Reform in den nächsten Monaten oder gar Jahren erfolgreich umgesetzt werden kann. Albaniens europäische Perspektive wird sich hieran messen lassen müssen.