„Eine starke und unabhängige Justiz ist ein Grunderkennungsmerkmal des Rechtsstaats“, sagte Prof. Dr. h.c. Rudolf Mellinghoff gleich zu Beginn seiner Rede und wandte sich der derzeitigen Debatte zu, ob die DDR wirklich ein ‚Unrechtsstaat‘ gewesen sei. Prof. Dr. Bernhard Vogel, der Ehrenvorsitzende der Adenauer-Stiftung und ehemalige Ministerpräsident Thüringens habe in einer Rede einmal gesagt: „In einem Rechtsstaat gelten Grundrechte für jeden ohne Ausnahme, ist das Handeln der staatlichen Organe an Gesetze gebunden und sind sie richterlicher Kontrolle unterworfen.“ All das habe auf die DDR nicht zugetroffen, so der Präsident des Bundesfinanzhofs. Sie sei nicht nur ein Unrechts-, sondern auch ein Willkürstaat gewesen.
Grundsätzlich sei sich Deutschland heute der Bedeutung seiner Justiz für den Rechtsstaat zwar bewusst, doch gebe es in letzter Zeit Entwicklungen, die die Frage aufwerfen, ob sich die Politik in ihrer Prioritätensetzung, in der Themenwahl und in der Wahrnehmung ihrer Aufgaben der Bedeutung der Justiz stets bewusst sei. Jüngste Äußerungen ließen eine mangelnde Wertschätzung, wenn nicht sogar Missachtung der Justiz erkennen. Jeder Richter könne juristische Fehlurteile benennen und persönliche Eskapaden Einzelner dürften selbstverständlich kritisiert werden. Es werde jedoch eine Grenze überschritten, wenn der Justiz medienwirksam eine Missachtung ihrer Dienstpflichten vorgehalten werde oder wenn ihr Wille und Bereitschaft zur funktionsgerechten Aufgabenerfüllung insgesamt abgesprochen werde. Dabei verwies Mellinghoff insbesondere auf das jüngste Buch von Norbert Blüm und auf die jüngste Kritik an den Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts.
Außerdem war Mellinghoff der Politik mangelnden Respekt vor der Stellung der Justiz im demokratischen Rechtsstaat vor, wenn sie Gerichtsstandorte ohne sachlichen Grund zur Disposition stelle, obere Landesgerichte in Plattenbauten am Rande von Städten in problematischen Gewerbegebieten unterbringe oder durch rechtlich fragwürdige Personalmaßnahmen auf kaltem Wege die im Grundgesetz nicht vorgesehene Zusammenlegung der Fachgerichtsbarkeiten betreibe.
Dr. Hans-Gert Pöttering verwies in seiner Begrüßungsrede auf Umfragewerte, denen zufolge zwei Drittel der Deutschen ihrem Justizsystem großes Vertrauen entgegenbringen, mit einem besonders hohen Zustimmungswert von 80 Prozent für das Bundesverfassungsgericht. Gleichzeitig seien jedoch viele davon überzeugt, dass öffentliche Bekanntheit und Geld Einfluss auf die Urteilsfindung hätten und kritisieren eine grundsätzliche Überlastung deutscher Gerichte, so der Vorsitzende der Adenauer-Stiftung und ehemalige Präsident des Europäischen Parlaments. „Das sollte uns alle zum Nachdenken bringen.“
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