Der erste Stopp war das Museum GRENZHUS in Schlagsdorf. Zunächst führte uns Herr Müller, der schon während der Teilung beim Bundesgrenzschutz (BGS) arbeitete, über das Außengelände des Museums. Müller legte den Schwerpunkt der Führung auf seine Arbeit beim BGS. Der pensionierte Beamte war zehn Jahre lang in dem Gebiet rund um den Mechower See tätig. Zu seinen Aufgaben gehörten unter anderem die Abarbeitung von Streifenaufträgen als Gruppenführer und das Fotografieren der Grenze, um alle Veränderungen in Grenznähe stets im Blick zu haben.
Nach der wohlverdienten Mittagspause – die KAS-Gruppe war seit früh morgens unterwegs – wurde die Gruppe von dem Museumsleiter Dr. Andreas Wagner durch die Dauerausstellung geführt. Während des Rundgangs ging Wagner sowohl auf die Historie der Deutschen Teilung ein als auch auf die regionalen Auswirkungen. Eine Besonderheit des Museums ist die Lage im Biosphärenreservat Schaalsee-Elbe, weswegen es Museum und Informationszentrum zugleich ist. Wagner erklärte, dass das Grüne Band, welches den ehemaligen Grenzstreifen meint, die Vergangenheit mit der Gegenwart vereint. Der Museumsleiter appellierte, dass geschichtliche Erfahrungen genutzt werden sollten, um die Gegenwart besser zu verstehen.
Der letzte Programmpunkt des Tages brachte uns nach Wismar. Dort hielt der Autor Bodo Müller einen Vortrag über sein Buch „Über die Ostsee in die Freiheit“ Müller begann mit einer Lesung aus dem Buch. Während des Vortrages ging er nicht nur auf diverse Fluchtgeschichten ein, die im Buch vorkommen, sondern auch auf seine eigene. Nach einem misslungenen Fluchtversuch 1985 stellte er 1986 einen Ausreiseantrag. Daraufhin erteilte ihm der SED-Staat ein Berufsverbot. Schließlich hatten die Teilnehmenden die Gelegenheit, Fragen zu stellen. Unter anderem interessierten sie sich dafür, wie und ob in Familien Fluchtgeschichten thematisiert wurden und ob ein gewisses Misstrauen gegenüber Menschen auch nach der friedlichen Revolution blieb.
Dienstag machten wir uns auf den Weg zur Gedenkstätte Deutsche Teilung Marienborn. Die Gedenkstätte ist der ehemals größte Grenzübergang zwischen der Bundesrepublik und der DDR. Er wurde 1971 erbaut und 1974 in Betrieb genommen. Von dem ursprünglich 31 Hektar großen Gelände sind heute nur noch 7.3 Hektar übrig geblieben. Unser Guide Angelika Maedicke führte uns unter anderem zum Kommandantenturm sowie zu einer Baracke der DDR-Passkontrolle. Dort stellte sie zum Abschluss mithilfe von zwei Teilnehmenden eine Zoll- und Passkontrolle nach.
Im Zonengrenzmuseum in Helmstedt konnte das Wissen über die innerdeutsche Grenze nochmals vertieft werden. Besonders interessant ist die Geschichte der Braunschweigischen Kohle-Bergbau Gesellschaft (BKB). Der Tagebau Wulfersdorf befand sich inmitten des Grenzgebietes. 1952 beschlagnahmte die Volkspolizei alle Großgeräte und Werksbahnen auf östlicher Seite, die BKB wurde also enteignet. Bis dato wurden die Mitarbeiter allerdings in Westmark bezahlt. Nach 1952 wurde vorerst unabhängig voneinander auf beiden Seiten Kohle abgebaut. Da die Kohlereserven in den 1970er-Jahren immer knapper wurden, einigte man sich 1976 im Rahmen der deutsch-deutschen Entspannungspolitik darauf, die Grenzpfeilerkohle, welche unmittelbar unter der Grenze lag, gemeinsam abzubauen. Davon profitierte die DDR erheblich, denn sie benötigte die Ressource dringend, um Strom produzieren zu können.
Am frühen Mittwochmorgen ging es für einen kurzen Zwischenstopp nach Wernigerode. Dort hielt Prof. Dr. med. Jörg Frommer einen Vortrag über gesundheitliche Langzeitfolgen von SED-Unrecht, basierend auf dem gleichnamigen länderübergreifenden Forschungsprojekt. Frommer ist Psychoanalytiker und Lehranalytiker in Magdeburg und war von 1996 bis 2021 Gründer und Inhaber des Lehrstuhls für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Auf die Frage, was ihm während des Projektes besonders in Erinnerung blieb, ging Frommer vor allem auf die politische Traumatisierung in Jugendwerkhöfen ein und auf das Zwangsdoping im Leistungssport, insbesondere bei (vor-)pubertären Mädchen.
Wir konnten die Eindrücke nur kurz sacken lassen, bevor es zum Bahnhof Wernigerode ging. Dort wartete schon die historische Brockenbahn auf uns. Die Fahrt auf den Brockengipfel nutzten die Teilnehmenden, um sich über den vorherigen Vortrag auszutauschen. Nachmittags empfing uns Christopher Lampert, Geschäftsführer des Brockenhauses im Museum. Er schilderte uns unter anderem, wie der Brocken während der DDR-Zeit als militärisches Sperrgebiet genutzt wurde und wie dessen Befreiung 1989 ausschaute.
Vor unserer Rückreise nach Bremen beleuchteten wir am Donnerstag noch einige juristische Aspekte. Wir fuhren nach Salzgitter, um dort Hans-Hermann Lochen zu treffen, der von der ehemaligen Zentralen Erfassungsstelle der Landesjustizverwaltungen Salzgitter berichtete. Die Erfassungsstelle sammelte von 1961 bis 1992 Informationen und Beweismaterialien, um nach der Wiedervereinigung Strafprozesse zu ermöglichen. Der SED-Staat fühlte sich wohl so sehr bedroht, dass Erich Honecker die Schließung der Erfassungsstelle in den Geraer Forderungen verlangte. Obwohl in der vermeintlichen Feindorganisation nur sieben Personen arbeiteten und viele davon halbtags, wurden sie von der Stasi stets beobachtet.
Nach vier Tagen kehrten wir von einer Studienreise zurück, die unseren Teilnehmenden eine Menge an neuem Wissen über die 1378 km lange ehemalige innerdeutsche Grenze vermittelte. Nicht nur das, es herrschte in der Gruppe eine sehr angenehme Atmosphäre, die einen offenen Austausch ermöglichte. Wir hoffen, dass unsere Teilnehmenden diese Studienreise genauso lehrreich und interessant in Erinnerung behalten werden wie wir.
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