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Von kleinen und großen Schritten

50 Jahre Deutschland in den Vereinten Nationen

BONNER FORUM - Feierstunde der Konrad-Adenauer-Stiftung zum Tag der Deutschen Einheit in Bonn

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Wegmarken der deutschen und europäischen Geschichte sowie internationale Weichenstellungen geben den Rahmen für die Feierstunde der Konrad-Adenauer-Stiftung am Tag der Deutschen Einheit vor. Seit 2003 und damit seit 20 Jahren lädt die Stiftung zunächst ins Wasserwerk, nunmehr in den von Günter Behnisch gestalteten Plenarsaal zum Diskutieren und Nachdenken ein, wie Norbert Lammert bemerkte. Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung begrüßte rund 700 Gäste, um anlässlich des Beitritts beider deutscher Staaten zu den Vereinten Nationen am 18. September 1973 über die Rolle und Wirkung dieses Zusammenschlusses von 193 Staaten zu sprechen.

Seit 1945 habe es inner- und zwischenstaatlich mehr als 245 Kriege gegeben – mit Millionen Opfern. Doch es sei nicht die Haltung angesichts solcher Entwicklungen zu verzagen: Deutschland sei sich als zweitgrößter Beitragszahler im System der Vereinten Nationen seiner besonderen Geschichte und Verantwortung bewusst und an dem Ziel der Friedenssicherung herausgehoben beteiligt. Den wichtigen Beitrag Deutschlands griff Volker Türk, Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte, in seiner anschließenden Videobotschaft auf und erinnerte an ein weiteres Jubiläum in diesem Jahr: die Unterzeichnung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte vor 75 Jahren. Ohne Menschenrechte könnten die drei Säulen der Vereinten Nationen – Frieden, Sicherheit und Entwicklung – nicht erreicht werden.

 

Brücken bauen zwischen Idealen und Realitäten

Gern zurückgekehrt an seine alte Wirkungsstätte als Bundesminister war Klaus Töpfer, u.a. ehemaliger Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP). In seinem Impuls sorgte er sich um die Handlungsfähigkeit der Vereinten Nationen und regte an, nicht punktuell Anpassungen vorzunehmen, sondern strukturelle Veränderungen herbeizuführen, beispielsweise parallel zum blockierten Sicherheitsrat einen Weltrat für Entwicklung aufzubauen, der die Umsetzung der Nachhaltigkeitsziele zum Ziel habe. Und damit trafen Politik und Wissenschaft aufeinander: Den Rahmen des Möglichen und juristisch Vorgegebenen skizzierte Stefan Talmon, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Völkerrecht und Europarecht an der Universität Bonn. Jede größere strukturelle Veränderung bedürfe einer Anpassung der Verträge; zwei Drittel der Mitgliedstaaten müssten einer Veränderung der UN-Charta zustimmen – also 130 Staaten, darunter auch die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates. Eine wegen des drohenden Macht- und Bedeutungsverlusts sehr unwahrscheinliche Option. Alle seit 1979 laufenden Reformbemühungen seien an Partikularinteressen gescheitert. Der Weltsicherheitsrat und das derzeitige UN-System seien derzeit unreformierbar.

Die juristische Einordnung rief die Politik auf den Plan: Ja, die Arbeit in den Vereinten Nationen erfordere weiterhin ein hohes Maß an Frustrationstoleranz und müsse Stück für Stück weiterentwickelt werden, so Thorsten Frei, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag. Aber die Konstellation von 193 Mitgliedstaaten sei einzigartig und könne nicht durch weltweit entstehende multilaterale Gesprächskreise und Zirkel ersetzt werden. Die Glaubwürdigkeit der Vereinten Nationen hänge allerdings vom Eintreten für Werte wie Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit und Liberalismus ab. Notfalls müssten sie mit Waffengewalt durchgesetzt werden, wenn Diplomatie und Entwicklungszusammenarbeit nicht mehr ausreichten. Thorsten Frei und Vanessa Vohs, Mitglied im Vorstand der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V., betonten die kleinen und großen Fortschritte, die von der UN ausgingen: Friedensmissionen, Offenhalten humanitärer Kanäle in Kriegsgebieten wie Syrien, Verurteilung von Individuen für schlimmste Menschenrechtsverletzungen (Römisches Statut des Internationalen Strafgerichtshofs), die Resolution 1325 mit der Agenda „Frauen, Frieden und Sicherheit“. Aus Verhandlungen zur Rüstungskontrolle und zum Umgang mit autonomen Waffensystemen berichtete Vanessa Vohs über unüberwindbare Hürden aufgrund der russischen Haltung. Doch sie plädierte für Geduld: Nach jeder Eiszeit komme auch wieder ein Wärmephase, in der sich neue Optionen bieten.

 

Blick nach vorn

Grenzen und Möglichkeiten der Vereinten Nationen zeigte die Diskussion deutlich auf. Und was wünschen Sie sich, wenn wir uns in zehn Jahren wiedersehen?, fragte am Ende der Moderator Daniel Stroux, der für die UN selbst in zahlreichen Einsätzen unterwegs war, die Podiumsteilnehmer.

Stefan Talmon wünschte sich mehr Realitätssinn, weniger Idealismus, und die Erkenntnis, dass in den UN nach bisherigen Erfahrungen nur kleine Schritte, aber nicht der große Wurf gelingen könnte. Er plädierte für einen vorsichtigeren Umgang in der deutschen Sprache; die Redewendung von „unserer UN“ lasse im Ausland häufig den Eindruck entstehen, der Westen stehe gegen die anderen.

Trotz zunehmender Konflikte und wachsenden Selbstbewusstseins Chinas wünschte sich Thorsten Frei die UN als weiterhin relevanten Faktor in der Welt, die werte- und machtpolitische Gesichtspunkte berücksichtigt.

Hilfe nicht nur in Geldleistungen zu sehen, sondern gemeinsam adäquate Technologien zur Eindämmung des Klimawandels zu entwickeln und wirtschaftliche Partnerschaften einzugehen, um Wissen und Erfahrungen zu teilen, dafür plädierte Klaus Töpfer.

Dass die Arbeit der Vereinten Nationen präsenter sei und über die Programme mehr berichtet werde, mahnte Vanessa Vohs.

Die Zeit reiche natürlich nicht aus, um ein solch komplexes Thema abschließend zu behandeln, erklärte Ulrike Hospes, Landesbeauftragte der Konrad-Adenauer-Stiftung in Nordrhein-Westfalen, in ihrem Schlusswort. Sie dankte allen Podiumsteilnehmern für die engagierte Diskussion, in der verschiedene Sichtweisen, Einschätzungen und Interessen ihren Platz fanden. Insbesondere am Tag der Deutschen Einheit mache es sich die Konrad-Adenauer-Stiftung zur Aufgabe, daran zu erinnern, dass die Welt nicht stehen bleibt, dass auch Überwindungen von Diktaturen nicht die Lebensfähigkeit von Demokratien sicherten. Misserfolge dürften aber nicht dazu führen, Ideale für falsch zu halten. Jede Generation müsse sich ihren Aufgaben stellen.

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Videobotschaft Volker Türk (Hoher Kommissar der Vereinten Nationen für Menschenrechte)

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Dr. Ulrike Hospes

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Landesbeauftragte und Leiterin des Politischen Bildungsforums NRW /
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