Fast zwei Jahre ist der russische Angriff auf die Ukraine her. Seitdem hat sich die Weltlage alles andere als beruhigt: Die Kämpfe in unserer osteuropäischen Nachbarschaft dauern an, Schätzungen zufolge haben dort inzwischen mehrere hunderttausend Menschen ihr Leben verloren. Auch die Lage im Nahen Osten ist eskaliert – nachdem die Terrorgruppe Hamas Israel am 7. Oktober auf brutalste Weise angegriffen hat.
Diese militärischen Auseinandersetzungen haben längst auch die Frage aufgeworfen, wie es um die deutschen Verteidigungskapazitäten steht. Diese Frage war Thema einer Abendveranstaltung der Konrad-Adenauer-Stiftung Rheinland unter der Schirmherrschaft des Bundestagsabgeordneten Thomas Rachel. In ihrer Eröffnung warf Simone Gerhards, Leiterin des Büros Rheinland der Konrad-Adenauer-Stiftung, die Frage auf, wie diejenigen unterstützt werden können, die unsere Werte und unsere Freiheit verteidigen. Soldatinnen und Soldaten sähen sich mit neuen Realitäten konfrontiert, die ihr Berufsbild veränderten. Thomas Rachel sagte in seinem Grußwort, dass die Rolle der Bundeswehr und ihre Reputation gestärkt werden müssten: „Das muss die Politik erkennen. Wir müssen international als verlässlicher Partner angesehen werden.“
„Das bekommt eine ganz andere Ernsthaftigkeit“
Oberst Timo Heimbach schilderte im Anschluss, was die viel zitierte Zeitenwende für die Bundeswehr bedeutet: „Es ist ein Umdenken – weg von einzelnen Einsätzen, wie Mali oder Afghanistan, hin zur Landes- und Bündnisverteidigung. Unsere Strukturen befinden sich aktuell auf dem Prüfstand. Wir benötigen wehrhafte Streitkräfte, um uns für Aggressionen aufzustellen.“ Veränderungen in der Bundeswehr nimmt auch Militärbischof Dr. Bernhard Felmberg wahr: „Wenn ich jetzt merke, dass sich die Bundeswehr auf Szenarien vorbereitet, wo man davon ausgeht, dass am Tage Hunderte sterben, dass in der Sanität Dinge vorbereitet werden, die sich wesentlich davon unterscheiden, was bisher notwendig war, dann bekommt das eine ganz andere Ernsthaftigkeit.“ An der Stelle bekäme auch die Militärseelsorge eine neue Rolle. Denn: Wer zum Pfarrer gehe, der erzähle Dinge, die er sonst nicht erzählt. Für Soldatinnen und Soldaten sei das vor allem wichtig, um Erlebtes zu verarbeiten.
„Keiner kann mit drei Monaten Ausbildung am Eurofighter schrauben“
Moderatorin Edda Dammmüller öffnete die Diskussion anschließend für das Publikum. Es dauerte nicht lange, bis sich im voll besetzten Saal von Becker & Funck in Düren mehrere Gäste zu Wort meldeten. Wie die Lösung für Frieden in der Ukraine aussehen kann, wollte auf dem Podium keiner so schnell sagen. „Könnten wir darauf eine Antwort geben, hätten wir schon längst einen Nobelpreis“, sagte Thomas Rachel und machte klar, bei wem er die Verantwortung sieht: „Wenn Herr Putin morgen sagt, ich marschiere nicht weiter in der Ukraine, dann hätten wir Frieden. Er ist der Einzige, der diesen Hebel in der Hand hat.“
Aus dem Publikum kam auch die Frage nach der Wiedereinführung der Wehrpflicht oder eines Dienstjahrs. Schon zu Beginn der Diskussion machte Militärbischof Dr. Felmberg deutlich, dass Demokratie einen Wert hat und man sich für sie einsetzen muss – zum Beispiel mit einem Dienstjahr: „Vielleicht brauchen wir große Hebel, die deutlich machen, wir brauchen jetzt wieder eine stärkere Verbindung mit der Demokratie. Das heißt auch, dass man ein Jahr für Deutschland ableistet.“
Der Bundestagsabgeordnete Thomas Rachel verwies auf verfassungsrechtliche Herausforderungen und schlug ein anderes Modell vor: Seiner Vorstellung nach könne jeder junge Mensch zu einer Art „Musterung“ geladen werden. Bei einem Gespräch könnten dann Fähigkeiten und Interessen besprochen werden, die in einem Angebot münden – zum Beispiel in der Pflege, im ökologischen Bereich, in kirchlichen Einrichtungen wie der Caritas, oder auch in der Bundeswehr: „Wenn man auf die jungen Leute ernsthaft zugeht, sich mit ihnen beschäftigt und ihnen Angebote macht – ich glaube, dann wären wir schon einen Schritt weiter.“
Auch Oberst Timo Heimbach war von der Idee einer schnellen Wiedereinführung der Wehrpflicht nicht überzeugt. Die Bundeswehr sehe sich gerade mit ausreichend anderen Herausforderungen konfrontiert. In der momentanen Situation sei der Aufbau von zusätzlichen Strukturen kontraproduktiv. Und um Spezialisten auszubilden – die in der Bundeswehr gebraucht werden – brauche es eine längere Verpflichtungszeit: „Keiner kann mit drei Monaten Ausbildung am Eurofighter schrauben“, sagte Heimbach.
Wehrhaftigkeit fängt in der Gesellschaft an
Am Ende waren sich die Gäste auf dem Podium sicher: Wehrhaft zu sein bedeutet nicht nur, gut ausgestattete Streitkräfte zu haben. Wehrhaftigkeit bedeutet auch eine starke Gesellschaft, die sich zur Demokratie und zu Werten wie Freiheit und Toleranz bekennt.
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Landesbüro NRW und Regionalbüro Rheinland
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