Nacionalni izveštaji
Lange Zeit erschien es unsicher, dass ein Kompromiss in der Verfassungsfrage möglich wird. Um ein Referendum zu verhindern, das die Gefahr einer tiefer werdenden Kluft zwischen der sich als montenegrinisch und der sich als serbisch fühlenden Bevölkerung gebracht hätte, brauchte man im Parlament eine zweidrittel Mehrheit. Streitpunkte waren vor allem die Frage nach der Sprache und nach der Staatsbürgerschaft. Sollte Montenegro ein Staat der Montenegriner, Serben und anderer ethnischer Minderheiten sein oder ein Bürgerstaat, wie von der internationalen Gemeinschaft vorgeschlagen? Seit Mai dieses Jahres lief darüber die öffentliche Debatte. Es war ein wichtiger Prozess zur Identitätsfindung des jungen Staates.
Schließlich konnte am 19. Oktober die benötigte Mehrheit im Parlament gefunden werden, nachdem es der Regierungs-koalition aus DPS und SDP (zwei vom Namen her sozialdemokratische Parteien, die beide aus der ehemaligen kommunistischen Partei hervorgegangen sind) gelungen ist, die „Bewegung für Änderungen“ (PZP) für den Verfassungsentwurf zu gewinnen. Als Gegenleistung konnte PZP durchsetzen, dass die nächsten Wahlen um ein Jahr auf 2009 vorgezogen werden. Auch die kleinen Parteien der ethnischen Minderheiten, die BS (Bosnia-kenpartei), LP (Liberalenpartei) und die HGI (kroatische bürgerliche Initiative) stimmten für die Verfassung, sodass 55 von 76 Stimmen (das Parla-ment mit insgesamt 81 Sitzen war nicht vollständig vertreten) für die Verabschiedung zusam-menkamen. Gegen den Entwurf stimmten die 21 Abgeordneten der SNP (Sozialistische Volkspartei), NS (Volkspartei) und der SL (Serbische Liste).
Mit der neuen Verfassung wird Montenegro als bürgerlicher, demokratischer, ökologischer Staat der sozialen Gerechtigkeit und als Rechtstaat konstituiert. In der Präambel werden als freie und gleichberechtigte Bürger die Völker und nationale Minderheiten Montenegriner, Serben, Bosniaken, Albaner, Muslime, Kroaten und andere aufgezählt. Die Dienstsprache ist die montenegrinische Sprache. Als Amtssprachen gelten zudem die serbische, bosniakische, albanische und kroatische Sprache.
Zwei weitere sehr umstrittene Fragen waren die Behandlung der Kirchen und Glaubensgemeinschaften in der Verfassung und die Sicherung der richterlichen Unabhängigkeit.
Der montenegrinische Staat bemüht sich sehr um die Etablierung einer Montene-grinischen Orthodoxen Kirche, was das Selbstverständnis der Serbisch Orthodoxen Kirche (SOK) in Montenegro tief verletzt. Immer wieder kommt es deswegen zu heftigen Auseinandersetzungen zwischen der SOK und der Politik. Um den Streit zu umgehen, verzichtet die neue Verfassung auf eine Aufzählung der Kirchen und Glaubensgemeinschaften, die in Montenegro anerkannt sind. Es wird nur allgemein festgeschrieben, dass die Glaubensgemeinschaf-ten vom Staat getrennt sind. Für die SOK ist auch diese Formulierung kritikwürdig, denn sie versteht sich als Kirche und nicht als Glaubensgemeinschaft.
Für die Frage der richterlichen Unabhängigkeit ist der Kompromiss entwickelt worden, dass die Richter nicht durch das Parlament bestimmt werden sondern durch einen Gerichtsrat, dessen Zusammensetzung ebenfalls in der Verfassung festgelegt ist. Sie sieht vor, dass seine Mitglieder in einem ausgewogenen Verhältnis durch Richter und politische Institutionen ernannt werden.
Darüber hinaus enthält die Verfassung einen umfassenden Katalog an Grund- und Freiheitsrechten. Sie ist eine gute Grundlage für die Entwicklung des jungen Staates und schafft die Voraussetzung für einen Identifikationsprozess, der in Zukunft auch die serbische Bevölkerung integrieren kann.
Schon am 15. Oktober hat Montenegro das SAA in Brüssel unterzeichnet. Damit haben die Regierungsparteien den Beweis erbracht für ihre Behauptung im Unabhängigkeitsreferendum, dass eine Loslösung von Serbien den EU-Integrationsprozess Montenegros beschleunigen wird. Serbien hat die technischen Gespräche zum SAA derzeit zwar auch schon erfolgreich beendet. Für eine endgültige Unterzeichnung fehlt aber noch der Nachweis der vollen Kooperation mit dem Haager Tribunal.
Die Verabschiedung des SAA bringt dem kleinen Land eine Reihe von Vorteilen. Vor allem für die Wirtschaft und den Handel wird es Nutzen bringen,da es eine Freihandelszone vorsieht, mehr Bewegungsfreiheit für Arbeitnehmer und Erleichterungen in der Unternehmenskooperation. Manche Vorteile werden erst nach und nach wirken, zumal Monte-egro selbst noch einiges leisten muss, damit diese in Kraft treten können. Das gilt zum Beispiel für die Erleichterung des Visaregimes, das sichere Reisepässe und Gren-zen voraussetzt. Das Europäische Parlament, das das SAA mit Montenegro ausdrücklich begrüßt hat, macht noch auf eine Reihe weiterer Problempunkte aufmerksam, die nun von der Politik mit Elan angegangen werden müssten. Ausdrücklich zu nennen sind hier zum einen die noch notwendigen Bemühungen, den Anspruch eines ökologischen Staates zu genügen. Dazu gehörten die Schaffung eines Müllentsorgungssystems, ein Küstenschutzprogramm, Raumordnungsverfahren zur Sicherung der Naturlandschaft, alternative Energien und vieles weitere. Zum anderen gibt es noch viel zu tun zum Aufbau eines Rechtsstaats und der effektiven Korruptionsbekämpfung.
Mit der Verabschiedung der Verfassung und der Unterzeichnung des SAA hat Montenegro zwei große Schritte nach vorne gemacht. Nun müssen viele kleine Schritte folgen, um den jetzt abgesteckten Rahmen zur Entfaltung zu bringen.