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KAS/Länderbüro Ghana

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Wahlen in Ghana

Bleibt das Land ein „demokratischer Leuchtturm“ in einer zunehmend instabilen Region?

Kurz vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen am 7. Dezember geht der Wahlkampf in Ghana in die heiße Phase – im wahrsten Sinne des Wortes: Auch Temperaturen von deutlich über 30 Grad Celsius halten die Menschen in der Hauptstad Accra nicht davon ab, stundenlang am Straßenrand zu stehen und scheinbar unermüdlich Fahnen und Plakate mit den Farben und Symbolen ihrer Partei zu schwenken. Das rot-weiß-blau der New Patriotic Party (NPP) und rot-grün-schwarz-weiß des National Democratic Congress (NDC) – die beiden großen politischen Parteien im Land - sind in diesen Tagen die dominierenden Farben im Stadtbild. Die wachsende Spannung in der Bevölkerung ist mit Blick auf den Wahlausgang deutlich zu spüren, vor allem auch angesichts der nach wie vor kritischen wirtschaftlichen Lage im Land.

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Aber nicht nur die Ghanaer selbst, sondern auch westafrikanische Nachbarstaaten und internationale Partner schauen gespannt auf den Verlauf und möglichen Ausgang der kommenden Parlaments- und Präsidentschaftswahlen. In einer Region, die immer stärker durch politische Instabilität, sicherheitspolitische Bedrohungen, der Schwächung regionaler Bündnisse sowie einer Abwendung von westlichen Partnern geprägt ist, gilt Ghana für viele nach wie vor als „demokratischer Leuchtturm“. Im regionalen Kontext ist Ghana einer der letzten stabilen, handlungsfähigen und verlässlichen Akteure am Golf von Guinea. Vor allem mit Blick auf die sicherheitspolitische Zusammenarbeit in Westafrika scheint Ghana auf Grund des Wegbruchs anderer Partnerschaften – insbesondere in den Sahel-Ländern – für westliche Partner aktuell höher denn je im Kurs zu stehen. Im Moment liegt der Fokus dabei vor allem auf der Unterstützung von Maßnahmen der ghanaischen Regierung, die gegen die wachsenden Aktionsräume extremistischer Akteure an der Nordgrenze des Landes vorgehen. Diese Ausbreitung hat in den letzten Jahren maßgeblich zur politischen Destabilisierung der Sahel-Länder Mali, Niger und Burkina Faso beigetragen und stellt mittlerweile auch ghanaische Nachbarländer wie Togo, Benin und Côte d‘Ivoire vor ernstzunehmende sicherheitspolitische Herausforderungen.

 

Welche Themen dominieren den Wahlkampf?

Für den Lebensalltag der Mehrheit der Ghanaer und für den aktuellen Wahlkampf spielt das Thema Sicherheit jedoch bestenfalls eine untergeordnete Rolle. Für die Wähler stehen ganz klar andere Dinge im Vordergrund – allem voran die anhaltend schlechte finanzielle und wirtschaftliche Lage sowie die daraus erwachsenden sozialen Spannungen. Ghana, das einst als „Economic Trail Blazer“ galt, hat sich nach wie vor nicht von einer der schlimmsten Wirtschaftskrisen seit 30 Jahren erholt. Diese macht sich im Lebensalltag vor allem durch steigende Lebenshaltungskosten und eine anhaltend hohe Inflation bemerkbar. Die Gründe für die Wirtschaftskrise sind dabei komplex und einer Kombination aus externen und internen Faktoren geschuldet.

Die COVID-Pandemie mit ihren Lockdowns und Handelsunterbrechungen störte nicht nur den Inlandsmarkt und die globalen Lieferketten, von denen Ghana mit Blick auf viele Waren und Güter abhängig ist, sondern reduzierte auch die Nachfrage nach Rohstoffen wie Gold – eines der Hauptexportgüter Ghanas. Diese Ereignisse hätten die ghanaische Wirtschaft aber vermutlich weniger drastisch und nachhaltig getroffen, wenn nicht bereits eklatante interne Schwachstellen existiert hätten. So begann die aktuelle Regierung nach ihrem Wahlsieg 2016, einige ihrer größten Wahlversprechen einzulösen: Kostenlose Bildung an öffentlichen Gymnasien und die Wiedereinführung der Zulagen für angehende Krankenschwestern und Lehrer. Beides belastete die öffentlichen Kassen enorm. Gleichzeitig wurden verschiedenste Steuern, wie z.B. die Mehrwertsteuer auf Finanzdienstleistungen und Immobilien abgeschafft, was in der Folge zu einer spürbaren Verringerung der Staatseinnahmen führte. Die Regierung gab mehr aus, als sie einnahm. Daher sah sie sich schließlich gezwungen, zusätzliche Kredite aufzunehmen, um die Einnahmeausfälle auszugleichen. Dass diese Kredite dann nicht umsichtig genug eingesetzt und nicht ausreichend in kritische Wirtschaftssektoren investiert wurden, ist eine unter ghanaischen Wirtschaftsexperten und -analysten weitverbreitete Kritik.

Trotz dieser mannigfaltigen Herausforderungen war die Regierung lange optimistisch, dass sich die Wirtschaft nach der Pandemie wieder erholen würde. Doch dann folgte der Angriffskrieg auf die Ukraine und führte in Ghana, einem Nettoimporteuer von Lebensmitteln wie Weizen, schnell zu steigenden Preisen für Grundnahrungsmittel und anderen essenziellen Gütern. Eine Hyperinflation und Währungsabwertung brachten die ghanaische Wirtschaft – in Kombination mit der hohen Staatsverschuldung und entsprechenden Rückzahlungsverpflichtungen – schließlich an die Grenzen ihrer Handlungsfähigkeit. Ghanas öffentliche Schuldenquote stieg bis Ende 2022 auf über 80% des BIP an[1], im Dezember 2022 erklärte der Staat offiziell die Zahlungsunfähigkeit. Im Mai 2023 einigte man sich schließlich mit dem IWF auf ein Rettungspaket in Höhe von 3 Mrd. USD. Im Gegenzug verpflichtete sich Ghana u.a. zur umfassenden Restrukturierung seiner Auslandsschulden, zu Reformen in der Steuerpolitik, des öffentlichen Finanzmanagements und zur Förderung von privaten Investitionen.

Ein weiteres Thema, das sich in den letzten Wochen zu einem der dominierenden im Wahlkampf entwickelt hat, ist das Thema Galamsey. Der Begriff umschreibt in Ghana den illegalen Goldabbau, der sich durch die Abholzung von Waldgebieten, der Zerstörung landwirtschaftlicher Nutzflächen und der Verseuchung von Boden und Gewässern durch den Einsatz giftiger Chemikalien zu einer ernstzunehmenden Bedrohung für die ghanaische Umwelt, Wirtschaft und Gesundheit der Menschen entwickelt hat. So wird davon ausgegangen, dass bereits mehr als 40.000 Hektar Kakao-Anbaufläche – eines der wichtigsten ghanaischen Exportgüter und tragende wirtschaftliche Säule – den illegalen Bergbauaktivitäten zum Opfer gefallen sind[2].  Das Phänomen ist kein neues, erfährt aber durch ein steigendes Bewusstsein für die drastischen und langfristigen Auswirkungen immer mehr öffentliche und politische Aufmerksamkeit. In den letzten Monaten kam es immer wieder zu Protesten gegen Galamsey; so kündigte z.B. Organised Labor, ein ghanaischer Zusammenschluss von Gewerkschaften und Verbänden, im Oktober einen großangelegten Streik an, der in letzter Minute verhindert werden konnte, nachdem Präsident Akufo-Addo mit der Organisation verhandelte und einen konkreten Vier-Punkte-Aktionsplan gegen Galamsey vorlegte.

 

„Update“ vs. „Reset“ - Unterschiedliche Ansätze für komplexe Herausforderungen

Dazu, wie sich diese komplexen Herausforderungen am besten bewältigen lassen, vertreten die beiden dominierenden politischen Parteien des Landes und ihre beiden Kandidaten John Mahama (NDC) und Mahamudu Bawumia (NPP) unterschiedliche Ideen und Ansätze.  Mahama fordert einen kompletten politischen „Reset“ – also Neustart – der ghanaischen Politik und distanziert sich damit eindeutig von der aktuellen NPP-Regierung, die viele Ghanaer vor allem auf Grund der wiederkehrenden Korruptionsvorwürfe und der anhaltenden wirtschaftlichen Krise immer kritischer sehen. Bawumia setzt hingegen mit der NPP auf ein „Update“ und eine zielgerichtete Weiterentwicklung der eingeschlagenen politischen Richtung. Um die Wirtschaft anzukurbeln, plant die NPP in erster Linie eine Stärkung des Privatsektors und der Public-Private-Partnerships. Geplant sind außerdem Einsparungen der Regierungsausgaben, welche in Infrastrukturprojekte investiert werden sollen, von denen u.a. das Straßen- und Schienennetz des Landes profitieren soll. Eine tragende Säule des NPP-Programms ist außerdem das Thema Digitalisierung: Diese soll nicht nur eine Million Arbeitsplätze für junge Ghanaer schaffen und zur Bekämpfung der prävalenten Jugendarbeitslosigkeit beitragen, sondern Ghana auch als Investitionsstandort attraktiver machen. Auch Gesundheitsdienstleistungen sollen durch „tele-health“ für mehr Menschen – vor allem in den ländlichen Regionen – zugänglicher gemacht werden. Die Digitalisierung soll sogar einen wichtigen Beitrag zur Bekämpfung von Korruption leisten: Vorgeschlagen wird in diesem Zusammenhang u.a. die Einführung einer bargeldlosen Wirtschaft und eines e-Cedis (der ghanaischen Landeswährung). Mit Blick auf das Bildungswesen soll das existierende Programm „Free SHS“, also der kostenfreie Zugang zu sekundärer Schulbildung, weiter ausgebaut werden. Auch dem Thema Sicherheit schreibt die NPP eine wichtige Bedeutung zu und erkennt damit die Relevanz der Entwicklungen vor allem in Nord-Ghana an: So plant die Partei die Schaffung von 15 neuen Militärbasen in den Grenzregionen und die Einstellung von 20.000 neuen Sicherheitskräften. Auch die Beziehungen zu den Sahel-Staaten sollen im Sinne einer gemeinsamen Strategie zur Bekämpfung des Extremismus in der Region gestärkt werden.

Die NDC setzt mit Blick auf die Wirtschaftspolitik hingegen auf einen anderen Ansatz; so soll zum Beispiel der lokale Besitzanteil an zukünftigen Öl- und Bergbauprojekten erhöht werden, um größere staatliche Beteiligungen und höhere Lizenzgebühren aus diesen Sektoren zu erzielen. Auch das Thema Infrastruktur spielt im Parteiprogramm eine zentrale Rolle: Der NDC schlägt groß angelegte öffentliche Infrastrukturprojekte wie die sogenannte „Big Push“-Initiative vor, um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln und ausländische Investitionen im Bausektor und verwandten Sektoren anzuziehen. Ob die angedachten Finanzierungsmechanismen für solch groß angelegte Projekte aber realistisch sind, ist fragwürdig. Das Thema Digitalisierung findet sich im Programm des NDC ebenfalls wieder: Eine sogenannte „digital jobs initiative“ soll 300.000 neue Arbeitsplätze schaffen, während parallel die Einrichtung eines „tech growth fund“ das Wirtschaftswachstum durch Innovation ankurbeln soll. Mit Blick auf sicherheitspolitische Ansätze setzt auch der NDC auf einen Ausbau der Sicherheitskräfte, betont aber auch die Bedeutung der Stärkung von Resilienz lokaler Gemeinschaften; zu dieser soll u.a. die Schaffung von finanziellen Sicherheitsnetzen beitragen, welche Menschen weniger anfällig für die Rekrutierungsbemühungen von Extremisten machen sollen. 

Neben den Parteiprogrammen lohnen aber auch die beiden Präsidentschaftskandidaten der Parteien selbst einen näheren Blick. Die NPP hat mit Bawumia, dem aktuellen Vizepräsidenten, einen Kandidaten gewählt, der ein für die Partei auf den ersten Blick eher ungewöhnliches Profil hat: Bawumia stammt aus dem Norden Ghanas, gehört der Ethnie der Mamprusi an und ist Muslim. Seine Ernennung ist in erster Linie strategisch zu verstehen, denn: Die NPP gilt vielen als Akan bzw. Ashanti-Partei, eine der größten ethnischen Gruppen in Ghana, die sich insbesondere in Süd- und Zentralghana konzentriert. Die Ernennung Bawumias zielt vor diesem Hintergrund darauf ab, neue Wählergruppen in Regionen zu erschließen, die sich von der politischen Verortung und Politik der NPP traditionell nicht angesprochen fühlen. Dazu zählen vor allem große Teile des nördlichen Ghanas. Interessant ist mit Blick auf die aktuelle wirtschaftliche Lage auch Bawumias professionelles Profil: Er ist Wirtschaftswissenschaftler mit langjähriger Erfahrung im Bankenwesen, der immer wieder die Bedeutung von Technologie und Innovation für wirtschaftliche Entwicklung hervorhebt. Für den NDC geht hingegen mit dem ehemaligen Präsidenten John Mahama ein politisch extrem erfahrener Kandidat ins Rennen: Mahama war bereits von 1997 bis 2009 Parlamentsabgeordneter und diente von 2009-2012 als ghanaischer Vizepräsident. Nach dem Tod von Präsident Atta Mills übernahm er im Juli 2012 das Amt des Präsidenten, welches er bis Januar 2017 innehatte. Von Mahama wäre im Fall eines Wahlsiegs dementsprechend wenig politische Innovation zu erwarten, sondern eher die Fortführung bekannter politischer Richtlinien. 

 

 

Knapper Wahlausgang wahrscheinlich – die Jugend als entscheidender Faktor

Welcher Partei und welchem Kandidaten die Mehrheit der Ghanaer es am ehesten zutrauen, die existierenden Herausforderungen zu überwinden, wird sich am 7. Dezember zeigen. Sichere Prognosen mit Blick auf den Wahlsieg sind allerdings kaum möglich, denn Wahlergebnisse fallen in Ghana oft sehr knapp aus. Während die NPP mit Akufo-Addo die Wahlen 2016 mit gut 53% der Stimmen vergleichsweise eindeutig gewann (John Mahama erhielt mit der NDC nur 44,4% der Stimmen), war das Rennen 2020 bereits deutlich enger. Die NPP konnte die Präsidentschaft mit rund 51,5% knapp verteidigen, der NDC präsentierte sich aber mit 47,3% der Stimmen und guten Ergebnissen in den Parlamentswahlen bereits wieder deutlich stärker als noch 2016. Eine verlässliche Prognose ist dementsprechend schwierig und auch aktuelle Umfragen sehen mal Mahama, mal Bawumia als wahrscheinlicheren Gewinner des Präsidialamts. Dennoch gibt es durchaus einige Indikatoren, die auf einen möglichen Sieg der NDC und einen Regierungswechsel hindeuten könnten.

So ist es bislang seit dem Beginn der Vierten Republik keiner Partei gelungen, länger als zwei zusammenhängende Legislaturperiode an der Macht zu bleiben. Nach nun acht Jahren NPP-Regierung wäre es dementsprechend tatsächlich ein historisches Ereignis, sollte es der Partei gelingen, einen erneuten Wahlsieg davonzutragen. Für einen Regierungswechsel spricht auch die Tatsache, dass der Ruf der NPP in den letzten Jahren durch immer wiederkehrende Vorwürfe von Korruption und Missmanagement stark gelitten hat. Auch zweifeln angesichts der anhaltend schlechten Wirtschaftslage immer mehr Menschen daran, ob die aktuelle Regierung Ghana wirklich aus der Krise führen kann. Als dritter Faktor muss außerdem die überdurchschnittlich hohe Zahl der Erstwähler berücksichtigt werden, die sich für die diesjährigen Wahlen registriert haben. Es wird erwartet, dass deren Wahlverhalten den Ausgang der Wahlen maßgeblich beeinflussen wird. Junge Wähler haben dabei generell eine weniger stark ausgeprägte Loyalität einer der beiden großen Parteien gegenüber. Auf Grund ihres Alters dürften die meisten Erstwähler außerdem kaum eigene Erinnerungen an die letzte NDC-Regierung und deren ebenfalls sehr durchwachsene politische Bilanz haben, was zu einer gewissen Unvoreingenommenheit gegenüber der Partei führen könnte. Mahama gelang es damals zwar, Fortschritte in den Bereichen Infrastrukturentwicklung und Sozialwesen zu erzielen; er hinterließ nach dem Ende seiner Regierungszeit aber ebenfalls eine hohe Inflation, hohe Lebenshaltungskosten und eine wachsende Staatsverschuldung. Es sind die älteren Ghanaer, die mit der letzten NDC-Mahama-Administration vor allem noch die sogenannte „Dumsor-Krise“ – also wiederkehrenden Stromausfällen – verbinden und sich noch an die großen Korruptionsskandale erinnern, von denen auch Mahamas Regierungszeit überschattet wurde.

Denkbar ist allerdings auch, dass sich viele Erstwähler in diesem Jahr kurzfristig dazu entscheiden werden, am Wahltag doch nicht den Gang zur Urne anzutreten oder ihre Stimme aus Protest gegen die etablierte Politik gar einem Kandidaten zu geben, der weder NPP noch NDC vertritt. In Frage kämen zum Beispiel Nana Kwame Bediako oder Alan Kyerematen. Vor allem Bediako spricht mit seiner sehr medien- und öffentlichkeitswirksamen Kampagne, seinem vergleichsweise jungen Alter von 44 Jahren und seiner Digital-Affinität viele junge Ghanaer an. Denn auch in Ghana lässt sich bei den jungen Menschen eine wachsende politische Desillusionierung feststellen. Laut einer Afrobarometer-Umfrage[3]  ist die überwiegende Mehrheit zwar nach wie vor noch davon überzeugt, dass die Demokratie die beste Staatsform ist. Gleichzeitig wächst aber die Unzufriedenheit mit den Ergebnissen demokratischer Regierungen, die nicht liefern, was sie versprechen. Die gleiche Umfrage zeigt außerdem einen signifikanten Vertrauensverlust in demokratische Institutionen und deren Vertreter sowie eine hohe Wahrnehmung von Korruption – von Steuerbeamten über Polizei und Richter bis hin zum Präsidenten – scheinen die meisten Ghanaer nur sehr wenig Vertrauen in Staatsdiener und gewählte politische Vertreter zu haben.

Entscheidend für den Wahlausgang werden also letztendlich zwei Faktoren sein: Erstens, welcher der Parteien es besser gelingen wird, die (jungen) Wähler vor allem in ihren etablierten Hochburgen und Regionen mit stabiler Parteibasis dazu zu motivieren, auch tatsächlich zur Wahlurne zu gehen und ihre Stimme abzugeben. Und zweitens, welche Partei die Menschen in den sogenannten „Swing States“ bzw. „Swing Regions“ von sich überzeugen kann. Diese Regionen spielen eine entscheidende Rolle, da ihre Ergebnisse gerade bei knappen Ausgängen oft über den Gesamtsieg entscheiden können. Dementsprechend wird der Wahlkampf hier auch am intensivsten ausgefochten und beide Parteien investieren große Summen in entsprechende Kampagnen.

 

Ghana wird seinem Ruf als Stabilitätsanker gerecht – Reformen sind dennoch dringend nötig

So unsicher der Wahlausgang selbst ist, dürfte eine Sache aber sicher sein: Größere gewaltsame Ausschreitungen oder gar eine politische Destabilisierung sind im Rahmen der kommenden Wahlen nicht zu erwarten. Ghana gilt zurecht als stabile Demokratie mit friedlichen Machtwechseln, auch wenn es in der Vergangenheit im Rahmen von Wahlen immer wieder zu vereinzelten gewaltsamen Zwischenfälle kam (und dies auch im Rahmen der kommenden Wahlen wahrscheinlich ist). In diesem Sinne wird das Land seinem Ruf als „demokratischer Leuchtturm“ und Stabilitätsanker aber insgesamt gerecht und wird dementsprechend auch in Zukunft weiterhin ein wichtiger und verlässlicher Partner am Golf von Guinea bleiben.

Dennoch lassen sich aber Tendenzen und Trends beobachten, die sich mittel- und langfristig negativ auf die Demokratie und Stabilität des Landes auswirken könnten und denen die neue ghanaische Regierung entgegenwirken muss. Die beginnende Umsetzung der angekündigten Wirtschafts- und Finanzreformen zeigt erste Stabilisierungserfolge. Für eine langfristige wirtschaftliche Erholung und den Erhalt Ghanas regionaler Wettbewerbsfähigkeit sind allerdings umfassende und langfristig angelegte strukturelle Reformen sowie konkrete Schritte für mehr wirtschaftliche Diversifizierung und Wertschöpfung zwingend notwendig. Vor allem junge Menschen brauchen bessere Zugänge zu einer guten Berufsausbildung, die auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarkts ausgerichtet ist und ihnen tatsächlich berufliche Perspektiven eröffnet. Menschen im ländlichen Raum und vor allem im politisch und wirtschaftlich marginalisierten Norden benötigen verbesserten Zugang zu Dienstleistungen und Einkommensmöglichkeiten. Nur so können sozioökonomischen und ethnischen Spannungen vorgebeugt und – insbesondere in der Grenzregion – den beginnenden Rekrutierungsbemühungen extremistischer Akteure ihre Grundlage entzogen werden. Auch dem Thema Galamsey wird die neue Regierung in Zukunft deutlich entschlossener entgegentreten müssen, um die Lebens- und Wirtschaftsgrundlage des Landes auch für zukünftige Generationen zu bewahren. Reformen bedarf es aber nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in der Politik, denn: In keinem dieser Bereiche mangelt es an existierenden Gesetzen, zuständigen Institutionen oder notwendigen Richtlinien, sondern in erster Linie an der Implementierung und oftmals am politischen Willen. Dementsprechend wäre die zeitnahe Umsetzung konkreter und effektiver Maßnahmen ein elementarer Schritt, um das Vertrauen der Menschen in ihre demokratisch gewählte Regierung und Vertreter wiederherzustellen und somit sicherzustellen, dass sich vor allem auch junge Menschen der Demokratie in Ghana weiterhin langfristig verpflichtet fühlen.

 

 


 

 

[1] How Ghana, Africa’s rising star, ended up in economic turmoil | Business and Economy | Al Jazeera

[2] Galamsey ‘consumes’ 130k acres of cocoa, oil palm plantation - The Business & Financial Times

[3] The Current State of Ghana’s Democracy– Insights from the Afrobarometer Survey - Ghana Center for Democratic Development

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