Stručni razgovor
Детаљи
NEUE SERBISCHE VERFASSUNG. VORAUSSETZUNGEN – DILEMMATA – LÖSUNGEN
Projektkoordinatorin:
Aleksandra Popović
Mit dieser Veranstaltung, die vom G17-Institut mit Unterstützung der GTZ und der Konrad-Adenauer-Stiftung organisiert wurde, begann eine öffentliche fachpolitische Debatte über die Verfassung als Basis für eine grundlegende institutionelle Reform in Serbien. Die Veranstaltung wurde von Frau Aleksandra Jovanović, Leiterin der Abteilung für institutionelle und rechtliche Reformen am G17-Institut, und Herrn Milko Štimac, Leiter des G17-Institutes eröffnet. Am Rundtischgespräch beteiligten sich, neben Vertretern der politischen Parteien, Regierungs- und Medieneinrichtungen auch die Vertreter von Expertenteams, von denen Modellverfassungen für Serbien entworfen wurden: von der Demokratischen Partei Serbiens, G17-Plus, dem Belgrader Center für Menschenrechte und dem Forum Iuris, Dr. Pavle Nikolić.
Miroljub Labus stellte als Professor der Fakultät für Rechtswissenschaften und im Namen von G17Plus fest, dass Serbien eine andere Verfassungstradition habe, doch dass das Land auch eine kürzere Tradition gehabt hätte, wenn es bessere Verfassungen vorweisen könnte. Obwohl die Vorschläge von DSS und G17Plus Unterschiede hinsichtlich der Verfassungsmodelle aufweisen, dürfen diese unter den besagten Parteien, aber auch im Allgemeinen, kein Hindernis für Gespräche über die rechtliche und institutionelle Reform in Serbien darstellen. Durch die zeitliche Beschränkung der Verfassungscharta auf drei Jahre ist es auch möglich, dass wir, neben der vorliegenden politischen Unabhängigkeit, auch eine Unabhängigkeit in Bezug auf die Verfassung haben werden. Wenn man alle vier Verfassungsentwürfe analysiert, sind nach der Meinung von Labus außer zwei schwerwiegenden Fragen – der Frage der Gebietsorganisation der Behörden und der Frage Kosovo und Metohija – nicht eben viele Fragen offen geblieben, wodruch es möglich erscheint, die Verfassung auch vor Ablauf von sechs Monaten zu beschließen.
Prof. Dr. Slobodan Samardžić erklärte im Namen der Fakultät für Politikwissenschaften, und auch als Mitglied des Belgrader Centers für Menschenrechte, dass für jede Verfassung die Voraussetzung gelten muss, dass diese respektiert und eingehalten wird. Serbien sieht der Frage seiner Verfassung erst zwei Jahre nach den vollzogenen politischen Veränderungen ins Gesicht, die sich gerade in Serbien zugetragen haben. Die Gründe für diesen Verzug sind zwar bekannt, nicht aber auch gänzlich zu rechtfertigen. Während das erste Jahr durch die Bemühungen verloren ging, die montenegrinische Regierung dafür zu gewinnen, das ganze Land neu zu gestalten, ging das zweite Jahr aufgrund von Illusionen einer anderen Art verloren. In den neuentstandenen Machtzentren in Serbien nahm stillschweigend die Idee überhand, dass die Reformen auch ohne entsprechende Änderungen an der Verfassung und in den jeweiligen Einrichtungen ungesetzt werden könnten. Zwei einhalb Jahre gingen unwiederbringlich verloren, ohne die nötigen Änderungen an der Verfassung vorzunehmen, doch das ist nicht das einzige Problem. Es stellte sich heraus, dass diese Zeit vollkommen ausgereicht hätte, um Serbien politisch absolut neu zu gestalten und in eine Lage zu bringen, die mit dem Stand aus dem Oktober 2000 nichts gemeinsam hätte. Nun, da auch die letzten Voraussetzungen für eine Änderung der Verfassung erfüllt sind, wird Serbien erneut seinen allgemeinen politischen, der Verfassung vorausgehenden Konsens erreichen müssen. Auf all diese Fragen soll die Verfassung eine Antwort geben, welche drei Anforderungen gerecht werden muss: Legitimität, Legalität und Wirkungskraft. Das Hauptproblem mit der Umregelung der Behörden wird vermutlich auf der Relation zwischen der gesetzgebenden und der exekutiven Gewalt verlaufen, und zwar innerhalb des Dreiecks der drei Einrichtungen: Parlament, Regierung und Landespräsident. In Serbien ist es heute nicht Usus, sich an Gesetze zu halten (gemeint sind die Abgeordneten) und es gibt auch kein stabiles Parteiensystem. Die Verfassungslösungen können an sich keinen wesentlichen Beitrag zur Umbildung des politischen Lebens im Lande leisten, in welchem Unordnung herrscht und eine politische Krise von der nächsten abgelöst wird.
Marijana Pajvančić, Professorin für Verfassungsrecht an der Fakultät für Rechtswissenschaften in Novi Sad (und Mitglied der Expertengruppe des Belgrader Centers für Menschenrechte) sprach als Befürworterin einer Diskontinuität hinsichtlich der Verfassung über den prozedural-technischen Aspekt einer Verfassungsrevision, wobei sie auch auf die Bedeutung des gesellschaftlichen Umfelds hinwies, in dem eine solche Verfassung zu verabschieden ist – es ist nicht das gleiche, eine Verfassung unter den in einer politischen Gemeinschaft im Westen geltenden Voraussetzungen zu verabschieden und dies unter den Umständen zu tun, die ein Ergebniss des Post-Sozialismus sind.
Der Vierte Referent war Prof. Dr. Ilija Vujačić von der Fakultät für Politikwissenschaften Belgrad, der sich für eine assymetrische und dezentralisierte Regionalisierung aussprach, die auf den Prinzipien der Demokratie, der wirtschaftlichen Rationalität und des Liberalismus fußen würde. Der Prozess des Übergangs aus einem autoritären System in die Demokratie sollte durch die Regionalisierung und Dezentralisierung erfolgen, die ein Bestandteil der Liberalisierung und Demokratisierung seien und, demnach, keine bloßen Mechanismen einer Gebietsorganisierung der Behörden. Seiner Meinung nach stellen die Dezentralisierung und Regionalisierung keine Bedrohung für die territoriale Einheit Serbiens dar. Um eine asymmetrische und dezentralisierte Regionalisierung durchzuführen, müssten folgendde Prinzipien erfüllt oder konsequent eingehalten werden: Demokratie, Subsidiarität, wirtschaftliche Rationalität (reduziert auf die Eigenverantwortung der Unternehmer) und das Prinzip des Liberalismus (das in keinem Verfassungsvorschlag enthalten ist), mit dem jedoch das Quantum der Macht nicht verkürzt wird. Nach der Meinung von Professor Vujačić könnte ein Problem auftauchen, falls der gesamte Mechanismus der Gebietsorganisation der Behörden übernommen wird, weil hierzulande keine hinreichende politische und Verwaltungskompetenz besteht, um eine leitende Rolle zu übernehmen. Die unverantwortliche Demokratie wuchert, und offensichtlich werden auch die Ressourcen unachtsam zerstreut. Wenn man ferner alle Verfassungsmodelle analysiert, lässt sich, so Professor Vujačić, feststellen, dass diese ideologische Aussagen und futuristische Bestrebungen und Versprechungen enthalten. Eine ideologisch neutrale Verfassung könnten wir auf folgende Weise bekommen – indem eine Unverletzbarkeit des Eigentums eingeführt würde, meinte Prof. Ilija Vujačić.
In der im Anschluß daran folgenden öffentlichen Diskussion wurden zahlreiche Vorschläge und Auffassungen über die neue serbische Verfassung vorgelegt. Es bleibt uns nur zu hoffen, dass die serbische Verfassung in Übereinstimmung mit den modernen europäischen Maßstäben stehen wird.
Für sämtliche Informationen über diese Veranstaltung, wenden Sie sich bitte an Aleksandra Vermezović: vermezovic@kas-bg.org
Programm
NEUE VERFASSUNG SERBIENS
VORAUSSETZUNGEN – DILEMMATA - LÖSUNGEN
Samstag, den 22. Februar 2003
G17 Institut
Knez Mihailova 10
Beograd
Samstag, den 22. Februar 2003.
um 10.30 Uhr
Eröffnung des Expertengesrpächs:
Prof. Dr. Aleksandra Jovanović
Leiterin der Abteilung für institutionelle und rechtliche Reformen
G17 Institut
10.45-11.45Einführungsvorträge
Prof. Dr. Miroljub Labus
Stellvertretender Vorsitzender der Bundesregierung
Prof. Dr. Slobodan Samardžić
Fakultät für Politikwissenschaften, Beograd
Prof. Dr. Marijana Pajvančić
Fakultät für Rechtswissenschaften, Novi Sad
Prof. Dr. Ilija Vujačić
Fakultät für Politikwissenschaften, Beograd
11.45-13.45Diskussion
13.45-14.15Pause
14.15–16.45Anschließende Diskussion