Welche Länder nahmen teil?
Vom 8. bis 9. August 2023 kamen im brasilianischen Belém vier Präsidenten und weitere hochrangige Vertreterinnen und Vertreter der acht Amazonasanrainerstaaten – Brasilien, Kolumbien, Peru, Bolivien sowie Ekuador, Venezuela, Guyana und Surinam – zusammen, um gemeinsam den Schutz des Amazonasregenwalds voranzutreiben. Die Länder formen die Organización del Tratado de Cooperación Amazónica (OTCA, Organisation zur Kooperation der Amazonasstaaten), die nach 14 Jahren erstmals wieder in dieser Weise gemeinsam tagte.
Der für den 25. August 2023 angekündigte „G3 Climate Summit“ in Kinshasa unter Beteiligung der Demokratischen Republik Kongo, Brasiliens und Indonesiens, der die trilaterale Partnerschaft der Länder zum Schutz der Regenwälder etablieren sollte, fand hingegen nicht statt. Die Präsidenten der beiden Kongos und ein Vertreter Indonesiens waren jedoch als Gäste zum Amazonasgipfel geladen und unterzeichneten gemeinsam mit den OTCA-Staaten eine Erklärung, in der sie die verstärkte Kooperation zum Schutz der Regenwälder vereinbarten. Ein Treffen ist nun im Oktober in Kongo-Brazzaville angesetzt.
Welche Ergebnisse wurden erzielt?
Die Abholzung des Amazonasregenwalds lag in den vergangenen Jahren auf einem Rekordhoch: Rodungen für landwirtschaftliche Nutzflächen, Holzeinschlag ebenso wie der legale und illegale Abbau von Bodenschätzen stellen lukrative Einnahmequellen dar. Aber auch „gutgemeinte“ Infrastrukturprojekte gefährden das vulnerable Ökosystem.
In der Abschlusserklärung von Belém einigten sich die Staatsvertreter darauf, die OTCA und damit die Kooperation zwischen den Ländern u. a. in den Bereichen Wassermanagement, Infrastruktur, Gesundheit, Menschenreche und Biodiversitätsschutz zu stärken. Die Zusammenarbeit soll insbesondere auch auf der Ebene der Sicherheitsapparate stattfinden, um gegen das organisierte Verbrechen und Umweltkriminalität nachhaltig vorgehen zu können.
Die Rolle Brasiliens mit Blick auf die COP28
Präsident Lula zielte in seiner Abschlussrede auf die bevorstehende COP28 und die finanziellen Zusagen der Industriestaaten auf früheren COPs. Er forderte diese auf, ihren Verpflichtungen nachzukommen und erklärte, nicht Brasilien, Kolumbien oder Venezuela seien es, die Geld bräuchten, sondern die Natur. Lula zeigte sich in der Vergangenheit insbesondere in Bezug auf die von der EU im Rahmen des Mercosur-Abkommens geforderten Umwelt- standards immer wieder sehr kritisch und erneuerte diese Kritik im Rahmen des Amazonasgipfels.
Wie ist die Reaktion auf den Gipfel und die Vereinbarungen?
Die Erneuerung der regionalen Zusammenarbeit und das Ziel, den Schutz des Regenwalds mit nachhaltiger Entwicklung zu verknüpfen, ist ein wichtiges Zeichen. An den Ergebnissen wurde jedoch auch viel Kritik geäußert, da die Ziele vage und unverbindlich bleiben. Ein Zeitplan oder konkrete Maßnahmen wurden nicht vereinbart. Ein Stopp von Rodungen bis 2030 konnte aufgrund von Widerständen aus Venezuela und Bolivien keinen Konsens finden, aber auch ein Aus für weitere Förderung fossiler Energieträger im Amazonasgebiet scheiterte, und zwar ausgerechnet am Widerstand des Gastgebers.
Positionierung für die COP
Der Gipfel ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zur diesjährigen COP28 in Dubai, aber auch ein erster Testlauf für die COP30, die 2025 im brasilianischen Belém stattfinden wird. U. a. mit einer an dem Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) angelehnten Einrichtung für die Amazonasregion, die wissenschaftliche Berichte zu Klima und Biodiversität mit besonderem Blick auf die Region und auch unter Einbezug von indigenen Organisationen zusammentragen soll, wurde eine neue Plattform geschaffen, die die Region bei gemeinsamen Verhandlungen stärkt.
Widersprüchliches Wirtschaftsprogramm
Bereits kurz nach Ende des Gipfels stellte Präsident Lula ein neues Wirtschaftsprogramm vor. Demnach soll die Ölsuche in gefährdeten Gebieten vorangetrieben werden und auch der Bau einer Eisenbahntrasse durch Amazonasgebiete zum Transport von Soja ist Berichten zufolge geplant. Wurde Lula gerade noch als „Retter des Amazonas“ gefeiert, reiben sich Beobachter ob seiner Pläne nun verwundert die Augen, gleichzeitig erklärt sich die Position Brasiliens gegen einen Stopp der Ölförderungen. Zudem gehen die Erfolge bei den sinkenden Abholzungen im Amazonasgebiet mit erhöhten Abholzungen in anderen Gebieten Brasiliens wie dem Cerrado, einem Feuchtsavannengebiet im brasilianischen Inland einher. Es stellt sich die Frage: Wohin steuert Brasiliens Umweltpolitik tatsächlich?