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Ägyptens Außenminister Amr Mussa wird neuer Generalsekretär

ของ Dr. Reiner Biegel †
Der amtierende ägyptische Aussenminister Amr Mussa wurde auf der Gipfelkonferenz der Liga der arabischen Staaten, die vom 27. bis 28. März 2001 in der jordanischen Hauptstadt Amman stattfand, einstimmig zum neuen Generalsekretär der Arabischen Liga gewählt. Bei der Bekanntgabe der Kandidatur von Mussa hatten andere arabische Staaten auf die Nominierung eigener Kandidaten verzichtet. Damit war der Weg frei für den ägyptischen Karrierediplomaten. Er wird seinen neuen Posten am 15. Mai 2001 antreten.

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Beliebtester Politiker in der arabischen Welt

In den Strassen der ägyptischen Metropole Kairo hört man in diesen Tagen überall einen arabischen Popsong des Texters Shaaban Abdul Rehim: "Ich hasse Israel. Ich liebe Amr Mussa." Das Solidaritätslied für die palästinensische Intifadah mutierte kurzerhand zu einer Liebeserklärung für den ägyptischen Aussenminister Amr Mussa. Ob ihn diese ungewöhnliche Art der Huldigung freut, steht wohl auf einem anderen Blatt. Der Text des Liedes spielt auf die in der Vergangenheit von Mussa immer wieder gemachten kritischen Äußerungen über den unbeliebten Nachbarn Israel an.

Die Entscheidung Präsident Mubaraks, seinen fähigsten Minister für das Amt des Generalsekretärs der Arabischen Liga zu nominieren, hat, wie meist in der arabischen Welt, aussen- wie innenpolitische Gründe. Seit der Gründung der Liga der arabischen Staaten vor 56 Jahren ist der Generalsekretär ein Ägypter, mit einer Ausnahme: in der Zeit von 1979 bis 1991 war Ägyptens Mitgliedschaft in der Arabischen Liga wegen des Separatfriedens mit Israel suspendiert und der Sitz der Liga nach Tunis verlegt worden. Dementsprechend übernahm der Tunesier El-Shazli El-Qulebi das höchste Amt in der Arabischen Liga. Nach traditionellem Verständnis, das naturgemäß vor allem die Ägypter vertreten, müsse der Generalsekretär aus dem Land kommen, wo sich das Hauptquartier der Liga befindet.

Ägypten beansprucht als größtes arabisches Land den Posten des Generalsekretärs der Arabischen Liga. Die anderen arabischen Mitgliedsstaaten sehen dies anders: Ägypten könne nicht als volkreichstes arabisches Land sowie aufgrund seiner politischen Bedeutung automatisch das Amt des Generalsekretärs für sich beanspruchen.

Präsident Mubarak wollte unbedingt den Posten des Generalsekretärs für einen Ägypter sichern. Dafür musste er mit dem ägyptischen Außenminister Mussa einen prominenten Kandidaten präsentieren, der innerhalb der arabischen Staatenwelt unumstritten ist. Für die Neuwahl des Generalsekretärs während des Gipfels von Amman hatte ursprünglich die Arabische Republik Jemen einen Kandidaten benannt, aber nach der Bekanntgabe der Kandidatur Amr Mussas diesen zurückgezogen.

In Ägypten ist man über die Wahl Amr Mussas zum Generalsekretär der Arabischen Liga alles andere als glücklich. Nun sei der fähigste Minister, der das Außenministerium zum effizientesten Ministerium Ägyptens gemacht habe, "weggelobt" worden. Viele fürchten, dass die ägyptische Außenpolitik an Profil verliert. Einerseits könne dies eine größere Zurückhaltung Ägyptens im Nahost-Friedensprozess bedeuten, andererseits werden der ägyptischen Außenpolitik Mussas klare Visionen fehlen.

Amr Mussa hat aus seiner kritischen Haltung gegenüber Israel nie einen Hehl gemacht, obwohl er zusammen mit Präsident Mubarak maßgeblich an der Gestaltung des Nahost-Friedensprozesses beteiligt war. Seine Popularität nahm sprunghaft zu, als er 1994/95 Israels Nuklearprogramm heftig attackierte. Kritiker werfen ihm allerdings vor, er schüre antiisraelische Emotionen in der Bevölkerung und steigere Erwartungen, die er nicht erfüllen könne.

Es gibt auch jene Stimmen, die die Entscheidung Präsident Mubaraks als vornehmlich innenpolitisch motivierten Schachzug interpretieren. Der beliebte Außenminister sei Mubarak zu mächtig geworden und hätte sich aufgrund seiner Popularität als dessen Nachfolger profilieren können. Bisher ist Mubarak der Entscheidung ausgewichen, wer ihn eines Tages beerben soll. Und just zum Zeitpunkt der Wahl Mussas zum Generalsekretär der Arabischen Liga hat Staatspräsident Mubarak angekündigt, er werde in Kürze seinen Nachfolger bekanntgeben.

Steile Karriere

Amr Mussa wurde 1937 in Kairo geboren. Er liess früh erkennen, dass er einmal für höhere Aufgaben bestimmt sei. Schon in der Schule lernte er Englisch und Französisch. Nach brillantem Abschluss seines Jura-Studiums an der Universität Kairo wechselte er ins Außenministerium. Anschließend wurde er Ägyptens Botschafter in der Schweiz, in Indien und bei den Vereinten Nationen. 1991 ernannte ihn Präsident Mubarak zum Außenminister. Er wurde Nachfolger des farblosen Esmat Abdelmajid, der darauf hin zum Generalsekretär der Arabischen Liga gewählt wurde. Jetzt löst Mussa zum zweiten Mal Abdelmajid in seinem Amt ab.

Als Mussa nach nur wenigen Monaten im Amt bei den Madrider Friedensverhandlungen auftrat, beeindruckte er alle beteiligten Akteure mit seiner Rhetorik und seinen scharfsichtigen und klaren politischen Analysen.

Im Außenministerium ist er als oberster Dienstherr bei seinen Untergebenen gefürchtet. Er gilt als penibel und streng, besonders wenn es um die Pünktlichkeit geht. So wird in seinem Ministerium der Satz kolportiert, wer fünf mal zu spät zum Dienst komme, dessen Karriere sei ein für allemal beendet.

Arabischer Gipfel unter schwierigen Bedingungen

Selten wurde im Vorfeld eines arabischen Gipfels so hartnäckig um jede Formulierung gerungen. Die arabischen Außenminister mussten die Nacht zum Tag machen, um wenigstens eine für alle Teilnehmer annehmbare Schlussresolution zu Papier zu bringen. Neben der Wahl des neuen Generalsekretärs standen vier Themen im Mittelpunkt des Gipfels:

  • Palästina: Die finanzielle Unterstützung der Intifadah und der palästinensischen Autonomiebehörde. Die beim Sondergipfel in Kairo im Oktober 2000 seitens der arabischen Staaten gemachten Finanzzusagen von rund einer Milliarde US-Dollar sollen jetzt zügig umgesetzt werden. Die Forderung des Irak, von den Vereinten Nationen die Genehmigung für die Auszahlung von einer Milliarde Euro an die Palästinenser zu erhalten, wird von der Arabischen Liga unterstützt.

    Wieder einmal erweist sich Palästina als das Bindemittel, um die Risse innerhalb der arabischen Staatengemeinschaft zu kitten. Um auch international glaubwürdig zu bleiben, müssen die Mitgliedsstaaten ihre auf dem letzten Gipfel vollmundig versprochenen Finanzzusagen endlich einlösen. Sie können dies nicht länger den Europäern überlassen.

  • Friedensprozess: Der arabische Boykott Israels soll wieder in vollem Umfang aufgenommen werden. Die Wirtschaftsbeziehungen zu Israel sollen bis auf weiteres nicht normalisiert werden. Die Beziehungen zu jedem Land, das seine Botschaft nach Jerusalem verlegt, werden abgebrochen.

    Auf der anderen Seite befürchten Ägypten und Jordanien, die beide mit Israel ein Friedensabkommen geschlossen haben, Sanktionen gegen Israel würden ihnen mehr schaden als nutzen. In Jordanien haben sich die Hoffnungen auf eine "Friedensdividende" allerdings weitgehend zerschlagen. Besonders Ägypten und Jordanien als direkte Nachbarn Israels müssen Rücksichten auf die antiisraelischen Stimmungen innerhalb ihrer Bevölkerungen nehmen. Dieser Spagat kann auf Dauer nicht gelingen.

  • Wirtschaft: Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den arabischen Staaten sollen intensiviert werden. Angestrebt wird eine schnellere wirtschaftliche Integration innerhalb und außerhalb der arabischen Staatengemeinschaft. Dazu gehört auch der Aufbau einer arabischen Freihandelszone. Gerade auf wirtschaftspolitischen Gebiet besteht dringender Handlungsbedarf: der innerarabische Handel macht gerade einmal acht Prozent des Handelsvolumens aus.

    Fast alle arabischen Staaten verlangen von den Bürgern ihrer sogenannten "Bruderländer" ein Visum. Die Bearbeitung dauert meist zwei bis drei Wochen. Manche Staaten bestehen auf einer Einladung, um überhaupt einreisen zu können. Schon seit einigen Jahren haben sich die Abstände zwischen einzelnen Staaten eher vergrößert: die Emirate am Golf entwickeln sich zu dynamischen IT-Zentren und Bankenplätzen, während in Syrien gerade erst Kreditkarten eingeführt worden sind. Immerhin haben Ägypten, Jordanien und Syrien zwischenzeitlich ein regionales Netz zur Stromversorgung aufgebaut. Zusammen mit dem Libanon wollen die drei Staaten eine Gas-Pipeline bauen.

  • Irak und Kuwait: Das wichtigste Ziel des Gipfels, die Versöhnung zwischen Irak und Kuwait, blieb für den Gastgeber, König Abdallah von Jordanien, eine unlösbare Aufgabe. In der Abschlusserklärung tauchen die schwer belasteten Beziehungen, die zwischen Irak und Kuwait bestehen, gar nicht erst auf, da der Irak folgenden Vorschlägen der Arabischen Liga nicht zugestimmt hat:

    Die Respektierung der regionalen Sicherheit und der Souveränität jedes arabischen Staates innerhalb seiner bestehenden Grenzen. Die Forderung der Liga an die Vereinten Nationen, die Sanktionen gegen den Irak aufzuheben. Der Irak verlangt vielmehr, sich über die Sanktionen einfach hinweg zu setzen.

Die Klärung der Frage der vermissten und vom Irak gefangen gehaltenen kuwaitischen Staatsbürger sowie die Aufnahme kommerzieller Flüge nach Bagdad. Eine Entschuldigung des Irak an die Adresse Kuwaits lehnt Bagdad energisch ab. König Abdallah wurde beauftragt, zwischen den beiden verfeindeten Golf-Anrainern zu vermitteln.

Treibende Kräfte, den Gipfel trotz der bestehenden tiefgreifenden Meinungsverschiedenheiten zwischen Irak und Kuwait, zu einem Erfolg werden zu lassen, waren der ägyptische Präsident Mubarak und der jordanische König Abdallah. Besonders Staatspräsident Mubarak machte sich in seiner Rede dafür stark, der Arabischen Liga zu mehr Effizienz zu verhelfen. Dafür müsse die Institution radikal modernisiert werden. Dabei hob er vor allem auf die ökonomischen Herausforderungen ab, vor denen die arabische Staatenwelt stünde. Im Zeitalter der Globalisierung könnten es sich die arabischen Länder nicht länger leisten, über wenig schlagkräftige Institutionen bei der Bewältigung der anstehenden Probleme zu verfügen.

Die Wahl Amr Mussas zum neuen Generalsekretär wird deshalb von allen als richtungsweisendes Signal verstanden. Er soll aus der angestaubten Institution eine handlungsfähige Bürokratie machen, die nicht, wie in der Vergangenheit an der Tagesordnung, wegen jeder Kleinigkeit alle Mitglieder konsultieren muss, um handeln zu können.

Unter den gegebenen schwierigen Rahmenbedingungen werden selbst die bescheidenen Ergebnisse des Gipfels von den meisten Teilnehmern als Erfolg gewertet. Zu dem vorsichtigen Optimismus trägt wohl auch bei, dass zukünftig jedes Jahr ein arabischer Gipfel veranstaltet werden soll. In der Vergangenheit hatte es meist mehrere Jahre gedauert, bis sich die Mitgliedsstaaten auf einen Termin und die Inhalte für einen neuen Gipfel einigen konnten. Dabei ging es dann meist nur um aktuelles Krisenmanagement, anstatt, wie jetzt angestrebt, langfristige Strategien für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft zu entwickeln.

Der Gipfel war von einer bis dahin nicht gekannten Ernsthaftigkeit geprägt. Mühsam wurde um Details gerungen. Früher beschimpften sich die Delegationsmitglieder gegenseitig. Für Abwechslung sorgte wie immer Libyens Revolutionsführer Gaddafi, der vorschlug, Israel als Mitglied der Arabischen Liga aufzunehmen.

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