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Vier Pfähle mit einer Paketkordel verbunden markieren die Wahlstation in Lubaga South. Am Rande eines übel riechenden Müllberges warten die Bewohner des Stadtteils der Hauptstadt Kampala in einer Schlange vor dem Wahllokal. Es ist der 26. Juni 2001, Wahltag zum neuen Parlament in Uganda. Nach wenigen Minuten ist man an der Reihe. Zuerst wird der Name aufgesagt. Wenn vorhanden, ist die Wahlkarte mit dem Wahlregister abzugleichen, dann erst erhält man seinen Wahlzettel.
Eine Frau kann weder ihre Wahlkarte vorzeigen, noch ist sie im Wahlregister aufgeführt. Der Vorsitzende des Wahllokals möchte der Frau keinen Wahlzettel aushändigen. Eine heftige Diskussion entfacht, da ein Wahl-Beisitzer vorgibt, die Frau aus diesem Wahlkreis zu kennen. Er erfährt lautstarke Unterstützung von der Wahlagentin einer der drei Wahlkreiskandidaten. Ein beistehender Polizist muss eingreifen. Die Frau verlässt schließlich unter lautem Protest das Wahllokal.
Der nächste Wähler hat anfangs leichteres Spiel. Er bekommt den Wahlschein ausgehändigt, und bewegt sich auf eine Waschschüssel zu, in der die geheime Wahl erfolgen soll. Er spielt mit dem angehefteten Kugelschreiber, sucht händeringend Hilfe, da er offensichtlich nicht schreiben kann. Der Polizist eilt erneut zur Stelle und reicht dem Herren das Stempelkissen für den Fingerabdruck.
Der Wahlschein wird in der Mitte gefaltet, und landet schließlich in der versiegelten schwarzen Wahlurne. Kurz vor dem Ausgang darf er dann noch seinen Daumen in wasserfeste Tinte tauchen, damit er auch kein zweites Mal wählt. Er möchte jedoch nur seinen kleinen Finger hergeben. Der Polizist wird erneut bequemt und taucht den Daumen schließlich ganz tief in das Tintenfass.
So oder ähnlich dürfte es auch in den weiteren fast 18.000 Wahllokalen Ugandas zugegangen sein. Über 10,7 Millionen Wahlberechtigte waren an diesem Tag aufgerufen, von den 876 Kandidaten 214 direkt in das Parlament zu entsenden. An den Tagen zuvor waren bereits 53 Frauenvertreterinnen aus den Distrikten über Wahlmänner/-frauen gewählt worden, 5 Repräsentanten von Menschen mit Behinderungen, 5 Jugendvertreter, 5 Arbeitervertreter, 10 Armeevertreter. Das neue und 7. Parlament Ugandas wird damit 292 Abgeordnete umfassen; 12 Abgeordnete mehr als das sechste Parlament. Die Gründung neuer Distrikte führte zur Erhöhung der Gesamtzahl der Abgeordneten.
Die Wahl wurde unter dem sog. Movement-System durchgeführt. Hiernach ist jeder Ugander automatisch Mitglied der nationalen Volksbewegung (Movement), die im Jahre 1985 nach einem erbitterten Untergrundkampf gegen das Regime Milton Obotes durch Staatspräsident Yoweri Kaguta Museveni eingeführt wurde.
Die Aktivitäten politischer Parteien sind unter dem bestehenden politischen System radikal eingeschränkt, und stehen dem Movement-System de facto diametral entgegen. Die Anhänger eines Mehrparteiensystems werden daher auch von Museveni als Feinde des Movement etikettiert. Seine Idee eines jeden Ugander umfassenden (all-inclusive) politischen Systems bleibt somit kaum mehr als ein Lippenbekenntnis.
Die Wahl vom 26. Juni birgt manche Überraschung. Mit massivem persönlichen und finanziellen Einsatz hat Staatspräsident Museveni versucht, "seinen" Kandidaten eine Rückkehr in das 7. Parlament Ugandas zu sichern. Das vorläufige amtliche Endergebnis indes lässt erkenen, dass ihm dies in vielen Wahlkreisen nicht gelungen ist.
Als größte Niederlage dürfte er den Sieg der Parlamentsabgeordneten Winnie Byanyima über "seinen" Kandidaten, den Statthalter des Präsidenten (Resident District Commissioner) in Mbarara, Ngoma Ngime, empfinden; zumal die Siegerin zugleich die Ehefrau seines Herausforderers Dr. Kizza Besigye während der Präsidentenwahl vom März 2001 ist. Mehrere Kabinettsmitglieder haben ihren Wiedereinzug ins Parlament verfehlt, darunter auch sein Verteidigungs-Staatsminister Steven Kavuma.
Nach vorläufiger Auszählung der Stimmen dürfte sich die Zahl der bekennenden Anhänger der Opposition von 14 auf 35 Parlamentarier erhöht haben. Bei den letzten Parlamentswahlen im Jahre 1996 hatten diese noch zum Boykott aufgerufen. Weniger die Kandidaten der etablierten politischen Parteien (Democratic Party, Uganda Peoples Congress) als die Kandidaten um das Lager des gescheiterten Präsidentschaftsaspiranten Dr. Besigye konnten sich in vielen Wahlkreisen klar durchsetzen. Überproportional hoch ist der Anteil der Vertreter der Opposition im Norden des Landes.
Die ca. 18.000 nationalen und 168 internationalen Wahlbeobachter stellen größere Unregelmäßigkeiten bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl fest. Aus den negativen Erfahrungen der Präsidentenwahl vom März 2001 wurden offensichtlich nur unzureichend Schlüsse gezogen und wenig konkrete Schritte abgeleitet: Die Vollständigkeit und Richtigkeit des Wahlregisters wird bezweifelt, die Organisations- und Durchführungskapazität der Wahlkommission hinterfragt, die Einflussnahme der Sicherheitskräfte auf den Wahlgang (Einschüchterung und Verfolgung von Kandidaten und Anhängern) vor allem in Westen des Landes (Heimatregion des Präsidenten) kritisiert, das aktive Eingreifen des Präsidenten in den Wahlkampf bemängelt, Todesfälle und Verletzungen im Zusammenhang mit den Wahlen schärfstens kritisiert.
Das 7. Parlament Ugandas dürfte etwa 60 neu-gewählte Mitgliedern umfassen, und wird somit seinen Charakter unweigerlich verändern. Inwieweit die größere Anzahl der Anhänger der Opposition hierauf Einfluss haben wird, bleibt abzuwarten. Während das 6. Parlament vornehmlich mit der legislativen Ausführung der neuen Verfassung aus dem Jahre 1995 befasst war, wird das neue Parlament wichtige Weichen für die politische Zukunft Ugandas stellen müssen. Die per Verfassung letzte Amtszeit Staatspräsidents Parlamentswahlen in Uganda - Ein Kurswechsel für Uganda?
kann nur durch eine Zweidrittel- Mehrheit verlängert werden, und die Abstimmung über die Aktivitäten politischer Parteien und somit der Zukunft des politischen System Ugandas steht noch aus.
Die demokratische Tradition Uganda ist eine noch junge und fragile Pflanze, die es weiter zu nähren gilt. Das 7. Parlament Ugandas wird hierbei eine ganz wesentliche und entscheidende Rolle spielen müssen. Von seiner Arbeit in den nächsten 5 Jahren wird das politische Schicksal Ugandas abhängen - ein Lackmustest für die Reife der Demokratie und ihrer Institutionen in Uganda.
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