รายงานสถานการณ์ในประเทศ
Bei einer Konferenz mit afrikanischen und europäischen Politikern in Grand-Bassam stellte vor wenigen Wochen ein Vertreter des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EAD) eine rhetorische Frage: Wer im Saal denn Englisch, Französisch oder Portugiesisch spräche, wollte der EU-Mann wissen. Achselzucken und Grinsen im Saal, denn natürlich beherrschte jeder der 40 Anwesenden mindestens eine Sprache einer der früheren Kolonialmächte in Afrika. Und wer denn hier schon Mandarin spräche, legte der EAD nach? Die Teilnehmer schauten einander perplex und auch erleichtert an.
Zwar hat der rhetorische Trick, mit dem bei der Konferenz in der Elfenbeinküste den Politikern aus Europa und aus Afrika die Sorge vor der chinesischen Übermacht genommen werden sollte, zunächst funktioniert. Doch die chinesischen Bemühungen um das Wohlwollen afrikanischer Eliten könnten in wenigen Jahren dazu führen, dass die Frage nach den chinesischen Sprachkenntnissen von vielen Teilnehmern bejaht werden wird. Dutzende Konfuzius-Institute in afrikanischen Ländern bieten bereits Mandarin-Kurse an, am Konfuzius-Institut in Namibias Hauptstadt Windhoek wird jetzt gar Mandarin für Banker im Seminar-Programm geführt.
China in Afrika – das bedeutet im Jahr 2018 sehr viel mehr als nur billige Vorhängeschlösser und mit zinslosen Krediten finanzierte Straßen, die sich nach wenigen Jahren in Wohlgefallen auflösen. Was mit Straßen, Massagen oder billigen Textilien begann, entwickelt sich rasend schnell zu einem riesigen Wirtschaftsfaktor mit weitreichenden weltanschaulichen Konsequenzen. Das chinesische Engagement ist in erster Linie auf das eigene Interesse fokussiert. Wer in Windhoek, Niamey oder Kampala Botschaften errichtet, die in Größe und personeller Ausstattung jene der USA oder Russlands in den Schatten stellen, ist nicht nach Afrika gekommen, um schnell wieder zu gehen. Er erwartet etwas im Gegenzug.
Zwar entspricht Chinas Engagement einerseits der lange erhobenen Forderung nach mehr außenpolitischem Engagement Pekings. Andererseits geht es dabei aber zuvorderst nicht um das Wohl der Weltgemeinschaft oder um friedenserhaltende Maßnahmen im Rahmen der UN, sondern um den eigenen politischen und wirtschaftlichen Vorteil. Und dieser kann bedeuten, dass afrikanische Partner dem Werben Pekings erliegen und Werte aufgeben, an die viele Bürger in Afrika wie in Europa glauben, wie Rechtsstaatlichkeit und den freien Meinungsaustausch.
So wie vor 1989 auf dem afrikanischen Kontinent der Ost-West-Konflikt dazu führte, dass Regime die ideologischen Gegner gegeneinander auszuspielen versuchten, arbeitet Peking jetzt mit viel Pragmatismus gegen westliche Werte.
Auch wenn viele Staats- und Regierungschefs in Afrika verstanden haben mögen, dass es eine lebendige Zivilgesellschaft braucht, weil das dem Westen gefällt und weil es die Produktivität steigert, kann doch gerade die afrikanische Politik als besonders anfällig für chinesische Verlockungen gelten. Systematisch werden darum junge Partei- und Regierungsfunktionäre zu Besuchen in die Volksrepublik eingeladen. Ganze Riegen stellvertretender Minister etwa in Sambia werden nach China gebeten, mit einigem Komfort und Annehmlichkeiten versorgt. Vor der erfolgreichen Präsidentschaftswahl in Ghana 2016 wurde einer der jungen Wahlkampfleiter der NPP zu einem Besuch mit anderen Wahlkämpfern aus westafrikanischen Staaten nach Peking gebeten. Bei dem einwöchigen Programm wurden von Kadern der Kommunistischen Partei Chinas die Vorzüge des Systems dargestellt. Kritische Nachfragen, etwa zum Ein-Parteien-System oder der fehlenden Meinungsfreiheit seien mit deutlichem Unmut registriert worden, berichtet der ghanaische Wahlkämpfer.
Funktionäre des African National Congress in Südafrika oder auch der regierenden Jubilee Alliance in Kenia reisen ebenfalls zu Parteimanagement-Schulungen nach China. Dabei dürfte weniger ideologische Nähe eine Rolle spielen als die bewusste Abkehr von westlicher Konditionalität, die Zusammenarbeit oft genug an die Einhaltung von Menschenrechten und demokratischen Grundprinzipien knüpft.
Mit oder gegen die Chinesen
Nun werden in der EU aber auch in deutschen Wirtschaftskreisen Stimmen laut, die eine verstärkte Zusammenarbeit mit China in Afrika im Rahmen der G20 fordern. Das hört sich erst einmal sehr pragmatisch an: schließlich ist es willkommen, wenn Peking mehr Verantwortung in der Welt übernimmt. Und solange die Chinesen Straßen bauen und westliche Firmen die Autos liefern, die auf diesen Straßen fahren, scheint die europäische Welt noch in Ordnung zu sein. Doch der chinesischen Politik geht es um mehr als um Straßen und um eine Marinebasis in Djibouti. Es geht um die Köpfe und Herzen der Menschen, es geht um massive Einflussnahme auf Meinungsführer und Entscheider.
Neben den Politikern kann man eine prochinesische Einstellung versuchen über Journalisten zu erwirken. Wer den Afrika-Dienst der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua an einem beliebigen Tag im Jahr 2018 liest, mag sich fragen, ob es in Afrika eigentlich Probleme gibt: „Chinesischer Spitzenberater trifft sich mit Parlamentspräsident von Gabun“ ist da zu lesen, gefolgt von der Meldung „Chinas Außenminister trifft Amtskollegen aus Sao Tome und Principe“ weiter zu „Afrika - eine Priorität in Chinas Außenpolitik“. Solche Spitzenmeldungen mögen auf westliche Beobachter einschläfernde Wirkung haben. Doch es gibt genügend Politiker auf dem Kontinent, die es als wohltuend empfinden nicht immer nur Negativschlagzeilen über die Korruption im eigenen Land, über die Vetternwirtschaft beim Nachbarn und kriegerische Auseinandersetzungen in der Region zu lesen.
Chinas mediale Verbindungen zum afrikanischen Kontinent haben Tradition: zu Zeiten Mao Tse-Tungs war die Berichterstattung vom Gedanken der internationalen Solidarität geprägt. Peking unterstützte die Propagandaabteilungen mancher afrikanischer Befreiungsbewegungen.
Doch das wirklich aggressive Werben um afrikanische Köpfe, das Propagieren des chinesischen Erfolgsmodells aus Diktatur und Wirtschaftsentwicklung begann erst mit dem chinesischen Wirtschaftswunder in den 1990er Jahren. Damals eröffnete Xinhua Büros in Nairobi und in Johannesburg, aber auch private und halbstaatliche Medienunternehmen aus China zog es nach Afrika, um auf Englisch, Französisch und Portugiesisch, aber auch auf Arabisch und Suaheli Chinas Sicht auf die Welt zu propagieren. So wie der Westen lange das wirtschaftliche Engagement Chinas als Handel mit Billigwaren abgetan hatte und erst sehr spät realisierte wie pragmatisch die Chinesen mit afrikanischen Unwägbarkeiten umzugehen in der Lage waren, so haben viele Institutionen der Bildungszusammenarbeit und viele Medien erst spät wahrgenommen, wie sehr China sich daran gemacht hat auch die Wahrnehmung afrikanischer Meinungsbildner zu prägen. Dies geschieht vor allem mit Hilfe von Stipendien, Einladungen zu Reisen nach China und dem Angebot der medialen Zusammenarbeit, indem Texte von Xinhua kostengünstig zum Nachdruck angeboten werden, während die Angebote westlicher Nachrichtenagenturen in aller Regel teuer zu bezahlen sind.
Notwendige Differenzierung
Bei der Analyse des chinesischen Engagements in Afrika ist zwischen dem Werben um Politiker und jenem um Medienschaffende zu unterscheiden. Außerdem, so hebt Dr. Bob Wekesa von der University of Witwatersrand in Johannesburg hervor, gelte es die Wirkung des chinesischen Engagements von Land zu Land zu differenzieren. „Dort, wo die Demokratie zur politischen Kultur gehört, wie in Kenia oder Nigeria, werden die Chinesen weniger Erfolg haben als in weniger demokratisch gefestigten Ländern wie Uganda oder Ruanda“ analysiert der Wissenschaftler.
Wekesa ist einer jener Akademiker aus Afrika, die die chinesischen Versuche der Einflussnahme aus eigener Anschauung kennen. Vier Jahre studierte er am Pekinger Institute for Communication Studies und promovierte dort. In die Zeit seines Aufenthaltes fiel die Entwicklung des sogenannten „positiven Journalismus“, mit dem China seither versucht insbesondere in Afrika Einfluss zu nehmen. Der „positive journalism“ sei eine Art des Dazwischenjournalismus, „bei dem chinesisches Denken vermittelt wird, aber mit westlicher Philosophie und Gedankenwelt umwölkt“, so Wekesa.
Auch der malawische Redakteur Albert Sharra sieht mit Sorge das Werben der Chinesen um afrikanische Journalisten. Es würden Abhängigkeiten hergestellt, denen man sich nur schwer entziehen könne, hat der Journalist beobachtet, der mit einem KAS-Stipendium seinen Master-Abschluss in Journalismus an der University of Witwatersrand in Johannesburg gemacht hat. Man müsse sehr kritisch analysieren, wie dann die Rückkehrer aus China in Zukunft über China schreiben und welche Art von Journalismus als vierter Gewalt im Staate sie propagierten. Die wichtigste Frage sei doch, so Sharra, wer von einem solchen Austausch am meisten profitiere, China oder Afrika.
Selbstzensur sieht auch der Medienexperte Wekesa als die größte Gefahr für all jene, die sich auf den Weg nach China machen. Denn anders als bei westlichen Stipendien und Einladungen ist der Druck Anschauungen zu übernehmen beträchtlich, die chinesische Erwartung, dass man sich politisch oder publizistisch erkenntlich zeige, stehe meist unausgesprochen im Raum.
Afrika sei Teil einer Gesamtstrategie zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung, erklärt Wekesa. Der Versuch, Menschen von kritischen Nachfragen abzuhalten, stellt eine Bedrohung dar. Bei Kritik an dieser Politik wiesen die Chinesen gerne auf die angeblichen Hegemonialbestrebungen des Westens auf dem afrikanischen Kontinent hin, erinnert Wekesa. Das britische Magazin „Economist“ warnte kürzlich vor der wachsenden „sharp power“ der Chinesen in der Welt, also der bewussten Einflussnahme auf das Denken und auf das Meinungsbild. „Gegenspionage, die Justiz und unabhängige Medien sind der beste Schutz gegen diese Unterwanderung“ konstatierten die Briten.
Ob es einen chinesischen Masterplan für die mediale Eroberung Afrikas gibt, ist fraglich. Doch das Zusammenspiel von wirtschaftlichem Erfolg verbunden mit positivistischer Indoktrination birgt Herausforderungen für die Politische Kommunikation und die Medienarbeit auf dem Kontinent.
Dazu braucht es einen Ansatz der Diversität, ähnlich dem der Chinesen, die sich die spezifischen Bedingungen der Länder sehr genau anschauen. Es braucht gesundes Selbstvertrauen und Stolz auf die Errungenschaften westlicher Demokratien. Dass man in Europa viel zu lange das chinesische Wirtschaftsengagement in Afrika nicht ernst genug genommen hat, rächt sich heute. Das sollte beim Ringen um die Meinungsführer in Afrika nicht noch einmal passieren.
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