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Gemeinsam gehen will gelernt sein

Ein Werkstattbericht über die Zukunft der afrikanisch-europäischen Partnerschaft

Was Europa und Afrika voneinander lernen können?

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Darüber diskutierten in einem Workshop Jugendliche aus Bonn mit Stipendiaten der Konrad-Adenauer-Stiftung, die zum Studium aus Jordanien, Tunesien und dem Kongo nach Deutschland gekommen waren. Ihre Überlegungen fokussierten sich auf drei Themen, die der angestrebten „Augenhöhe“ zwischen Afrika und Europa widersprachen: Pandemie-, Klimafolgen und Ernährungssicherheit als Folge des russischen Überfalls auf die Ukraine. Die Frage war, wie kann aus einer immer noch bestehenden Asymmetrie der Beziehungen beider Kontinente eine Win-Win-Situation entstehen. Es war nicht ganz leicht, sich aus den eingeübten Rollenbildern der sogenannten Entwicklungspolitik herauszubewegen und darüber nachzudenken, was und wie Europa von Afrika lernen kann und wie der Anspruch, sich auf Augenhöhe zu begegnen, praktisch einzulösen ist. Es fiel auf, dass nicht nur die Jugendlichen aus Bonn, die These vortrugen, dass die Entwicklungshilfe konditioniert und auf das Nützliche beschränkt werden müsse, auch aus den Reihen der afrikanischen Studenten wurde die kritische Frage gestellt, warum sich Afrika eigentlich nicht selbst helfen könne. Europa habe in Afrika ein Glaubwürdigkeitsproblem – so brachte der Student Simon Mputu die afrikanische Wahrnehmung der europäischen Politik auf den Punkt. Dagegen stellte Luisa Ossmann von der Europäischen Kommission aus Brüssel, zuständig für Partnerschaften zwischen der Europäischen und der Afrikanischen Union, die geänderte Strategie der Kommission heraus und verwies auf die zahlreichen lokalen Partnerschaften mit Organisationen und Unternehmen, welche die EU jenseits der Regierungszusammenarbeit längst aufbaue. Statt von „Entwicklung“ spreche die Kommission nur noch von „Partnerschaft“. Gleichwohl, so Rebecca Schwarz, sei in Deutschland immer noch viel von „Entwicklung“ im Verhältnis zu Afrika die Rede, was sie als anmaßend empfand. Denn Afrika sei, was hierzulande von der Presse kaum vermittelt werde, z.B. viel unbeschadeter durch die Pandemie gekommen als Europa und Asien. Kritisch ergänzte Sabine Odhiambo, Geschäftsführerin der Deutschen Afrika Stiftung aus Berlin, die für die Deutsche Botschaft und das Goethe Institut in Nairobi gearbeitet hat, dass sich Europa in der Pandemie wenig partnerschaftlich und solidarisch gegenüber Afrika verhalten habe und wiederholte damit den von Mputu vorgebrachten Vorwurf der Anwendung doppelter Standards in Reden und Taten der Europäer.

Rebecca Schwarz stammt aus Kenia und arbeitet seit vielen Jahren in Deutschland freiberuflich als Diplom-Pädagogin und zertifizierte Interkulturelle Trainerin mit Erfahrung u.a. im Konfliktmanagement. Wenig bekannt sei auch, dass die afrikanische Diaspora in Europa drei Mal soviel Geld nach Afrika überweise als Entwicklungshilfe geleistet werde, was Sabine Odhiambo bestätigte. Mit Blick auf die seit vielen Jahren schon erfolgten Aktivitäten Chinas und Russlands warb sie dafür, Afrika auch als geostrategischen Partner der EU zu betrachten. Die Europäische Kommission habe diesen Aspekt erkannt und mit der „Global Gateway“-Initiative eine Antwort auf Chinas Seidenstraßeninitiative gefunden, die es jetzt mit Nachdruck umzusetzen gelte. Eine Maßnahme sei, so Kommissionsvertreterin Luisa Ossmann, der Anfang Oktober von der Kommission verabschiedete Jugendaktionsplan für das auswärtige Handeln der EU, in dem eine Jugendakademie Afrika-Europa vorgeschlagen werde, die nach dem Vorbild des deutsch-französischen oder deutsch polnischen Jugendwerks Austauschprogramm organisieren werde.

Die Diaspora in Europa verdiene aber nicht nur als Wirtschaftsfaktor mehr Aufmerksamkeit, sie biete auch Potenzial und Chancen für Partnerschaften über die Wirtschaft hinaus in die Zivilgesellschaft, meinte Sabine Odhiambo. Europa müsse als demographisch „alter“ Kontinent, der die „demographische Dividende“, wie sie es nannte, des „jungen“ Kontinents Afrika als Gewinn und Chance für die eigene Entwicklung begreifen. Die Jugend bezeichnete auch Mathias Kamp, der lange Jahre für die Konrad-Adenauer-Stiftung in Uganda und Südsudan sowie für Misereor in Nigeria tätig war, als natürlichen Verbündeten Europas und nicht die erstarrten Diktatoren des Kontinents. Damit Afrika nicht die Fehler Europas bei der Entwicklung des Kontinents wiederhole, habe die EU die Pflicht zum Know how-Transfer. Dieser liege im Interesse Europas, da hier die Hauptverursacher des Klimawandels ihren Sitz hätten. Die Gesprächspartner warnten indes auch vor technologischer Überheblichkeit der Europäerinnen und Europäer. Dazu bestehe kein Grund. Im Bereich Digitalisierung könnte Europa von Afrika lernen. Hier sei es gelungen, Internet und Mobiltelefonie in hochwertigem Standard auch in entlegene Regionen zu bringen.

Die gesamte Veranstaltung war geprägt von einem im Wandel begriffenen Afrikabild. Rebecca Schwarz sprach sich dafür aus, dass dieser Wandel sich nicht nur im Bewusstsein vollziehe, sondern durch den Magen gehe oder besser gesagt: auch die Einstellungen zum Essen und die Essgewohnheiten in Europa mehr einbeziehe. Immer noch würde Wassermangelregionen auf dem afrikanischen Kontinent das kostbare Nass für Früchte entzogen, die allein in Europa massenhaft zum Verkauf stünden. Insofern finanziere Afrika sogar Europa mit.

Ein lebhafter Dialog zwischen Jugendlichen und älteren Menschen, zwischen Europäern und Afrikanerinnen schloss mit der Einsicht, dass Afrika und Europa erst ganz am Anfang eines Wechsels in der gegenseitigen Wahrnehmung stünden, sich aber auf den Weg zu einer für beide Seiten gewinnbringenden Begegnung auf Augenhöhe befänden, den es jetzt allerdings konsequent fortzusetzen und für den es öffentlich zu werben gelte.

 

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