Nach Begrüßung und inhaltlicher Einführung durch Moderatorin Marion Sendker analysierte zunächst Prof. Hans Stark, Professor für zeitgenössische deutsche Landeskunde an der Sorbonne Universität, den Verlust seiner Mehrheit als Ergebnis der vergangenen französischen Parlamentswahlen als „katastrophal“ für Staatspräsident Emmanuel Macron. Da „die politische Kultur Frankreichs nicht konsensorientiert“ und somit eine Koalitionsbildung nicht vorgesehen sei, sei das Land nun politisch blockiert. Zu erwarten sei daher ein Regieren mit wechselnden Mehrheiten, wodurch dabei aber natürlich an große Reformprojekte nicht zu denken sei. Auf der anderen Seite stärke das den Parlamentarismus und führe evtl. sogar zu einem Wandel im Politikverständnis Frankreichs und einer Angleichung an die meisten anderen Demokratien, in denen Koalitionen schließlich selbstverständlich seien. Frankreich habe nun jedenfalls eine Regierung ohne Mehrheit, was einen Umbruch im politischen System bedeute und Unsicherheiten für die politische Stabilität.
Jacob Ross von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik e.V. (DGAP) erweiterte die Perspektive, indem er die möglichen Auswirkungen des Wahlergebnisses auf die Außenpolitik Frankreichs und insbesondere auf die deutsch-französischen Beziehungen in den Blick nahm. Grundsätzlich sei Frankreich stets bestrebt, eigenständig und unabhängig zu wirken, was oft europäischen und teilweise auch transatlantischen Bemühungen entgegenlaufe. Daher erkläre sich auch der Versuch einer steten Annäherung an Russland. Ein weiterer permanenter Punkt der französischen Außen- und Sicherheitspolitik sei für die ehemalige Kolonialmacht die Afrikapolitik. Vor allem Macron wollte eine Erneuerung vorantreiben, sei aber bislang insgesamt eher gescheitert. Inwieweit er nun in seiner zweiten Amtszeit etwas mehr werde erreichen können, sei die Frage. Die französische EU-Ratspräsidentschaft sei hingegen natürlich (unvorhergesehen) durch Russlands Krieg gegen die Ukraine geprägt gewesen. Nun werde es spannend zu sehen sein, ob der Machtverlust der Regierung im Inneren sich auch auf die außenpolitische Handlungsfähigkeit Frankreichs und die Rolle Macrons als Impulsgeber auswirken werde. Durch die Stärkung der politisch-extremen Ränder, so waren sich die beiden Referenten einig, sei wohl zumindest mit einer „Durststrecke“ in den deutsch-französischen Beziehungen zu rechnen, die aber keine dauerhafte Gefahr für die gefestigte Freundschaft zwischen den beiden Ländern bedeute.
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Informationen zum ersten Gespräch in dieser Reihe am 01.02.2022 finden Sie hier.
Informationen zum zweiten Gespräch in dieser Reihe am 21.03.2022 finden Sie hier.
Informationen zum dritten Gespräch in dieser Reihe am 26.04.2022 finden Sie hier.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung hat zu den Präsidentschaftswahlen in Frankreich zudem eine eigene Themenseite erstellt, ebenso zum Krieg in der Ukraine.
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