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Demonstrationen im Stillen und Solidarität mit den Opfern

Interview mit Dr. Norbert Wagner zum Anschlag in Paris und seinen Auswirkungen

Am Mittwoch drangen Terroristen in die Redaktionsräume der französischen Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ in Paris ein, töteten zwölf Menschen und verletzten elf weitere teilweise schwer. Nicht nur in Frankreich, sondern weltweit folgte auf den Schock eine Welle der Solidarisierung mit den Opfern und der Zeitschrift. „Je suis Charlie“ wurde zum Slogan in den sozialen Netzwerken. Wie reagiert Frankreich auf diesen Schock und welche Lehren gilt es, daraus zu ziehen? Darüber sprach Dr. Norbert Wagner, der Leiter des Frankreich-Büros der Adenauer-Stiftung, im KAS.de-Interview.

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Die stillen Demonstrationen gestern Abend auf dem Place de la République, der traditionellen Versammlungsmeile in Paris, hätten gezeigt, dass die französische Öffentlichkeit zunächst sehr gefasst und moderat nach dem Anschlag auf die Satirezeitschrift „Charlie Hebdo“ reagiert habe, sagte Dr. Norbert Wagner. „Es gab keine lautstarken Bekundungen, sondern nur Demonstrationen im Stillen und Bekundungen der Solidarität mit den Opfern“, so der Leiter des Frankreich-Büros der Konrad-Adenauer-Stiftung.

Frankreich im Fadenkreuz

Für die Politik seien jedoch damit die schlimmsten Befürchtungen wahrgeworden, denn es war offenbar damit gerechnet worden, dass Frankreich durch seine Exponiertheit in Ländern Nordafrikas und seiner Teilnahme bei der Bekämpfung des „Islamischen Staates“ in Syrien und im Irak ins Fadenkreuz geraten könnte. Auch sei den französischen Sicherheitsbehörden bekannt gewesen, dass von den etwa 3000 europäischen Dschihadisten, die nach Syrien und Irak gegangen sind, etwa 1000 aus Frankreich stammen und einige auch schon wieder zurückgekommen sind, um Attentate zu begehen. „Niemand rechnete aber damit, dass ein solch weiches Ziel angegriffen wird.“

Möglicherweise würde als Reaktion auf den Anschlag nun jedoch eine heilsame Diskussion in Frankreich über ein Thema stattfinden, das die Gesellschaft schon seit einiger Zeit bewegt, so Wagner. Allerdings müsse festgestellt werden, dass das Attentat offenbar nichts mit islamischer Überfremdung oder Einwanderung zu tun habe, „denn soweit man die Motive der Attentäter kennt, war das ein Racheakt gegen eine Zeitschrift, die satirische Karikaturen über Religion verbreitete.

Kondolenzschreiben von Dr. Hans-Gert Pöttering an den Botschafter Frankreichs in Deutschland
Mit großer Bestürzung habe ich die Bilder des Terroranschlages auf die Redaktion der Zeitschrift "Charlie Hebdo" in Paris gesehen. Bitte erlauben Sie mir, Ihnen, als höchstem Repräsentanten Frankreichs in Deutschland, und damit auch den Angehörigen der Opfer und dem französischen Volk, meine

aufrichtige, tief empfundene Anteilnahme auszusprechen.

Diese barbarische, furchtbare Tat ist ein Akt des Terrors, ausgetragen mitten im Herzen einer europäischen Metropole, die wie keine andere für die jahrhundertealte Tradition der Freiheit, der Gleichheit und der Brüderlichkeit steht. Wir stehen fassungslos vor diesem Angriff, der sich nicht nur gegen das Leben Einzelner richtet, sondern gegen die Grundwerte unserer europäischen Gesellschaft, gegen Meinungs- und Pressefreiheit, gegen die Fundamente der Demokratie.

In dieser schweren Stunde stehen wir fest an der Seite unserer französischen Freunde. Wir sind vereint in dem festen Willen, uns niemals dem Diktat des Terrors und der Einschüchterung zu beugen. Die weltweite Welle der Solidarität, der sich am gestrigen Abend vor Ihrem Amtssitz auch viele Berliner

angeschlossen haben, zeigt dies deutlich. Meine Gedanken sind bei den Hinterbliebenen, bei meinen französischen Freunden, bei Ihnen. Ich wünsche Ihnen von Herzen die nötige Kraft für diese traurige und schwere Zeit.

Natürlich werde nun auch von manchen versucht, daraus politisches Kapital zu schlagen. „So hat Marine Le Pen, Vorsitzende der Front Nationale, angekündigt, sie würde für ein Referendum über die Wiedereinführung der Todesstrafe eintreten.“ Jenseits dessen könnte jedoch auch eine Diskussion darüber entstehen, wie die Muslime oder Einwanderer generell in Frankreich und Europa besser integriert und Teil der Gesellschaft werden, „damit für solch ein Attentat kein Bodensatz vorhanden ist“.

Möglicherweise könne aus einem solch schrecklichen Attentat auch etwas Positives erwachsen, „wenn es uns etwa vor Augen führt, dass wichtige demokratische Rechte, wie Pressefreiheit und Freiheit generell bedroht sind und dass man für diese Rechte auch eintreten muss“. An solchen Ereignissen zeige sich auch die Belastungsfähigkeit von freien demokratischen Systemen.

Angesichts der Proteste hierzulande gegen eine angebliche ‚Islamisierung des Abendlandes‘ sei es die Aufgabe von Politik, die Ängste und Sorgen der Menschen aufzunehmen, so Wagner. Allerdings müsse auch immer erklärt werden, welche Hintergründe zum Beispiel hinter solch einer Tat eine Rolle spielen. „Das Attentat in Paris hat nichts mit dem Islam zu tun, sondern hier geht es um einige gewaltbereite Terroristen oder Verbrecher, die möglicherweise geschult im terroristischen Kampf durch ihren Einsatz in Syrien oder Irak als Dschihadisten wieder zurückkommen nach Europa und ihr Handwerk hier weiter ausüben wollen.“

Das Interview finden Sie als Audio-Mitschnitt in der rechten Spalte.

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