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In vielen Wahlanalysen wird nun vielfältige Ursachenforschung zu diesem überraschenden Wahlausgang
betrieben werden. Aber noch wichtiger als die Frage nach den Ursachen ist die Frage nach den Folgen
des Wahlerfolgs von Trump. Weil er erfolgreich war, wird er auch außerhalb der USA Nachahmer finden
– zumal Amerika schon immer Trendsetter war. Das wäre aber besonders dort fatal, wo es Trump zur
Mehrheit verhalf:
1) Diskreditierung demokratischer Institutionen
Mit einem Wahlkampf gegen das „Establishment in Washington“ und für einen grundlegenden Wandel
sind fast alle amerikanischen Präsidenten der letzten Jahrzehnte ins Amt gekommen – von John F.
Kennedy über Ronald Reagan bis zu Bill Clinton und Barack Obama. Ihr Plädoyer für einen Neuanfang
war aber durchweg von einem konstruktiven Grundton getragen. Trumps Ansatz war dagegen von
Anfang an destruktiv – von der generellen Behauptung eines durchweg manipulierten politischen
Systems über die globale Charakterisierung der Medien als korrupt („Lügenpresse“) bis zur (mit seinem
Wahlsieg natürlich entfallenden) Behauptung, die Wahlen würden gefälscht. Trump hat mit solchen
generellen Verunglimpfungen der demokratischen Kultur in den USA schweren Schaden zugefügt.
2) Nationale Abschottung
Trump hat weit über den traditionellen amerikanischen Hang zum Isolationismus hinaus offensiv für
einen amerikanischen Nationalismus in bewusster Konfrontation zu internationalen Verbündeten und
Partner geworben: Ob die von ihm geplante Mauer an der Grenze zu Mexiko, die angekündigte
Aufkündigung internationaler Handelsverträge und Klimaschutzabkommen oder die Relativierung der
Beistandspflicht in der NATO – Grundton von Trumps Außenpolitik ist das Plädoyer für Abschottung.
Dieses Konzept ist zwar angesichts einer immer enger zusammenwachsenden Welt völlig
anachronistisch, hat aber die Anziehungskraft einer scheinbar einfachen Lösung aller Probleme.
3) Gesellschaftliche Polarisierung
Trump hat kühl kalkulierend gezielt einzelne Bevölkerungsgruppen gegeneinander ausgespielt, um sich
die weiße männliche Bevölkerung insbesondere aus dem Arbeitermilieu und der Landbevölkerung als
Machtbasis zu sichern. Diese identifizierte sich umso stärker mit ihm je eindeutiger er Minderheiten von
Hispanics bis zu Moslems attackierte. Dabei scheute Trump auch vor rassistischen Anspielungen nicht
zurück und instrumentalisierte dafür die Einwanderungsfrage – mit dem widersinnigen Effekt, dass die
Kinder von Einwanderern in der Einwanderung eine Gefahr sahen. Um des Wahlerfolgs willen hat
Trump eine tiefe Spaltung der Gesellschaft in Kauf genommen, die auf ihn als Präsident zurückfallen
wird.
4) Politischer Fanatismus
Von ihm dazu ermutigt wurden die Anhänger Trumps im Laufe seiner Wahlkampagne immer fanatischer.
Die Stimmung bei seinen Kundgebungen wurde immer aufgeheizter – und Trump fachte dies bewußt
immer neu an. Aber auch seine Mitarbeiter von den eigenen Söhnen über den früheren New Yorker
Bürgermeister Giuliani bis hin zu seinen Wahlkampfmanagern entzogen sich dem politischen Dialog
durch eine Endlosschleife der immer gleichen Phrasen. Was bei Trump selbst manchmal noch wie
laienhaftes politisches Entertainment wirkt, stellt sich bei seinem Gefolge als geradezu demonstrative
Verbohrtheit dar. Der für die Demokratie so essentielle wechselseitige Respekt („agree to disagree“)
wurde von Trump schwer beschädigt.
5) Verrohung der Sitten
Der 15-monatige Wahlkampf von Donald Trump war eine ständige Aneinanderreihung von gezielten
politischen Tabubrüchen, kalkulierten persönlichen Beleidigungen und bewußt verbreiteten
Unwahrheiten. Es ging ihm um das Auffallen um des Auffallens wegen – nicht zuletzt auch bei Trumps
vielen dezidiert frauenfeindlichen Äußerungen. Die Medien – insbesondere die verschiedensten
Fernsehsender – ließen sich bereitwillig einspannen, denn die Gier des Publikums nach immer neuen
Grenzüberschreitungen garantierten hohe Einschaltquoten. Trump brauchte keine Werbespots, er war mit
seinen Ausfällen Bestandteil des regulären Programms. Eltern werden sich künftig bei einem „So etwas
tut man nicht“ darauf einrichten müssen, dass die Kinder sich unter Berufung auf den Präsidenten
daneben benehmen. Der Schaden für ein friedliches und respektvolles Miteinander unübersehbar.
Gerade für Freunde Amerikas sind diese mit Trump einhergehenden und von ihm bewußt eingesetzten
Entwicklungen eine besondere Herausforderung, denn sie sind Wasser auf die Mühlen des Anti-
Amerikanismus. Umso wichtiger wird es sein, dass das „andere Amerika“ sichtbar bleibt und sich nicht
versteckt. Der amerikanische Präsident hat eine große Machtfülle, aber unbegrenzt ist seine Macht nicht.
Im politischen System der „checks and balances“ wird es dabei vor allem auf die Republikaner
ankommen, die in den beiden Kammern des Kongresses die Mehrheit stellen. Ob sie der damit
verbundenen Verantwortung nachkommen werden, kann keineswegs als selbstverständlich gelten: Es
handelt sich nämlich um die gleichen Abgeordneten, die es ohne großen Widerstand zugelassen haben,
dass ihre Partei von Trump gekidnappt wurde. Inhaltlich hat Trumps Ansatz nämlich mit traditionellen
republikanischen Programmen nicht zu tun.
Im gesellschaftlichen Bereich liegt es an den Amerikanern, deutlich zu machen, dass Trump nicht
typisch für Amerika ist – und an uns, das bei allem Entsetzen über das Wahlergebnis nicht aus dem Auge
zu verlieren.
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