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IMAGO / ZUMA Press Wire

Ülke raporları

China im Visier der Turkestan Islamic Party

arasında Johann C. Fuhrmann

Was steckt hinter den Drohungen uigurischer Islamisten aus Damaskus?

Seit Langem ist bekannt, dass sich unter den ausländischen militanten Islamisten, die in Syrien kämpften, auch Uiguren befinden, die aus dem Nordwesten Chinas stammen. Nach dem Sturz des Assad-Regimes richtete die Turkestan Islamic Party (TIP) im Dezember 2024 eine deutliche Drohung an China. In einem Propagandavideo erklärte ein vermummter Sprecher der Gruppe: „Hier in Syrien kämpfen wir in allen Städten für Allah, und das werden wir auch in Urumqi, Aqsu und Kashi tun.“ Die genannten Städte liegen in der chinesischen Region Xinjiang, die von den islamistischen Kämpfern als „Ostturkestan“ bezeichnet wird. Diese Botschaft markiert eine Eskalation in der Propaganda der TIP, die seit über einem Jahrzehnt in Syrien aktiv ist. Sie hebt nicht nur ihre Beteiligung an den Kämpfen im syrischen Bürgerkrieg hervor, sondern betont auch ihr Ziel, den Konflikt nach China zu tragen. Doch wie ernst ist diese Bedrohung wirklich, und welche Herausforderungen entstehen dadurch für Peking?

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Die umstrittene Rolle der TIP

Der China-Beobachter Wolfgang Hirn zählt zu den wenigen deutschsprachigen Autoren, die sich intensiv mit den jüngsten Entwicklungen der Turkistan Islamic Party (TIP) auseinandergesetzt haben. „Die Partei wurde in den 1990er-Jahren gegründet. Ihr Ziel war es, in Xinjiang und Zentralasien einen islamischen Staat zu etablieren. Sie hatte ihre Basen in Afghanistan und Pakistan und rekrutierte sich vor allem aus Uiguren, die Xinjiang verlassen wollten oder aufgrund chinesischer Verfolgung verlassen mussten“, erklärt Hirn.1 Die uigurischen Dschihadisten der TIP verfolgen das Ziel, gewaltsam die Abspaltung des Uigurischen Autonomen Gebiets Xinjiang von der Volksrepublik China zu erreichen und eine Islamische Republik Ostturkestan zu errichten. Während die TIP in den Anfangsjahren vor allem in Afghanistan und Pakistan aktiv war, weitete sie ihre Aktivitäten später zunehmend auf Syrien aus. Dort verbündete sie sich mit anderen islamistischen Bündnissen verschiedener Milizen, wie beispielsweise der Hayat Tahrir al-Scham (HTS). Viele der uigurischen Kämpfer und ihre Familien suchten Zuflucht in der syrischen Rebellenhochburg Idlib.

„Die chinesische Regierung benutzt nicht den Namen TIP, sondern ETIM (East Turkestan Islamic Movement). Er dient als eine Art Sammelbegriff für alle militanten Uiguren. Der Grund dürfte sein, dass ETIM von den USA zwischen 2002 und 2020 als terroristische Vereinigung geführt wurde, was der offiziellen chinesischen Lesart Legitimation verlieh. Auch die Vereinten Nationen führen ETIM auf einer entsprechenden Liste“, berichtet Björn Alpermann von der Universität Würzburg auf der Plattform LinkedIn.2

Zum Hintergrund: ETIM wurde in die US-Terrorliste aufgenommen im Zuge der Bemühungen des damaligen US-Präsidenten George W. Bush, China als Verbündeten im von den USA geführten „War on Terror“ zu gewinnen. Auf dieser Ausschlussliste als „terroristische Organisation“ bezeichnet, war den Mitgliedern und Unterstützern der ETIM die Einreise in die USA untersagt.3 ETIM wurde jedoch wieder von der US-Terrorliste gestrichen, „weil es seit mehr als einem Jahrzehnt keine glaubwürdigen Beweise dafür gibt, dass die ETIM weiterhin existiert“, ließ das US-Außenministerium im Juli 2020 verlautbaren.4 Auf Druck der USA und Chinas wurde die ETIM 2002 zudem in die Sanktionsliste des UN-Sicherheitsrates aufgenommen, auf der sie immer noch aufgeführt ist.

„China macht regelmäßig die ETIM, auch als Turkestanische Islamische Partei bekannt, für Angriffe verantwortlich und nutzt die Gruppe, um das harte Vorgehen in der überwiegend muslimischen Region Xinjiang zu rechtfertigen“, berichtete die Deutsche Welle 2020.5 „Menschenrechtsgruppen schätzen, dass Hunderttausende Uiguren, Kasachen, Hui oder Mitglieder anderer Minoritäten in Xinjiang in Umerziehungslager gesteckt worden sind. China weist die Vorwürfe zurück und spricht von Fortbildungszentren“, so der SPIEGEL.6 Peking führt an, dass die TIP zwischen 2008 und 2015 für Terroranschläge in China verantwortlich gewesen sei, darunter Messerangriffe an öffentlichen Orten, Autobomben und Selbstmordattentate.7

Doch wie stark ist die TIP heute und welche Rolle spielt sie? „Die TIP pflegte stets gute Beziehungen zur HTS und fungierte öfter als Mediator bei Streitigkeiten zwischen der HTS und anderen Rebellengruppen. Im syrischen Fernsehen wurde sie einmal als Lieblingsverbündeter der HTS bezeichnet. Die TIP-Truppen beteiligten sich an vielen Kämpfen an der Seite der HTS, zum Beispiel bei der Befreiung von Latakia, Hama und Aleppo. Sie gelten als gut organisiert und erfahren. Über die Größe der Truppe gibt es unterschiedliche Angaben“, berichtet Wolfgang Hirn.8 Im Jahr 2017 erklärte der damalige syrische Botschafter in China, Imad Moustapha, dass sich in Syrien bis zu 5.000 uigurische Kämpfer aufhalten würden.9 Experten schätzen die Zahl jedoch niedriger ein und gehen von 1.500 bis 4.500 Kämpfern aus.10

 

Medien: Gereizte Reaktionen aus China

Ende vergangenen Jahres intensivierte die TIP ihre Propagandaaktivitäten und veröffentlichte zahlreiche Aufnahmen ihrer Anführer, die mit ihren uniformierten Truppen posieren und diese bei Kämpfen in Syrien zeigen sollen. Am 13. Dezember 2024 publizierte The Telegraph daraufhin ein Video auf YouTube, das sich mit der Entstehungsgeschichte der TIP befasst und verschiedene Ausschnitte aus deren Propagandavideos zeigt, unterlegt mit epochaler Musik. Bis heute verzeichnet das rund vierminütige Video mehr als 2,6 Millionen Aufrufe.11

Ungewöhnlich gereizt reagierte die South China Morning Post auf diese Berichterstattung. In einem Meinungsartikel beschreibt der Kolumnist Alex Lo das Video von The Telegraph als einen „dokumentarähnlichen Clip“, der „praktisch eine Werbung für die TIP“ sei, während er alle westlichen Anti-China-Narrative wiederhole, „als ob er den versprochenen Terrorismus der Gruppe gegen Chinesen rechtfertigen wollte.“12 So diene auch „der westlich konstruierte Genozid in Xinjiang (…) praktisch als Rechtfertigung für die militante Gruppe“. Die umfangreiche Verbreitung des Videos habe erst dazu geführt, „dass die Chinesen die angebliche TIP-Bedrohung bei den Vereinten Nationen ansprechen mussten.“13 Das ist allerdings eine groteske Behauptung: In New York hatte Geng Shuang, Chinas stellvertretender Ständiger Vertreter bei den Vereinten Nationen am 17. Dezember 2024 lediglich eine ziemlich nüchterne Erklärung abgegeben und betont, dass „das syrische Territorium nicht dazu genutzt werden darf, um Terrorismus zu unterstützen oder die Sicherheit anderer Länder zu bedrohen.“14 Die Bekämpfung der TIP wurde vom Pekinger Außenministerium wiederholt als „Chinas Kernanliegen im Kampf gegen den Terrorismus“ bezeichnet.15 Letztendlich ist der Text von Alex Lo wohl als eine – offenbar ziemlich emotionale – Aufforderung an „den Westen“ zu verstehen, die TIP-Kämpfer nicht als Freiheitskämpfer darzustellen oder zu betrachten.

  

Ausblick: Strategische Risiken für Peking

„Nach dem Sieg über Assad in Syrien stellt sich die Frage, ob die TIP-Kämpfer in der Region bleiben und ihren Kampf gegen China von dort aus organisieren werden“, sagt Wolfgang Hirn.16 Bislang war die TIP, die seit geraumer Zeit in Syrien aktiv ist, jedoch nicht in der Lage, aus Syrien heraus Anschläge in China zu organisieren. Neben der geografischen Entfernung spielen auch die strengen Sicherheitsvorkehrungen in China eine Rolle, die Reisen für solche Kämpfer mit hohen Risiken verbinden. Terrorismusexperten sehen dennoch Gefahren, insbesondere durch „Online-Aktivitäten, die zur Radikalisierung in China führen, aber aus Syrien heraus organisiert werden könnten.“17

„Ich sympathisiere mit ihnen, aber ihr Kampf gegen China ist nicht der unsere“, ließ Syriens neuer starker Mann Ahmed al-Scharaa, Anführer der islamistischen HTS, unlängst zu seiner Haltung zur TIP wissen.18 Innerhalb Syriens werden die uigurischen Kämpfer dennoch offenbar immer mächtiger: Neue Besorgnis in China wecken derweil jüngste Medienberichte, nach denen Mitglieder der TIP hochrangige Posten innerhalb der syrischen Armee erhalten haben. So wird berichtet, dass Abdulaziz Dawood Khudaberdi, der Kommandeur der TIP-Streitkräfte in Syrien, zum Brigadegeneral ernannt wurde.19 Zwei weitere uigurische Kämpfer sollen demnach den Rang eines Obersts erhalten haben.

Doch auch eine mögliche Rückkehr der TIP in ihre vorherigen Rückzugsgebiete in Afghanistan und Pakistan dürfte den Machthabern in Peking Kopfzerbrechen bereiten, da Afghanistan und Pakistan in den letzten Jahren zu sicheren Zufluchtsorten für terroristische Gruppen wie ISIS-K, Tehrik-i-Taliban Pakistan (TTP) und die Balochistan Liberation Army (BLA) geworden sind, schreibt Yang Xiaotong vom chinesischen Think-Tank Grandview Institution in der Asia Times.20 Die Nähe zu Chinas Westgrenzen und die schwache Kontrolle durch die Taliban-Regierung in Afghanistan sowie die Zentralregierung in Pakistan verschärfen die Situation.

Klar ist: Chinas Investitionen in Infrastrukturprojekte und die Entsendung Tausender Arbeiter ins Ausland, insbesondere nach Pakistan, erhöhen die Verwundbarkeit des Landes. In den letzten Jahren stieg die Zahl der Angriffe auf chinesische Bürger und Vermögenswerte deutlich, besonders in Pakistan. Peking vermutet, dass diese Angriffe in Zusammenarbeit der TIP mit ISIS, al-Qaida und der BLA organisiert werden, um chinesische Interessen und Investitionen zu untergraben.21

„Sollten kampferprobte TIP-Militante nach Pakistan zurückkehren und sich mit der TTP, BLA und anderen Gruppen zusammenschließen, würde dies eine ernsthafte Bedrohung für Chinas strategische Interessen darstellen, da sein Vorzeigeprojekt – die Belt and Road Initiative – durch das Land verläuft (…). Die Wahrscheinlichkeit dieses Szenarios hat exponentiell zugenommen“, warnt Yang Xiaotong.

Die TIP sei „weiterhin offiziell Teil des globalen al-Qaida-Netzwerks und hat sich im Unterschied zu HTS nie von al-Qaida losgesagt“, erklärt der Terrorismusexperte Hans-Jakob Schindler vom Counter Extremism Project. „Dass HTS die TIP in ihrer Koalition akzeptiert, ist eines der Hauptargumente, welche die ideologische Ausrichtung der HTS infrage stellen.“22 Keine Frage: Die Zukunft der TIP ist eng mit den unsicheren Perspektiven Syriens verbunden. 

 

 


 

 

1 Hirn, Wolfgang 2025: Was ist die Turkistan Islamic Party und was hat sie vor?, abrufbar unter: https://www.chinahirn.de/2025/01/05/politik-i-xinjiang-i-was-ist-die-turkistan-islamic-party-und-was-hat-sie-vor/, letzter Zugriff: 12.01.2025.

2 Alpermann, Björn 2025: Post auf LinkedIn vom 8.01.2025

3 DW 2020: US removes China-condemned group from terror list, abrufbar unter: https://www.dw.com/en/us-removes-separatist-group-condemned-by-china-from-terror-list/a-55527586, letzter Zugriff: 12.01.2025. 

4 Ebd.

5 Ebd.

6 SPIEGEL 2021: EU verlängert Sanktionen gegen China, abrufbar unter:  https://www.spiegel.de/ausland/uiguren-eu-verlaengert-sanktionen-gegen-china-um-ein-jahr-a-e45ffbf6-7727-4052-8512-eb01a958f781, letzter Zugriff: 12.01.2025.

7 Yang Xiaotong 2024: China has cause to be terrified of rebel-run Syria, abrufbar unter: https://asiatimes.com/2024/12/china-has-cause-to-be-terrified-of-rebel-run-syria/, letzter Zugriff: 12.01.2025.

8 Hirn, Wolfgang 2025.

9 Yang Xiaotong 2024.

10 Hirn, Wolfgang 2025.

11 The Telegraph 2024: Uyghur fighters in Syria vow to come for China next, abrufbar unter: https://youtu.be/8DRzaZiI8_Q?si=kYaGco2aEk6bw5vx, letzter Zugriff 12.01.2025.

12 Alex Lo 2024: Is Turkestan Islamic Party a foreign proxy force to destabilise Xinjiang?, SCMP, abrufbar unter:  https://www.scmp.com/opinion/article/3291565/turkestan-islamic-party-foreign-proxy-force-destabilise-xinjiang?module=perpetual_scroll_0&pgtype=article, letzter Zugriff 12.01.2025.

13 Ebd.

14 Zhao Ziwen 2024: Syria-Xinjiang link: China warns leaders in Damascus not to threaten security elsewhere, abrufbar unter: https://www.scmp.com/news/china/diplomacy/article/3291393/syria-xinjiang-link-china-warns-leaders-damascus-not-threaten-security-elsewhere?module=inline&pgtype=article, letzter Zugriff: 12.01.2025.

15 Global Times 2024: Combating ETIM is China's core concern in counter-terrorism and shared responsibility of intl community, abrufbar unter: https://www.globaltimes.cn/page/202402/1306930.shtml, letzter Zugriff: 12.01.2025.

Combating ETIM is China's core concern in counter-terrorism and shared responsibility of intl community: FM, abrufbar unter: https://www.globaltimes.cn/page/202402/1306930.shtml, letzter Zugriff: 12.01.2025.

16 Hirn, Wolfgang 2025.

17 Hauberg, Sven 2025: Verbündete von Syriens neuen Machthabern nehmen China ins Visier, abrufbar unter:  https://www.fr.de/politik/verbuendete-von-syriens-neuen-machthabern-nehmen-china-ins-visier-zr-93509789.html, letzter Zugriff: 12.01.2025.

18 Siehe hierzu: Hauberg, Sven 2025.

19 SCMP 2025: Syria appoints foreign Islamist fighters, including Uygurs, to military: sources, abrufbar unter: https://www.scmp.com/news/world/middle-east/article/3292859/syria-appoints-foreign-islamist-fighters-including-uygurs-military-sources?module=top_story&pgtype=subsection?module=inline&pgtype=article, letzter Zugriff: 12.01.2025.

20 Yang Xiaotong 2024.

21 Ebd.

22 Hauberg, Sven 2025.

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Ilgili kişi

Johann C. Fuhrmann

Johann C

Leiter des Auslandsbüros China - Peking

johann.fuhrmann@kas.de +86 10 6462-2207; 2208 +86 10 6462-2209

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