Nach einleitenden Worten des Leiters des Politischen Bildungsforums NRW der Adenauer-Stiftung, Dr. Ludger Gruber, und einem kurzen Gespräch über die zurückliegenden Karnevalstage in Bergisch Gladbach gingen die Gesprächspartner Jens Spahn und Wolfgang Bosbach rasch zu einem Gespräch über die innenpolitischen Verhältnisse der Bundesrepublik Deutschland über, das in der Atmosphäre des Fürstensaals des Ahauser Schlosses stattfand. Zunächst kam dabei die Rolle der Volksparteien CDU und SPD auf, die beide in der bundesdeutschen Geschichte mit unterschiedlichen Wertvorstellungen gegründet worden seien, sich im Laufe der Zeit inhaltlich aber immer weiter angeglichen hätten. Aufgabe der Politik, so Bosbach, könne und müsse es sein, „mehr zu erklären, aber weniger zu belehren“. Nur so könne man verlorenes Vertrauen in Bezug auf undifferenziert und plötzlich getroffene Entscheidungen wie den 2011 beschlossenen Atomausstieg oder die Flüchtlingskrise Ende 2015 wiedergewinnen, „sich Zeit nehmen und Irritationen vermeiden“ sei entscheidend. Der gute Ruf der Bundesrepublik als Wirtschafts- und Bündnispartner in der Welt hänge auch zu einem großen Anteil von der Stabilität der politischen Verhältnisse ab, wobei er auch auf den erstarkenden Populismus links und rechts der politischen Mitte hinwies.
Auf die Frage Jens Spahns nach der Möglichkeit, verloren gegangenes Vertrauen der Wählerschaft zurückzugewinnen, erinnerte Bosbach an den als „lähmend“ empfundenen Streit zwischen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer in der Migrationsfrage und appellierte, es müsse „eine leidenschaftliche Diskussion unter Einhaltung mitteleuropäischer Umgangsformen“ innerhalb der Union geben. Mit Hinweis auf den Rechtsstaat forderte Bosbach, es müsse klar sein, wie sich der Staat positioniere und gegenüber der Bevölkerung verhalte. So könne er gut den Frust einiger Personen nachvollziehen, wenn Straftäter und Gewalttätige aus der Untersuchungshaft entlassen würden, bloß weil sie aufgrund bürokratischer Hemmnisse nicht zeitnah vor Gericht hätten gestellt werden können. Hinzu komme aktuell der Umstand einer überlasteten Justiz aufgrund zahlreicher Klagen abgelehnter Asylbewerber. Als entschärfend betrachtete Bosbach insbesondere im Fall von Jugendkriminalität rasche Reaktionen, um die Handlungsfähigkeit des Staates zu demonstrieren, aber auch während des Prozesses den weniger den Täter als das Opfer in den Mittelpunkt zu stellen.
In Bezug auf die sicherheitspolitische Lage in Nordrhein-Westfalen und im Bund stellte Bosbach klar, es habe tendenziell eine große Verbesserung der Situation stattgefunden; dennoch gebe es immer Möglichkeiten zur Aufwertung staatlicher Strukturen. Insbesondere in Fragen des Respekts gegenüber staatlicher Autorität, der Diffamierung von Polizeibeamten in ihrer Rolle als Vertreter des Staates und der Behinderung von Rettungs- und Einsatzkräften sehe er noch großen Nachholbedarf und wünschte, die Öffentlichkeit möge „der Polizei den Rücken stärken“, wo immer dies erforderlich oder angebracht sei, da diese Leib und Leben für die Sicherheit der Bevölkerung riskieren würden und ohnehin schon großen psychischen und physischen Belastungen ausgesetzt seien. „Die Polizei muss technisch können, was sie rechtlich darf“, stellte er in Bezug auf die technische Ausrüstung von Polizeikräften fest; hier habe die Verabschiedung des neuen NRW-Polizeigesetzes bereits den Weg in die richtige Richtung geebnet. Die „Politik der Nadelstiche“ des nordrhein-westfälischen Innenministers Herbert Reul, kriminelle Clans aus dem südosteuropäischen oder arabischen Milieu „niemals in Ruhe zu lassen“, bezeichnete er als „lobenswert“, wobei er sich auf europäischer Ebene die Ermöglichung grenzübergreifender polizeilicher Kooperation und Überwachungsmaßnahmen wünsche, denn ein starker Staat sei kein Überwachungsstaat: „So viel Sicherheit wie möglich, so viel Freiheit wie nötig.“
Zum Ende nutzte Wolfgang Bosbach die Gelegenheit, um seine konservativen Positionen von der Politik der AfD abzugrenzen, die er nicht bekämpfe obwohl, sondern gerade weil er konservativ sei: „Ein Patriot liebt sein Vaterland, ein Nationalist fühlt sich aufgrund seiner Herkunft als etwas Besseres.“ Zudem forderte er, die Medien und die politische Öffentlichkeit sollten glaubwürdiger agieren, was bei der breiten Akzeptanz für die Schulverweigerung Jugendlicher nicht gegeben sei, da bei der Bewertung zu sehr entscheidend sei, wofür oder wogegen demonstriert werde. Jens Spahn, der sich während des Gesprächs eher in die Rolle des Moderators begeben hatte, pflichtete ihm bei und ergänzte, es gebe ausreichend Beispiele, wie man sich als Jugendlicher auch und gerade in seiner Freizeit politisch einbringen könne, was mehr wertgeschätzt werden solle.
Abschließend beteiligten sich einige Personen aus dem Publikum, um Fragen an die beiden Politiker zu richten und sich in die Diskussion einzubringen.
14.03.2019
Julius Gottschalk
Freiwilliges Soziales Jahr im politischen Leben 2018/19
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