Altenhof betonte die Aktualität des Themas und verwies auf einige Beispiele zur „Cancel Culture“, zum „Gendern“ insbesondere im Öffentlich-rechtlichen Rundfunk zur „kulturellen Aneignung“ sowie zur „politischen Korrektheit“. Er kritisierte, statt das kontroverse Themen aufgegriffen und um die beste Lösung gerungen werde, entstünden immer mehr Tabuzonen. So könnten aber keine Probleme gelöst werden. Und davon profitiere dann tatsächlich das sogenannte „Original“, wie inzwischen die AfD genannt werde.
Altenhof sagte, das Thema „Identitätspolitik“ dürfe nicht unterschätzt werden. Bürgerliche müssten erkennen, dass es hier um Fragen der „kulturellen Hegemonie“ gehe. Der scheinbaren Deutungshoheit einer aktivistischen, einseitigen Minderheit müsse der Pluralismus der Vielen und die Bedeutung der Meinungsfreiheit entgegengesetzt werden.
Zehnpfennig hielt einen Impulsvortrag, in dem sie das Phänomen „Identitätspolitik“ erläuterte, die Ursachen ihrer Entstehung nannte und Gegenstrategien aufzeigte, wenn man sich ihr nicht unterwerfen wolle. „Identitätspolitik“ ist für Frau Zehnpfennig der politische Kampf für scheinbar benachteiligte Minderheiten oder Kollektive in der Gesellschaft. Dieser werde heute jedoch so geführt, dass ein Dialog mit Andersdenkenden verhindert werde. Dies sei ein „Angriff auf die pluralistische Demokratie“.
Die Hauptursache für die Entwicklung zur „Identitätspolitik“ von heute ist für Zehnpfennig die klassische linke Gesellschaftstheorie, die zwischen Unterdrücker und Unterdrückten unterscheide. Da heute jedoch nicht mehr einfach zwischen den „Kapitalisten“ und dem „Proletariat“ unterschieden werden könne, sind es nun die einzelnen Minderheiten und Kollektive, die im Kampf zur gesamten Restgesellschaft aber auch zu den anderen Kollektiven stünden. Aber es gehe nicht mehr darum, die Unterschiede aufzuheben, sondern daraus größtmögliches Kapital zu schlagen.
Im letzten Teil ihres Vortrages ging sie dann auf Strategien gegen die Dogmen der „Identitätspolitik“ ein: Am wichtigsten sei es, nicht mitzumachen bei festgelegten Normen der „Identitätspolitik“ und sich dazu mit Gleichgesinnten zusammenzuschließen. Bei direkten Konfrontationen rät sie, nach den genauen Begründungen der festgelegten Normen zu fragen. In ihrem Fazit betonte sie, dass am besten für eine Gesellschaft die „Pluralität der Meinungen“ sei, und nicht die Festlegung von Dogmen.
Im zweiten Teil des Abends gab es eine Diskussion mit Ben Zimmermann, Redakteur vom Weser-Kurier. Er fragte, inwiefern die CDU und andere bürgerliche Kräfte ein Gegenentwurf zur „Identitätspolitik“ bilden würden. Frau Zehnpfennig sagte, dass ihr ein klares Gegenprofil der bürgerlichen Kräfte und auch der CDU noch fehle. Die Bürgerlichen müssten diesbezüglich intellektuell aufrüsten.
Auch die Gäste der Veranstaltung konnten ihr Fragen stellen, wo es durchaus auch kontroverse Ansichten zu der von Zehnpfennig gab. Durch eine Frage aus dem Publikum wurde auch der Einfluss der „Identitätspolitik“ auf die Wissenschaftsfreiheit und die universitäre Forschung beleuchtet. Und Zehnpfennig, die auch Vorstandsmitglied des „Netzwerks Wissenschaftsfreiheit“ ist, hat sich dazu klar geäußert: Sie sieht die Wissenschaftsfreiheit in Deutschland immer mehr bedroht.
Altenhof hatte zum Schluss der Abendveranstaltung noch einmal das Wort. Er wies daraufhin, dass die „Politische Korrektheit“ schon vor über 30 Jahren als Gefahr für die Demokratie erkannt worden sein, wir also offenbar wenig dazu gelernt hätten. Was politisch von den rechten Kräften immer mehr ausgenutzt werde. Er betonte aber auch, dass sprachliche Sensibilität vor politischer Korrektheit zu unterscheiden sei, wolle man nicht alle in einen Topf werfen. Sprachliche Differenzierung bleibe in einer vielfältigen Gesellschaft zentral.
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