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4. Expertengespräch des Promotionskollegs Soziale Marktwirtschaft u.a. mit Dr. Horst Reinhardt

з Maximilian Kutzner
Bei den Expertengesprächen sitzen die Stipendiaten des Promotionskollegs Soziale Marktwirtschaft an einem Tisch mit Fachleuten aus Unternehmen, Politik und Wissenschaft. In diesem Jahr trafen sich die Teilnehmer in den Räumlichkeiten der Landwirtschaftlichen Rentenbank in Frankfurt am Main. Das Motto des Abends lautete: Wirtschaft und Gesellschaft als immer neue Aufgabe.

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In seiner Begrüßung blickte Dr. Horst Reinhardt, Sprecher des Vorstands der Landwirtschaftlichen Rentenbank, auf die wirtschaftliche Entwicklung in China. „Ausgehend von einer funktionierenden Marktwirtschaft haben sich in China auch demokratische Strukturen stärker entwickelt“, betonte er. Trotzdem gebe es weiterhin einen eklatanten Bildungsmangel zur Sozialen Marktwirtschaft. „Aufgabe des Staates ist es nicht zu diktieren, sondern Rahmenbedingungen zu setzen“, so Reinhardt. Seine Bank setze sehe sich seit jeher als integralen Bestandteil der Wettbewerbswirtschaft an. In einem Rekurs auf die Geschichte der Landwirtschaftlichen Rentenbank machte er diese Haltung deutlich. Dieser stimmungsvolle Einstieg eröffnete die Expertengespräche zur Sozialen Marktwirtschaft 2019.

„Es ist ein erprobtes Experiment“, betonte Dr. Susanna Schmidt, Leiterin der Hauptabteilung Begabtenförderung und Kultur der Konrad-Adenauer-Stiftung. Sie dankte den anwesenden Experten für ihre Bereitschaft, mit den jungen Stipendiaten in einen offenen Dialog zu treten. Ein Ziel des Promotionskollegs sei es, die Grundprinzipien der Sozialen Marktwirtschaft in der wissenschaftlichen Community zu stärken. „Heute Abend geht es aber darum, die Thesen der Stipendiaten an der Praxis zu erhärten“, erklärte Schmidt. Dr. Christoph Brand, Schatzmeister der Konrad-Adenauer-Stiftung, wünschte sich, dass von den Expertengesprächen eine Signalwirkung ausgeht. „Oft sitzt in der Politik bei wichtigen Fragen keiner am Tisch, der die Frage stellt: Halt, verstoßen wir damit nicht gegen einen ordnungspolitischen Grundsatz“, meinte er. Prof. Dr. Roland Koch, Schirmherr des Promotionskollegs Soziale Marktwirtschaft, ging in seinen Grußworten auf die Bedeutung der praktischen Anwendbarkeit der Forschungsarbeiten der Stipendiaten ein. „Um die Veränderung der Welt zu erklären, dürfen wir nicht nur auf volkswirtschaftliche Modelle blicken“, so Koch, „denn wenn die Menschen ihre Umwelt nicht mehr verstehen, dann ist der Bedarf nach Sicherheit besonders groß.“

In drei Panels zu unterschiedlichen Schwerpunkten konnten die Stipendiaten dann im Gespräch mit den Experten unter Beweis stellen, dass ihre Dissertationsprojekte zukunftsrelevante Fragen der Sozialen Marktwirtschaft beleuchten. Die Unsicherheit war das große Thema an diesem Abend. Sie kann Bedrohung und Chance zugleich sein. Während eine immer größere Zahl an Menschen mit Sorge in die Zukunft blickt, wagen einige den Sprung ins Risiko, etwa in die Selbstständigkeit. Nie ging es den Menschen in Europa wirtschaftlich besser, doch trotzdem gewinnen populistische Kräfte, die Ängste schüren, immer mehr an Rückhalt. Die Lage ist unsicher. Nur eines ist klar: Die Aufgabe, Wirtschaft und Gesellschaft zu gestalten, stellt sich immer neu.

Zusammenfassungen der Panels
 

1. Start-ups: Wirtschaftliche Dynamik und Gesellschaftspolitik

Zentrale Fragestellungen:

Welche ordnungspolitischen Rahmenbedingungen braucht es, um Start-Up Gründungen zu fördern?

Welche lokalen Standortfaktoren sind für Unternehmensgründungen entscheidend?

Wie müssen Förderangebote gestaltet sein, um differenzierte und effiziente Unterstützung in der Gründungsphase von Unternehmen bieten zu können.

Forschungen der Stipendiaten:

  • Ralph Henn Improving regional entrepreneurial activities - A conceptional framework of sustainable entrepreneurial ecosystems”
  • Lukas Block Gelingt die Energiewende? Eine spieltheoretische Analyse der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen
  • Sebastian Waic Empirische Studien zur Verwendung von strategischen Management Tools: Aktueller Stand der Literatur und sozioökonomische Einflussfaktoren
  • Jan Asjoma Wirtschaftsverfassungsbegriff, wirtschaftssystematische Ausrichtung des europäischen Rechts und Verteilungseffekte der europäischen Integration

Diskussion:

Der Erfolg eines Start-Ups hängt maßgeblich von der Geschwindigkeit ab, in der es sich von der Innovation zum Unternehmen entwickelt. Je schneller, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass es sich auf dem Markt behaupten kann. Dafür ist das passende ordnungspolitische Umfeld entscheidend. Start-Ups sollten regulatorisch entlastet und während des Gründungsprozesses und der ersten Unternehmensphase so weit wie möglich von bürokratischen Pflichten entbunden werden. In der Frühphase der Gründung sind rein staatliche Fördermaßnahmen hilfreich. Effektiver bei der nachhaltigen Finanzierung sind jedoch private Initiativen, wie Forschungen zeigen, da sie mit weniger bürokratischem Aufwand auskommen und die Eigeninteressen der Geldgeber geschäftsfördernd wirken. Die regionalen Umstände einer Unternehmensgründung unterscheiden sich in Deutschland sehr stark. Der Zugang zu Venture Capital, die Austauschmöglichkeiten der Akteure und die kulturelle Offenheit sind zentrale Erfolgsfaktoren einer Gründung. Diese sind jedoch zumeist in städtischen Ballungsgebieten gegeben. Die Analyse dieser Innovationszentren zeigt deutliche Unterschiede. Während in München Start-Up Gründungen von ortsansässigen Unternehmerfamilien und dem Universitätsstandort profitieren, herrscht in Berlin eine dezentrale Start-Up Struktur, geprägt durch kulturelle Offenheit und Internationalität.

Praktische Handlungsempfehlungen:

Bürokratische Hürden müssen abgebaut werden, um den Prozess zwischen der Innovation und der Unternehmensgründung zu verschnellern. Dies ist essenziell in einem globalen Marktumfeld.

Staatliche Fördermaßnahmen sind nur in der frühen Gründungsphase effektiv. Effizienter und nachhaltig erfolgreicher sind jedoch privatwirtschaftliche Venture Capital Initiativen, die es steuerlich zu fördern gilt.

Um die stark konzentrierten Gründerzentren zu dezentralisieren, müssen wichtige Strukturen wie Finanzierungsmöglichkeiten, der Austausch der Akteure und die kulturelle Offenheit in der Breite, auch im ländlichen Raum, gefördert werden.

Entscheidend für eine gründerfreundliche Wirtschaft, sind ordnungspolitische Maßnahmen, die stärker auf privatwirtschaftliche Initiative als auf staatliche Programme setzt. Dafür braucht es Maßnahmen, die Bürokratie und Regulierungen abbaut.

Moderation

  • Prof. Dr. Rainer Klump
  • Prof. em. Dr. Rolf Hasse

Experten

  • Prof. Dr. Orestis Terzidis Leiter des Instituts für Entrepreneurship, Technologiemanagement und Innovation am KIT, Universität Karlsruhe
  • Adrian Fritzsche Vorstand/Member of the Executive Board, Digital Finance Argonauts AG, Frankfurt/Main
  • Jens Michael Otte Mentor beim Goetheunibator, Geschäftsführender Gesellschafter einer B2B-Plattform, Frankfurt/Main
  • Dr. Josef Korte Absolvent des Promotionskollegs Soziale Marktwirtschaft, CFO and Managing Director von bonify

 

2. Demokratie, Institutionen und wirtschaftliche Entwicklung

Zentrale Fragestellungen:

Wie stark bedingen sich Marktwirtschaft und Demokratie gegenseitig?

Welche Gefahren entstehen durch empfundene oder tatsächliche wirtschaftliche Ungleichheit für eine Demokratie?

Welche normativen Aspekte gilt es bei der Debatte über Vor- und Nachteile von wirtschaftlichem Wachstum zu beachten?

Forschungen der Stipendiaten:

  • Dr. Pablo Duarte Informelle Finanzmärkte. Kapitalzuflüsse und wirtschaftspolitische Herausforderungen in Lateinamerika
  • Max Niehoff Ethische Aspekte der Wachstumsdebatte

Diskussion:

Die Beurteilung von Ungleichheit zeigt ein differenziertes Bild. So wurden die sogenannten Rettungspakete für den griechischen Staat sowohl in Deutschland als auch in Griechenland als ungerecht empfunden. Ein anderes Beispiel ist die Arbeit der Treuhand. In beiden Fällen gab und gibt es massive Anfragen an das jeweils zugrundeliegende Verfahren. Neben dem Verfahren und dem Ergebnis ist für die Wahrnehmung von Gerechtigkeit ein gemeinsames Verständnis der jeweiligen Ausgangslage wichtig. Der Begriff der sozialen Irenik wurde umfassend diskutiert. Hier zeigte sich ein aktuelles Problemfeld: Wie ist damit umzugehen, wenn es – wie im Bereich der Wohnungswirtschaft – für viele Menschen keinen Konsenspartner gibt? Die theologischen Positionen der katholischen Kirche zur Wachstumsdebatte reichen von der grundsätzlichen Befürwortung der Marktwirtschaft und den mit ihr einhergehenden Entwicklungen bis hin zu einer deutlichen Wachstumsskepsis etwa in der Lehrverkündigung von Papst Franziskus. Es ist notwendig, hier eine internationale Sichtweise einzunehmen.  Darüber hinaus stellten sich grundsätzliche Fragen zum Menschenbild der Marktwirtschaft. Wachstum resultiert aus einem menschlichen wie gesellschaftlichen Verbesserungsstreben. Der wirtschaftliche Fortschritt ist als Teil des zivilisatorischen Fortschritts zu verstehen. Daher gibt es eine internationale Verantwortung gerade der Industrieländer, für notwendige Innovationen zu sorgen.

Praktische Handlungsempfehlungen:

Bei breiten Debatten zu wirtschaftlicher, politischer, gesellschaftlicher Ungleichheit gilt es zwischen Prozess- und Ergebnisgerechtigkeit zu differenzieren, um ordnungspolitische Entscheidungen treffen zu können

Die Diskussion über Vor- und Nachteile des wirtschaftlichen Wachstums ist stark verknüpft mit der Verhältnismäßigkeit und den sozioökonomischen Folgen des Wachstums. Bei der Kommunikation von Wachstumszielen gilt es dies zu beachten.

In Zukunft braucht es eine effektivere Öffentlichkeitsarbeit für die Grundsätze der Sozialen Marktwirtschaft. Es gilt neue Medienstrategien zu entwickeln, um den öffentlichen Rückhalt in breiten gesellschaftlichen Debatten nicht zu verlieren und wiederzugewinnen.

Moderation

  • Prof. Dr. Michael Wohlgemuth
  • Prof. Dr. Gerhard Wegner

Zuhörer

  • Mark McAdam Die ideationale Komponente als Erklärung für polit-ökonomischen Wandel: Die Entwicklung des Freihandels in den USA an 1960
  • Dr. Maximillian Kutzner Marktwirtschaft schreiben. Das Wirtschaftsressort der Frankfurter Allgemeinen Zeitung von 1949 bis 1992

Experten

  • Prof. Dr. h.c. mult. Roland Koch Ministerpräsident a. D., Vorsitzender des Aufsichtsrates UBS-Europe SE, Professor of Management Practice in Regulated Environments an der Frankfurt School of Finance and Management
  • Prof. Dr. Utz Dornberger International SEPT Program, Entrepreneurship Initiative SMILE, Fit4Export Initiative, Innovation Network, Universität Leipzig
  • Martin Wilde Geschäftsführer/Executive Director, Don Bosco Mondo e. V., Bonn
  • Dr. Franz Schoser ehem. Hauptgeschäftsführer und Mitglied des Vorstands des DIHK, Initiator des „Promotionskollegs Soziale Marktwirtschaft“
  • Dr. Christof Altmann Abteilungsleiter Öffentlichkeitsarbeit und Volkswirtschaft, Landwirtschaftliche Rentenbank, Frankfurt

 

3. Digitalisierung: Neue Ordnungen für Politik, Wirtschaft und Gesellschaft schaffen

Zentrale Fragestellungen:

Wie gelingt es, eine öffentliche Akzeptanz für neue Technologien im Rahmen der Digitalisierung zu schaffen?

Welche Möglichkeiten bieten neue technologische Möglichkeiten bei der Erwägung wirtschaftlicher Entscheidungen?

Welche rechtlichen Konsequenzen ergeben sich daraus, dass digitale Produkte und Denkweisen immer mehr zum Bestandteil menschlichen Handelns werden?

Forschungen der Stipendiaten:

  • Simon Walther Entwicklung eines Frühwarnsystems für Finanz- und Wirtschaftskrisen
  • Arno Blaas Improved Uncertainty Quantifications in Machine Learning
  • Markus Ulze Die Einflussfaktoren auf Börsenpreise im Bereich hochfrequenter Daten – Modell-, Marktstruktur- und Informationsgetriebene Erkenntnisse

Diskussion:

Neue Technologien und Forschungen aus dem Kontext der Digitalisierung sorgen für eine Entfremdung zwischen dem Menschen und bestimmten Bereichen der Marktwirtschaft. Der automatisierte Hochfrequenzhandel an den internationalen Finanzmärkten hat dazu geführt, dass Marktprozesse immer weniger nachvollziehbar sind und so eine Unsicherheit oder Skepsis gegenüber diesen entstehen kann. Dabei stellen sich im Hochfrequenzhandel marktstabilisierende Effekte ein, die für eine höhere Liquidität sorgen. Trotzdem gilt es nicht nur die Potenziale, sondern auch die Risiken digitaler Technologien zu beleuchten. Für das maschinelle Lernen, einem der zentralen Entwicklungsprozesse der Digitalisierung, müssen effektive Fehlervermeidungsstrategien entwickelt werden, etwa im Bereich des autonomen Fahrens. Hier sind nicht nur technische sondern auch ethische uns juristische Aspekte zu beachten. Der Schlüsselbegriff der Eintrittswahrscheinlichkeit muss umfassend problematisiert werden, wie im Bereich der Finanzmarktanalyse. Neue Technologien ermöglichen eine genauere Berechnung von Krisenindikatoren und führen letztlich zu einer größeren Stabilität des Finanzsystems, indem Crashs frühzeitig erkannt werden können. In diesem Zusammenhang gilt es auch eine Modifikation des Haftungsrechts in Europa zu diskutieren, welches stärker die neuen Anforderungen durch die Digitalisierung beachtet.

Praktische Handlungsempfehlungen:

Eine Stärkung der öffentlichen Akzeptanz von Technologien und Möglichkeiten aus dem Prozess der Digitalisierung ist notwendig, um Ängste und Unsicherheiten abzubauen.

In Zukunft werden wirtschaftliche Handlungen stärker von digitalen Technologien übernommen. Das ordnungspolitische Umfeld muss dahingehend verändert werden, etwa in der Frage des Börsenhandels.

Predicitve Data ist eine Möglichkeit, in einem modernen und digitalen marktwirtschaftlichen Umfeld, langfristig Wohlstand zu sichern. Es gilt diese neuen Technologien auch bei politischen und wirtschaftlichen Entscheidungen zu nutzen.

Der US-amerikanische Ansatz der ex-post Beurteilung im Haftungsrecht könnte in Europa belebend wirken auf Branchen, die stark von den Entwicklungen der Digitalisierung beeinflusst sind und derzeit haftungsrechtlich noch stark vom Prinzip der Vorfelderklärung gehemmt werden.

Moderation

  • Prof. Dr. Thomas Apolte

Zuhörer

  • Alexander Lunin Gestaltung von Arbeitsplänen für die Lagerwirtschaft unter besonderer Berücksichtigung wirtschaftlicher und ergonomischer Kriterien

Experten

  • Kristine Schütterle Referat "Industrie- und Technologiepolitik, Digitalisierung", Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, Stuttgart
  • Prof. Dr. Joachim Fetzer Vorstand: Deutsches Netzwerk Wirtschaftsethik, Wissenschaftlicher Direktor Zentrum für Wirtschaftsethik
  • Dirk Schulte Founder AVATAR Engines, Mannheim
  • Marcus Ewald Bundesvorsitzender Junger Wirtschaftsrat, Beiratsvorsitzender Blockchain Bundesverband, Beiratsvorsitzender Deutscher KI-Verband, Geschäftsführender Gesellschafter Ewald & Rössing, Mainz
  • Thomas Köster Absolvent des Promotionskollegs Soziale Marktwirtschaft, Koordinator für Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik, Konrad-Adenauer-Stiftung, Berlin

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контактна особа

Elvira Giebel-Felten

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Stefan Stahlberg / Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.
30 листопада 2018
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