Am 20. Dezember 2023 lud die Konrad-Adenauer-Stiftung anlässlich des 60. Jahrestags des Auftaktes der Frankfurter Auschwitzprozesse zu einer Vortrags- und Diskussionsveranstaltung ein.
Die Veranstaltung wurde durch Gereon Kuriewicz, Referent des PBF Niedersachsen, eröffnet, welcher erklärte, wieso das Thema auch heute noch von besonderer Wichtigkeit ist. Die Ereignisse des 7. Oktober 2023 und dessen Nachwirkungen, auch in Deutschland, würden nämlich zeigen, dass man sich stets entschlossen gegen Judenhass und jegliche Form der Menschenfeindlichkeit und Diskriminierung stellen wie auch der eigenen Geschichte bewusst sein müsse. Er betonte in seinen Ausführungen, dass die Prozesse eben nicht bloß Prozesse im vermeintlich fernen Hessen gewesen wären, sondern die Spuren der Täter auch nach Niedersachsen führten. Die Prozesse wären nicht nur juristisch bedeutsam gewesen, sondern auch moralisch und kulturell von großer Tragweite. Nachdem lange zu viel geschwiegen worden sei, hätten die Prozesse eine öffentliche Auseinandersetzung mit den Gräueltaten ermöglicht und so zur Bewusstseinsbildung in der deutschen Gesellschaft beigetragen.
Nach der thematischen Einführung brachte Frau Dr. Katharina Rauschenberger, wissenschaftliche Mitarbeiterin des Fritz Bauer Instituts Frankfurt, den Zuhörern die Geschichte der Auschwitzprozesse näher. Sie ging dabei insbesondere auf die Gründe für das Endes einer Periode des Schweigens ein, in welcher die meisten Deutschen die Vergangenheit für eine lange Zeit hinter sich lassen wollten. Eine bedeutende Rolle habe dabei der damalige Generalstaatsanwalt Fritz Bauer eingenommen, welcher es als dringliche Aufgabe verstanden habe, die Verbrechen der Nationalsozialisten aufzuarbeiten und die Täter endlich vor Gericht zu bringen. Rauschenberger betonte aber auch den besonderen Charakter der Prozesse selbst. Insbesondere der erste Frankfurter Auschwitzprozess sei in vieler Hinsicht herausragend gewesen. Die Anklage gegen zunächst 24 Funktionsträger im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz hätten ihn zu einem Massenprozess gemacht. Es wurden circa 320 Zeuginnen und Zeugen vernommen, darunter etwa 210 Überlebende des Lagers, zudem wurden 7 zeitgeschichtliche Gutachten gehört. Die Medienpräsenz im Verfahren sei ebenfalls enorm gewesen und nur vergleichbar mit der Öffentlichkeit im zwei Jahre zuvor in Jerusalem geführten Eichmann-Prozess. Das Verfahren erstreckte sich über 183 Verhandlungstage und etwa eineinhalb Jahre. Sechs weitere folgten vor dem Frankfurter Schwurgericht, konnten aber bei weitem nicht die Aufmerksamkeit erlangen wie der erste. Rauschenberger ging aber auch auf die Widerstände ein, welche die gerichtliche Aufarbeitung provozierten. Sie hob dabei insbesondere die Attentatspläne von Gruppierungen aus Niedersachsen hervor, welche gegen Fritz Bauer gerichtet waren.
Hier setzte Carsten Müller MdB an und erklärte, wieso ihn das Thema nicht losließ. Auch er sei sehr überrascht gewesen sei, wie viele Bezugspunkte es nach Niedersachsen gab. Mehrere Täter hätten nach Kriegsende in Niedersachsen gelebt und gearbeitet. Einer von ihnen hätte sogar unweit vom Geburtshaus von Müllers Vater gelebt, bloß ein paar Häuser weiter. Die Täter hätten seien akzeptierter und respektierter Teil der Gesellschaft geblieben, obwohl sie mit für die schlimmsten Verbrechen im Konzentrationslager Auschwitz verantwortlich gewesen seien. Einer von ihnen sei der vermutlich brutalste Schläger im Lager gewesen, sei dort insbesondere für seine Gewalt gegen Kinder bekannt gewesen und habe zur eigenen Belustigung Häftlinge vor aufgestellten Bajonenetten Sportübungen machen lassen, bis die Häftlinge aus Erschöpfung in diese gefallen seien. Erst in den Prozessen hätte dieser dann für seine Verbrechen geradestehen müssen. Müller stellten in seinem Vortrag eine Vielzahl solcher Beispiele vor, hob jedoch auch das Engagement derjenigen hervor, die sich aktiv für die Aufarbeitung einsetzten. Umso wichtiger sei es, dass die Ereignisse der Öffentlichkeit heute auch in Erinnerung blieben. Viele Bürgerinnen und Bürger würden die Nürnberger Prozesse kennen, kaum einer die Frankfurter Auschwitzprozesse. Ihm sei es daher sehr wichtig, dass hier aktiv dran gearbeitet würde, weshalb er sich auch über das Interesse der Teilnehmerinnen und Teilnehmer freue, welches sich dann auch im folgenden Austausch mit eben jenen bestätigte.
In der anschließenden Diskussions- und Fragenrunde richteten zahlreiche Teilnehmerinnen und Teilnehmer Fragen und kleine Wortbeiträge an das Podium wie auch an die gesamte Teilnehmerschaft. Es entstand eine sehr intensive Diskussion. Einige berichteten von ihren persönlichen Berührungspunkten zum Thema. Viele bemängelten - wie Müller - das fehlende Wissen über die besonderen Ereignisse und erhofften sich eine intensivere Beschäftigung mit dem Thema, bspw. auch in Schulen, um so auch die junge Zielgruppe zu erreichen. Der gemeinsame Austausch endete nicht mit der Beendigung der offiziellen Frage- und Diskussionsrunde, sondern wurde beim gemeinsamen Empfang fortgeführt. In diesem ergaben sich dann auch einige spannende Ideen und Anknüpfungspunkte für Folgeveranstaltungen.
Weitere Informationen zur Vertiefung wie auch Tonaufnahmen der Auschwitzprozesse:
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