Mithilfe neuartiger genomischer Verfahren, wie beispielsweise CRISP-Cas9, kann das Genmaterial von Pflanzen verändert werden. Diese unter dem Begriff der Neuen Gentechnik zusammengefassten Verfahren führen zu kontroversen Diskussionen: Während Befürworter die Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel als großen Vorteil anführen, verweisen Kritiker auf ungeklärte gesundheitliche Risiken. Die Konrad-Adenauer-Stiftung führte am 26.05.2021 die Veranstaltung „Neue Gentechnik in der Landwirtschaft: Chancen und Herausforderungen“ durch, um ausgehend von der kürzlich veröffentlichten Studie der Europäischen Kommission über die Potenziale und Kritikpunkte an der Neuen Gentechnik zu diskutieren.
In seiner Einführung erläuterte Dr. Peter Fischer-Bollin, Leiter der Hauptabteilung Analyse und Beratung der Konrad-Adenauer-Stiftung, dass die Weltbevölkerung weiter ansteige und ein erhöhter Bedarf an Lebensmittel entstehe. Gleichzeitig gebe es aber auch ein erhöhtes Umweltbewusstsein, sensibilisiert durch Klimawandel und Corona-Pandemie, und daraus folgend das Bedürfnis nach besseren und nachhaltigeren Lebensmitteln. Herr Dr. Fischer-Bollin betonte, dass innovative Lösungsansätze notwendig seien und wir eine ergebnisoffene Diskussion über die Risiken und Chancen der Neuen Gentechnik zu führen haben.
Dr. Sabine Jülicher, Direktorin für Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Innovation der Generaldirektion Gesundheit und Lebensmittelsicherheit der Europäischen Kommission, stellte die Ende April 2021 veröffentlichte Studie zu den genomischen Verfahren vor. Die Neue Gentechnik umfasse vielfältige Gruppen von Verfahren zum Erzielen unterschiedlicher Ergebnisse, beispielsweise Änderungen ohne Insertion von genetischem Material (Mutagenese). Frau Dr. Jülicher führte an, dass es viele potenzielle Vorteile der Neuen Gentechnik gebe, da z.B. Pflanzen gegen die Auswirkungen des Klimawandels und gegen Schädlinge und Pflanzen resistent werden können. Gleichzeitig gelte es auch, potenzielle Bedenken zu berücksichtigen, wie mögliche Risiken und Umweltauswirkungen. Hinsichtlich des Sicherheitsaspektes bezog sich Frau Dr. Jülicher auf ein Gutachten der EFSA, das keine neuen Gefahren im Vergleich sowohl zur konventionellen Zucht als auch zu bewährten genomischen Verfahren ermitteln konnte. Am Schluss Ihres Vortrages erläuterte die Direktorin die nächsten Schritte der Kommission: Politische Maßnahmen in Bezug auf Pflanzen sollen eingeleitet werden, die aus gezielter Mutagenese und Cisgenese hervorgegangen sind. Die politischen Maßnahmen zielen auf eine verhältnismäßige Regulierungsaufsicht ab, die ein hohes Maß an Schutz der Gesundheit von Mensch und Tier sowie der Umwelt aufrechterhalte und gleichzeitig Nutzen aus der Innovation ziehe. Es werde zudem eine Folgeabschätzung, einschließlich einer öffentlichen Konsultation, geben.
Alexander Hissting, Geschäftsführer des Verbandes Lebensmittel ohne Gentechnik, hob hervor, dass Lebensmittel aus Gentechnik in der EU keinen Markt haben, da sie von den Verbrauchern abgelehnt werden. Die bestehende Gentechnik Gesetzgebung erfülle grundsätzlich ihren Zweck und sei auch anwendbar auf Produkte der Neuen Gentechnik. Die bestehende Gesetzgebung sei zudem der effizienteste Weg, um die potenziellen Risiken zu bewerten und gleichzeitig auch Transparenz und Wahlfreiheit für Landwirte, den Lebensmittelmarkt und für die Verbraucher zu schaffen. Herr Hisssting erklärte, dass die Lebensmittelsicherheit in der EU auf dem Vorsorgeprinzip basiere und folglich eine Regulierung der Technik benötigt werde, um die Produkte zurückzuverfolgen. Er stellte zudem klar, dass er eine Regulierung der Gentechnik, aber kein Verbot fordere.
Dr. Hagen Duenbostel, Vorstandssprecher der KWS Saat SE & CO KGaA, erläuterte, dass sich vor zwei Jahren rund 54 Unternehmen für das Gemeinschaftsprojekt PILTON zusammengeschlossen haben, um mithilfe der Mutagenese das Immunsystem einer Weizensorte zu stärken und diese an verschiedene Pilzkrankheiten anzupassen. Mit wissenschaftlicher Begleitung soll anhand dieses Projektes ermittelt werden, wie groß das Potenzial ist. Dr. Duenbostel betonte jedoch, dass es auf den Green Deal und die Farm to Fork Strategie nicht eine Lösung gibt, sondern vielmehr ein Potpourri an Lösungen. Kleine Züchter könnten ebenfalls profitieren, da die sie das Material zu neuen Sorten weiterentwickeln und sich auf Premiumkulturen (z.B. Kartoffeln) fokussieren könnten.
Harald Ebner, Mitglied des Deutschen Bundestags (Bündnis 90 / Die Grünen), machte deutlich, dass man zuerst die Herausforderungen der Neuen Gentechnik analysieren müsse, bevor man sich den Potenzialen widme. Er konstatierte, dass die Forschungsgelder im Agrarbereich in den letzten Jahren vor allem in die Gentechnik geflossen seien und nicht in andere Ansätze, beispielsweise in agrarökologische Maßnahmen. Im Bereich der Risikoforschung und Nachweisforschung sei ebenfalls ein Defizit zu konstatieren. Herr Ebner MdB verwies darauf, dass eine Deregulierung der Neuen Gentechnik nicht zu verantworten sei, weil die Eingriffstiefe nicht gleichzeitig das Risiko beschreibt.
Kees de Vries, Mitglied des Deutschen Bundestages (CDU), erläuterte, dass es viele gute Gründe für die Neuen Gentechniken gebe, beispielsweise könne eine Züchtung schneller erfolgen. Gleichzeitig seien die Neuen Gentechniken kostengünstiger als die alten Gentechniken, wovon auch kleinere Züchtungsunternehmen profitieren. Die Gesetzgebung der letzten 30 Jahre sei nicht mehr an die aktuelle Entwicklung angepasst und Herr de Vries MdB plädierte dafür, dass Innovationen nicht pauschal abgelehnt werden.
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